Obergiesing:Nichts im Kasten

Obergiesing: Schwer zu übersehen: Manuela Gilgs Briefkasten neben der Praxistür.

Schwer zu übersehen: Manuela Gilgs Briefkasten neben der Praxistür.

(Foto: Allessandra Schellnegger)

Immer wieder vermisst Manuela Gilg wichtige Briefe, die Post gesteht Fehler ein

Von Hubert Grundner, Obergiesing

Manuela Gilg ist sauer, richtig sauer. Nicht nur verärgert sei sie, schiebt sie hinterher, um auch den letzten Zweifel an ihrer Gemütslage auszuräumen, sondern zornig. Das Ziel ihres Zorns ist die Deutsche Post: Seit Wochen würden an sie adressierte Briefe mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" zurückgeschickt, schildert die Ergotherapeutin ihr Problem. "Dabei ist meine Praxis", die sie in Obergiesing an der Schlierseestraße betreibt, "seit zwölf Jahren in denselben Räumen."

Zwar habe es schon in der Vergangenheit immer wieder Zustellprobleme gegeben. "Jetzt aber habe ich richtigen Ärger wegen der Post, und deshalb ist mir der Kragen geplatzt", erzählt Gilg. So sei sie am vergangenen Montag von einer Firma angerufen worden, weil sie eine Rechnung nicht bezahlt hatte. Diese Rechnung, beteuert die Ergotherapeutin, habe sie aber ebenso wenig erhalten wie die folgende Mahnung. Außerdem bekamen ihre Mitarbeiter diesen Monat zu spät ihr Gehalt, weil die Briefe vom Steuerberater und von ihrem Abrechnungszentrum nicht ankamen. Auch seien schon Rezepte - "für mich bares Geld" - auf dem Postweg verschwunden.

Immerhin konnte Manuela Gilg in diesen Fällen noch reagieren und größeren Schaden abwenden. Allerdings lässt sich nicht ausschließen, dass ihr wegen der Nachlässigkeit der Post noch weiteres Ungemach droht: "Ich mag gar nicht daran denken, was für Katastrophen daraus entstehen könnten: Die Mahnung kommt nicht an, der gerichtliche Mahnbescheid auch nicht - und was passiert dann? Steht dann der Gerichtsvollzieher plötzlich vor mir?", fragt sie sich - und die Post.

Der Logistikkonzern hatte auf eine Beschwerde-Mail der Obergiesingerin hin bislang nur knapp geantwortet: "Ihr Anliegen wurde sofort an die zuständige Abteilung weitergeleitet. Sie können sicher sein, dass die Ursachen für Ihre Beanstandungen kurzfristig beseitigt werden." Mit dieser Auskunft wollte sich die Ergotherapeutin nicht zufrieden geben. Doch bei Anrufen in der zuständigen Postverteilstelle an der Tegernseer Landstraße 181 sei zunächst niemand zu erreichen gewesen. Und als sie dort persönlich ihr Problem vortragen wollte, stand sie gegen 15 Uhr vor verschlossener Tür - so wie ein weiterer Postkunde, der offenbar aus ähnlichen Gründen wie sie seinem Ärger Luft machen wollte. Schließlich gelang es ihr doch noch, die Chefin der Postverteilstelle telefonisch zu sprechen. Auf die Frage aber, wohin denn die an sie adressierten Briefe überhaupt verschwinden, hat Manuela Gilg nach eigenen Angaben die Antwort erhalten: Das könne man ihr nicht sagen, denn sie sei ja nicht der Absender der Briefe und sie könne deshalb auch nicht deren Verschwinden reklamieren. Sie könne sich gerne beschweren, aber das würde niemanden interessieren, habe man ihr wörtlich bei der Post gesagt, beteuert Gilg.

Angesichts dieser Abfuhr übt sie sich ihrerseits in Sarkasmus: Die Aushilfen, die vielerorts unterwegs seien, seien offenbar des Lesens oder selbständig Denkens nicht mächtig. Anders kann sie sich jedenfalls nicht erklären, warum plötzlich so oft Briefe für sie mit dem Vermerk "unbekannt verzogen" zurückgeschickt werden, denn: "Mein Briefkasten hängt gut sichtbar vor meinem Ladeneingang an der Hausnummer 79." Außerdem würden große Schilder auf ihre Praxis hinweisen.

Probleme treten offenbar immer dann auf, wenn bei der Post ortsfremde Kräfte zum Einsatz kommen. Von einer solchen sei ihr sogar gesagt worden, so Manuela Gilg, dass Aushilfszusteller die Anweisung hätten, alles, was sie nicht auf Anhieb finden, zurückzuschicken. Das weist man bei der Deutschen Post AG von sich. Doch Dieter Nawrath, der für München zuständige Pressesprecher, gibt zu, dass die Fehler tatsächlich von einer Aushilfskraft verursacht wurden, die seit rund drei Wochen in dem Gebiet die Post zustellt - beziehungsweise im Fall der Ergotherapeutin eben nicht zugestellt hat. Zwar habe die Aushilfe wie üblich eine Einweisung bekommen, trotzdem aber den Briefkasten nicht gefunden. Außerdem hätte sie früher bei einem Vorgesetzten nachfragen müssen, räumt Nawrath ein: "Der Fehler liegt, ganz klar, bei uns. Wir können uns bei Frau Gilg nur entschuldigen." Inzwischen habe man mit der Zustellerin gesprochen, jetzt sollte es wieder klappen, verspricht Dieter Nawrath.

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