Obergiesing:Unten durch

Otkerstraße Unterführung Dieter Hügenell Obergiesing

Gefahr in Verzug: Dieter Hügenell will verhindern, dass dieser Baum im nächsten Jahr beim Umbau der Unterführung an der Otkerstraße gefällt wird.

(Foto: Privat)

Passanten, die den Mittleren Ring im Herzen Giesings queren wollen, müssen einen beschädigten und obendrein nicht barrierefreien Tunnel benutzen. Die Stadt will das Bauwerk nun aufwerten - doch es gibt Kritik von Anwohnern

Von Hubert Grundner, Obergiesing

Tag und Nacht rauscht der Autoverkehr durch die Tegernseer Landstraße. Radfahrer und Fußgänger haben dabei das Nachsehen: Im Herzen Giesings über diesen Abschnitt des Mittleren Rings zu kommen, ist praktisch unmöglich. Stattdessen sind Passanten gezwungen, die Unterführung an der Otkerstraße zu benutzen. Diese hat allerdings zwei gravierende Mängel. Zum einen ist sie nicht barrierefrei, zum anderen wurde sie vor zwei Jahren schwer beschädigt, als ein Laster in die Brüstung am östlichen Eingang krachte. Doch das soll bald vergessen sein.

Wie das Baureferat dem Bezirksausschuss (BA) 17 Obergiesing-Fasangarten mitteilte, ist vorgesehen, den Tunnel 2018 barrierefrei auszubauen. Allerdings stoßen diese Pläne nicht nur auf Zustimmung: Anwohner kritisieren, dass für das Vorhaben auf der Ostseite ein größerer Baum geopfert werden soll.

Laut Beschreibung des Baureferats umfasst das Projekt eine Treppenanlage mit Aufzug östlich des Mittleren Rings im Bereich des Motel One am ehemaligen Agfa-Gelände sowie ein Rampenbauwerk westlich des Mittleren Rings im Bereich der Otkerstraße. Insgesamt soll die Unterführung aufgewertet und benutzerfreundlicher gestaltet werden. Im Einzelnen heißt das: Auf der Ostseite soll die durch den Lkw-Unfall beschädigte, nach Norden führende Treppenanlage erneuert werden. Dazu gehört auch eine Rampe für Kinderwagen und Fahrräder; die derzeit nach Süden führende Treppe soll entfernt werden.

Stattdessen wird dort ein neuer Aufzug installiert: "Das Baureferat plant an diesem Standort einen Personenaufzug zur barrierefreien Anbindung der Unterführung, weil eine Rampenlösung wegen der komplexen Spartenlage wirtschaftlich nicht umsetzbar ist", so die Behörde. Unter dem Begriff Sparten sind die im Boden verlegten Kabel und Rohre zu verstehen. Die Kosten für Planung und Bau des Aufzugs trägt demnach die Stadt. Die Motel One Group übernehme hingegen "den Betrieb und die Erhaltung des Aufzugs zeitlich unbefristet und unbegrenzt, mindestens aber bis zum Ablauf des Förderzeitraums von 25 Jahren". Details dieser Vereinbarung würden derzeit noch zwischen Stadt und Motel One Group abgestimmt.

Auf der Westseite des Tunnels ist daran gedacht, die nach Westen führende Treppe abzubrechen und dafür eine barrierefreie Rampenanlage mit Zwischenpodesten zu installieren. Zusätzlich will das Baureferat eine neue Treppe zur kurzläufigen Anbindung an die Otkerstraße anlegen lassen. Allerdings macht das Rampenbauwerk auch eine Anpassung des Straßenraums erforderlich. Vor allem die unmittelbaren Querungsstellen des Fußverkehrs sollen entsprechend barrierefrei angepasst werden.

Die Bauarbeiten werden voraussichtlich im ersten Quartal 2018 beginnen; mit der Fertigstellung wird Ende 2018 gerechnet. Der Verkehr auf dem Mittleren Ring soll währenddessen ungestört weiterfließen. Auch die Fußgänger und Radfahrer sollen im Verlauf der Tegernseer Landstraße den Baustellenbereich jederzeit gefahrlos überqueren können. Die Unterführung selbst wird allerdings gesperrt, eine Umleitung ausgeschildert.

Während das Projekt wohl von den meisten Giesingern begrüßt wird, haben die direkten Anwohner doch einen Wermutstropfen zu schlucken. Laut Baureferat muss an der geplanten Rampe entlang der Otkerstraße ein Baum mit einem Stammumfang von 1,40 Metern gefällt werden. Das aber will Nachbar Dieter Hügenell verhindern. Statt eines zweiten Aufzugs auf der Westseite, was technisch möglich sei, habe sich das Baureferat aus Kostengründen für den Bau einer Rampe entschieden. Um aber das Niveau zwischen Unterführung und Gehweg barrierefrei auszugleichen, bedürfe es einer sehr großen und langen Rampe. "Dies hat zur Folge, dass nicht nur ein erheblicher Teil des Fußweges an dieser Stelle wegfällt, sondern auch der massive und imposante Baum, welcher an dieser Ecke steht, gefällt werden muss", moniert Hügenell. Er erinnerte daran, dass sich die Bezirksausschüsse Obergiesing-Fasangarten und Untergiesing-Harlaching sowie die Bürgerversammlung im Stadtbezirk mit deutlicher Mehrheit gegen die Fällung des Baumes - und somit für die Aufzug-Variante - ausgesprochen haben. Danach, so Dieter Hügenell, wähnte er den Baum schon gerettet. Doch inzwischen fürchte er, sich zu früh gefreut zu haben: "Nach meinen Recherchen befasst sich das zuständige Referat erst Ende September mit den beschlossenen Anträgen. Bereits Anfang September sollen aber an dieser Stelle schon Vorabmaßnahmen durchgeführt werden." Gemeint sind dabei zum Beispiel Kabel- oder Rohrverlegungen.

Würde aber die Stadt den Baum bereits Anfang September fällen und sich erst Ende September mit den Änderungsanträgen befassen, sei "der Hauptgrund der Anträge schlicht gegenstandslos und die Stadt übergeht hier wissentlich den Bürgerwillen." Das will Dieter Hügenell nicht hinnehmen. Er hat daher eine Online-Petition (www.openpetition.de/!gstzj) zum Erhalt des Baumes gestartet. Angesichts der aktuellen Diskussion um die Verschmutzung der Luft in München sollte jeder Baum erhaltenswert sein, insbesondere dann, wenn es baulich machbare Alternativen gibt, resümiert Dieter Hügenell.

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