Obergiesing-Fasangarten:Verkehr bewegt die Gemüter

Hit-Markt in München, 2014

Wird schwer vermisst: der inzwischen abgerissene Hit-Markt.

(Foto: Bardehle)

In Obergiesing-Fasangarten geht es vielen Bewohnern darum, ihr Viertel ruhiger und sicherer zu gestalten

Von Friederike Hunke, Obergiesing-Fasangarten

Flüchtlingseinrichtungen, hohe Mieten, Kriminalität - alles kein Problem in Obergiesing. Zumindest schien es so zu sein bei der Bürgerversammlung in Obergiesing-Fasangarten, denn was hier die Emotionen hochkochen ließ, war in erster Linie der Verkehr. Am Donnerstagabend drehten sich mehr als die Hälfte der Anträge im Anton-Fingerle-Bildungszentrum um Zufahrten, Einbahnstraßen und Ampeln.

In diesem Zusammenhang stand für viele der 180 Teilnehmer auch der Neubau der Europäischen Schule am Perlacher Forst. Damit dieser im Schuljahr 2018/19 eröffnet werden kann, wird schon jetzt kräftig gebaut. Die Anwohner leiden unter dem zusätzlichen Verkehr und befürchten, dass es nicht besser wird, wenn irgendwann Schulbusse an- und abfahren. Deshalb wurde vorgeschlagen, den Hauptzugang zur Schule über eine Kreuzung an der Schwansee- und Ständlerstraße einzurichten. Die Lincolnstraße solle in einer Wendeschleife vor der Schule enden. Ein weiterer Bürger pflichtete schriftlich bei: Die Lincolnstraße sei ein "Nadelöhr", das nicht noch mehr belastet werden dürfe. Er forderte eine Verbindung zur Herbert-Quandt-Straße. Beide Anträge wurden von den Bürgern angenommen.

Dieser Durchstich war schon vergangenes Jahr vom Stadtrat abgesegnet worden, nachdem die Anwohner der Wohnsiedlung am Perlacher Forst lange dafür gekämpft hatten. Bis jetzt sei allerdings nichts passiert, beklagte die Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA), Carmen Dullinger-Oßwald (Grüne). Harald Schnell, Vertreter des Referats für Stadtplanung und Bauordnung, ging auf die Bedenken ein und betonte, dass die Lincolnstraße auf jeden Fall entlastet werde. Gleichzeitig warb er für Verständnis: Man könne nun mal nicht einfach von einer bestehenden Straße zu einer anderen asphaltieren. Der Planungsvorschlag für den Durchstich wird dem Stadtrat voraussichtlich erst im Sommer 2016 vorgelegt werden.

Die Bauarbeiten für die Europäische Schule bringen aber noch andere Unannehmlichkeiten für die Anwohner mit sich. Seit der Hit-Supermarkt im Frühjahr der Baustelle weichen musste, können die Bewohner der Amisiedlung nicht mehr in unmittelbarer Nähe einkaufen. Ein neuer Standort mit Einzelhandelsflächen wird wohl erst Anfang 2017 eröffnet. Ein Bürger warf dem BA und der Stadt in diesem Punkt "deutliches Versagen" vor. Hier widersprach BA-Mitglied Thomas Krieger (CSU) entschieden: Es habe ursprünglich geheißen, dass zuerst ein neuer Hit-Markt gebaut werden soll, bevor der alte abgerissen wird. "Dass mittlerweile der Bauherr seine Priorität geändert hat, ist natürlich tragisch, aber rechtlich zulässig", sagte Krieger. Eine Zwischenlösung werde weiterhin angestrebt.

Seit drei Wochen werden die Gleise an der Tegernseer Landstraße erneuert. Barbara Bauer wünschte sich deshalb eine Verkehrsberuhigung in den umliegenden Straßen, in die die Autos nun auswichen; eine deutliche Mehrheit stimmte dafür. "Es ist mir bewusst, dass Ihnen mit dieser Baustelle sehr viel abverlangt wird", sagte Dullinger-Oßwald schon in ihrer Eingangsrede. Die Bewohner des 17. Stadtbezirks hatten noch viele weitere Ideen, um den Verkehr im Viertel erträglicher zu gestalten. Zum Beispiel soll eine Einbahnstraßenregelung in der Traunsteiner Straße geprüft werden, außerdem wünschten sich Bürger an verschiedenen Stellen Ampeln, Tempolimits oder neue Fahrbahnbeläge. Alle diese Anträge werden nun dem Stadtrat vorgelegt.

In einer überwiegend konstruktiven Atmosphäre verabschiedete die Bürgerversammlung noch mehrere weitere Vorschläge. Überraschenderweise wurden die Flüchtlingseinrichtungen im Viertel an keiner Stelle kritisiert. Alexander Reissl, Fraktionschef der Rathaus-SPD und Leiter der Versammlung, und Dullinger-Oßwald dankten den vielen Bürgern, die sich ehrenamtlich für Flüchtlinge engagieren. Auch aus polizeilicher Sicht sei die Erstaufnahmeeinrichtung auf dem Gelände der ehemaligen McGraw-Kaserne "absolut unauffällig", berichtete Polizeidirektor Michael Dibowski. Mit mehrmaligem Zwischenapplaus bestätigten die Anwesenden, dass Flüchtlinge in Giesing willkommen sind.

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