Oberlandesgericht München:Brötchenklau beim NSU-Prozess - Caterer stellt Lieferung ein

Im Nebenraum der Zuschauertribüne im Münchner Oberlandesgericht lagen Snacks und Schokoriegel. Ein Verkauf auf Vertrauensbasis, der aber wohl nicht funktionierte. Tausende Euro fehlen.

Aus dem Gericht von Oliver Das Gupta

Der Münchner NSU-Prozess ist um eine kuriose Facette reicher. Diesmal geht es nicht um die Verbrechen der rechtsextremen Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund", nicht um Angeklagte oder Juristen, nicht um Beweismittel und Zeugen. Es geht um Diebstahl von Lebensmitteln.

Am Morgen des 307. Verhandlungstages hat Andrea Titz, die Leiterin der Justizpressestelle, eine E-Mail verschickt, die den Fall publik machte. Das Catering-Unternehmen, das die Besucher des Prozesses mit Snacks und Getränken versorgt, hatte sich beim Gericht beschwert. Die angebotenen Waren würden "gehäuft ohne Bezahlung" entnommen. Auf diese Weise sei dem Anbieter ein Schaden von mehreren Tausend Euro entstanden, so Titz. Darum werde der "Imbissverkauf im Sicherheitsbereich von sofort an eingestellt".

Manchmal fehlten fünf, manchmal 25 Euro

Der erwähnte Verkauf fand bislang ohne Verkäufer statt: Auf einem Tisch im Nebenraum der Zuschauertribüne lagen Schokoriegel und mit Wurst oder Käse belegte Brötchen aus. Daneben befand sich eine Preisliste und eine Schale, in der das Geld landen sollte. Ein Verkauf auf Vertrauensbasis.

Wie die SZ vom Justizpersonal erfuhr, war das Problem der Unterbezahlung schon lange bekannt. "Am Abend hat immer Geld gefehlt", heißt es. "Manchmal fehlten fünf Euro, manchmal auch 25 Euro."

Es liegt nahe, dass auch Geld entwendet wurde. Denn Käufer, die nur einen Schein hatten, konnten sich das Wechselgeld selbst entnehmen. Oder eben mehr vom Inhalt der Schale - so genau haben Umherstehende da nicht hingesehen.

Als Täter kommen alle Personen in Frage, die auf der Besuchertribüne Platz genommen und in den zahlreichen Pausen nach nebenan gegangen sind: Journalisten und Studenten, Schüler, Justizangestellte sowie Rechtsextremisten - sie alle passierten den verkäuferlosen Imbissstand häufig. Denn der befand sich auf dem Weg zu den Toiletten.

Nun, nachdem der Caterer Konsequenzen gezogen hat, bleiben den Besuchern der Empore nurmehr der Wasserspender und der Kaffeeautomat. Hungern werde man, witzelte ein Journalist. Aber mit halbwegs leerem Magen denke es sich manchmal ja auch besser.

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