Obermenzing:"Umzug! Umzug!"

In der neuen Grundschule an der Obermenzinger Grandlstraße wird Einweihung gefeiert und spielerisch an die strapaziöse Bauphase erinnert

Von Jorid Engler, Jutta Czeguhn, Obermenzing

Einen "Festakt" darf Grundschulleiterin Gabriele Kerler die Einweihungsfeier nicht nennen. Die offizielle Einweihung durch die Landeshauptstadt werde erst in zwei bis drei Jahren folgen, wenn auch der Bau der Realschule abgeschlossen und das Schulzentrum an der Grandlstraße damit komplett sei. Doch einmal rutscht ihr am Donnerstagnachmittag das Wort Festakt dann doch heraus. Und festlich ist es tatsächlich, was Lehrer und Schüler aus ihrer Einweihungsfeier, die das Kollegium aus eigener Tasche bezahlt hat, gemacht haben.

Im Foyer der neuen Grundschule teilt ein schwarzer Vorhang den Raum und verwandelt ihn in eine Theaterbühne. Die Grundschüler moderieren ihre Einweihungsfeier selbst und erteilen den Erwachsenen das Wort. Im Mittelpunkt des Nachmittages aber stehen die Kinder, die mit Hip-Hop-Einlagen oder traditionellem Maibaum-Tanz zeigen, dass nicht nur ein Gebäude zu einer guten Schule gehört. Ebenso wichtig sind Lernen und Bewegung. Im Zeitraffer spielen die Kinder die Entwicklung der Schule nach und singen "Umzug! Umzug!", als sie beim Heute angelangt sind.

Obermenzing: Im hellen, luftigen Gebäude zieren schon die ersten Bilder die Holzpaneelen an den Wänden.

Im hellen, luftigen Gebäude zieren schon die ersten Bilder die Holzpaneelen an den Wänden.

(Foto: Catherina Hess)

Bis dahin war es ein ziemlich strapaziöser Weg - für alle Beteiligten. Als die heutigen Grundschüler noch gar nicht geboren waren, 2009, da forderte die CSU-Fraktion im zuständigen Bezirksausschuss, "Planung, Finanzierung und Bauausführung zur Sanierung und Erweiterung" der Grandlschulen doch so zu terminieren, dass zum 100-jährigen Bestehen des Schulzentrums im Jahr 2012 die Einweihung gefeiert werden könne. Die CSU-Politiker müssen damals in einer besonders optimistischen Phase gewesen sein, denn die Forderung nach dem Ausbau der Obermenzinger Schulen reicht weit in das vergangene Jahrhundert zurück. Schon damals war die Raumsituation prekär. Und sie spitzte sich von Jahr zu Jahr zu, trotz Ergänzungsbauten aus den 1970er und 1990er Jahren und Containern auf dem Schulgelände. Zuletzt gab es sogenannte Wanderklassen, die keine festen Klassenzimmer mehr hatten. Auch die Turnhallen-Kapazitäten waren so begrenzt, dass der Sportunterricht teilweise ausgelagert werden musste. Bis zum Oktober 2013 sollte es dauern, bis der Stadtratsbeschluss für das 83 Millionen Euro teure Projekt vorlag: Das Obermenzinger Schulzentrum mit seinen Gebäudeteilen aus unterschiedlichen Epochen wird nach Entwürfen des Münchner Büros Auer Weber in einen modernen Campus umgebaut. Lediglich der Hauptbau der Realschule aus dem Jahr 1911 darf, generalsaniert, erhalten bleiben. Geplant wurde ein Komplex nach dem Lernhaus-Modell, mit einer neuen Dreifachturnhalle, neuen Pausenhöfen und einer Mensa. Nach der Freude über den Start des Projekts, folgte schnell Ernüchterung, die vor allem mit der Container-Anlage zutun hat, in die Grundschüler während der Bauphase umziehen mussten.

Gute Laune trägt Schulleiterin Kerler ihren Gästen bei der Einweihungsfeier an. Nur am Rande und ohne Worte findet Erwähnung, was Schüler und Lehrer seit dem Umzug in die "mobilen Schulraumeinheiten" im September 2014 durchgemacht haben. In einer Power-Point-Präsentation sind Fotos von einigen der rund 1200 Umzugskartons zu sehen, in denen die Grundschule verpackt wurde. Zeitungsartikel dokumentieren den "Schock aller Neubauten", den Formaldehyd-Befund einer Luftmessung. 125 Messungen sollten der ersten folgen. Während der drei Jahre im Schulcontainer scheinen die Menschen an der Grandlschule kaum zur Ruhe gekommen zu sein. Neunmal wechselt der Hausmeister. Dann kurz bevor die Schüler ihre Behelfsunterkunft verlassen können, um das Schuljahr 2017/2018 in ihrem Neubau auf der anderen Seite der Grandlstraße zu beginnen, wird eingebrochen. Als "sinnlosen Vandalismus" bezeichnet die Schulleitung den Vorfall.

Obermenzing: Nach Plänen des Münchner Büros Auer Weber ist an der Obermenzinger Grandlstraße ein neues Schulgebäude entstanden,als Fassadenelement wurde pigmentierter Sichtbeton verwendet.

Nach Plänen des Münchner Büros Auer Weber ist an der Obermenzinger Grandlstraße ein neues Schulgebäude entstanden,als Fassadenelement wurde pigmentierter Sichtbeton verwendet.

(Foto: Catherina Hess)

Nun also sind sie angekommen, alle Grundschulklassen. Vom Tisch sind auch die Pläne des Schulreferats, dass nur 16 umziehen dürfen, und die übrigen vier Klassen in den Containern verbleiben müssen. Vor dem Schultrakt liegen kreuz und quer die silbernen Klapproller der Kinder. Im hellen, luftigen Gebäude zieren schon die ersten Bilder die Holzpaneelen an den Wänden: Kinderzeichnungen nach Kandinsky und Klee neben der Osterdekoration. Vor über einem halben Jahr haben die Schüler die neuen Räume bezogen, und schon hat der weiße Anstrich im Treppenhaus die ersten Spuren. In den zwei oberen Stockwerken hängen in den Garderoben vor den Klassenräumen pinke Taschen neben froschgrünen Regenjacken mit Reflektor. Jetzt sind es die Realschüler, die in der Container-Anlage auf ihren Umzug zurück ins sanierte Schulgebäude warten. Dann kann richtig gefeiert werden.

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