Obermenzing:Der Acker verschwindet

Baugebiet Lipperheidestraße Obermenzing

Noch haben die Anwohner der Lipperheidestraße den freien Blick Richtung Blutenburg und Kirchturm von Leiden Christi (rechts).

(Foto: Czeguhn/oh)

Zwischen Lipperheide- und Pippinger Straße entsteht ein neues Quartier mit 360 Wohnungen für über 800 Münchner

Von Jutta Czeguhn, Obermenzing

Traktoren, die in diesen Frühlingstagen ein Feld umpflügen - auf Münchner Stadtgebiet ist das ein selten gewordener Anblick, denn der Hunger nach Bauland macht auch vor den wenigen verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen nicht halt. Auch der weitläufige Acker zwischen der Pippinger Straße im Osten und der Randbebauung an der Obermenzinger Lipperheidestraße im Westen wird in absehbarer Zeit zu großen Teilen verschwinden. 360 neue Wohnungen für bis zu 830 Münchner werden auf dem circa acht Hektar großen Gelände entstehen. Der Planungsausschuss des Stadtrats hat unlängst den Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan für das neue Quartier gefasst.

Noch haben die Bewohner aus den Fenstern der zwei bis dreigeschossigen Altbestandsbauten an der Lipperheidestraße den freien Blick nach Osten; sie sehen die Würmauen, Schloss Blutenburg, den Zwiebelturm der Obermenzinger Pfarrkirche Leiden Christi. Ein ziemlicher Luxus, auch wenn der Dauerstau auf der Pippinger Straße doch erheblich an der Idylle kratzt. Diese notorisch verstopfte Tangente verbindet die Bodenseestraße beziehungsweise die Nordumgehung Pasing mit der Verdistraße und ist als Zubringer zur A 8 nicht nur in den Stoßzeiten heillos überlastet. Wie immer, wenn sich neue Baugebiete ankündigen, dominierte in der Diskussion um die Auswirkungen dieser Planungen das Thema Verkehr. Wie soll das Quartier erschlossen werden?

Die Verkehrserschließung

In der betroffenen Nachbarschaft und im zuständigen politischen Gremium, dem Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing, gab es viele Befürchtungen, was an Mehrbelastung auf die Menschen in den westlich gelegenen Wohngebieten und die beinahe ausnahmslos schmalen Anliegerstraßen zukommt. Plädiert wurde dafür, das Quartier über eine nordöstliche Verlängerung der Polkostraße bis zur Greinzstraße anzubinden. Die Stadtplaner halten das weder für erforderlich noch für sinnvoll.

Die Erschließung soll nun überwiegend von Süden über die Bassermannstraße mittels einer neuen Stichstraße erfolgen, die nördlichen Baugebiete über die Polkostraße von Westen. Laut Gutachten wird die Hauptlast des sogenannten Neuverkehrs durch Anwohner-, Besuchs- oder Lieferverkehr mit 50 Prozent die Bassermannstraße im Süden tragen. Nach einer Prognose muss sie 270 Kfz-Fahrten pro Tag mehr verkraften, derzeit sind es 480 in 24 Stunden. 30 Prozent mehr Verkehr (circa 200 Kfz-Fahrten pro Tag) soll die Polkostraße im Norden aufnehmen, und 20 Prozent des Anliegerverkehrs entfallen künftig auf die Lipperheidestraße selbst. "Dies ist für das betroffene, nachgeordnete Erschließungsstraßennetz eine verträgliche Mehrbelastung", heißt es in der Satzung des Bebauungsplans.

Das neue Wohnquartier

Überwiegend handelt es sich bei dem neuen Quartier um ein reines Wohnquartier, in einem Teilbereich aber ist ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt, was bedeutet, dass es dort in den Gebäuden auch soziale, kulturelle oder sportliche Angebote geben kann. Geplant ist auch eine Kindertagesstätte für drei Krippen- und zwei Kindergartengruppen. Insgesamt können laut Bebauungsplan im neuen Quartier circa 370 Wohneinheiten entstehen, festgesetzt wurde eine Geschossfläche von 34 000 Quadratmetern. Die Gebäude können drei bis vier Geschosse haben, auch ein Hochparterre ist möglich. Zugelassen sind allerdings ausschließlich Flachdächer zugelassen.

In einem einstufigen, nicht offenen Ideenwettbewerb hatten sich die Regensburger Büros "Köstelbacher Miczka Architekten" und "Wamsler Rohloff Wirzmüller Freiraumarchitekten" mit ihrem Planungsentwurf durchgesetzt. Sie arrangieren in West-Ost-Ausrichtung sechs lang gezogene, leicht geknickte Gebäudezeilen mit Angerräumen. Nur am Nord- und Südrand des Quartiers weicht der Entwurf davon ab. Das Preisgericht würdigte diese Längsausrichtung der Bauten, weil sie "eine geringstmögliche Beeinträchtigung des Ausblicks aus den Bestandsgebäuden an der Lipperheidestraße zum Landschaftsraum hin gewährleisten".

Auch an der Art der Bebauung hatte es im Viertel Kritik gegeben. Eine Gebäudehöhe von vier Etagen, eventuell mit einem Dachgeschoss, nehme keinen Bezug zum Bestand, der überwiegend aus zwei, maximal drei Etagen bestehe. Hier werde wohl den Verwertungsinteressen des neuen Eigentümers der Vorzug gegenüber einer verträglichen Stadtentwicklung gegeben, so der Vorwurf.

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