Obergiesing:Erhobenen Hauptes

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Stolzer Tag: Im Herzen Giesings wird der Geburtag der Schule gefeiert. (Foto: Robert Haas)

Die Ichoschule feiert ihr 100-jähriges Bestehen und kann auf eine wechselvolle Zeit zurückblicken

Von Hubert Grundner, Obergiesing

Von einem gewissen Alter an wird ja gerne allem und jedem eine "wechselvolle Geschichte" attestiert. Oft handelt es sich allerdings um nicht mehr als eine leere Worthülse. Im Falle der Grund- und Mittelschule an der Ichostraße wird diese Wendung vollauf zu Recht benutzt: Am Freitag, 11. März, feiert die Schule im Herzen Giesings von 11 Uhr an mit einem Festakt ihr 100-jähriges Bestehen.

Heute präsentiert sich die Ichoschule als moderne Bildungsstätte. Wie Rektor Martin Rothenaicher in einer Chronik des Hauses erklärt, wurde im Grunde von Anfang an an diesem Schulstandort kompetente pädagogische und soziale Arbeit mit großem Engagement geleistet. Diesem Erbe sieht sich die Ichoschule verpflichtet: Neben der Wissensvermittlung würden soziales Verantwortungsbewusstsein, Teamfähigkeit, Toleranz und Kreativität der Kinder und Jugendlichen in hohem Maße gefördert, betont Rothenaicher. Mit dem aktuellen offenen und gebundenen Ganztagskonzept in Grund- und Mittelschule sowie mit dem Angebot des Städtischen Tagesheims werde den heutigen Bedürfnissen und Anforderungen der Bildungs- und Erziehungspartner in hohem Maße Rechnung getragen.

Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass der Weg dorthin tatsächlich oft abwechslungsreich und manchmal sogar sehr beschwerlich war. Wie Rothenaicher recherchiert hat, wurden in den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts in Giesing drei Großschulhäuser erbaut, um der stetig anwachsenden Schülerzahl genügen zu können. Zunächst erfolgte im Jahr 1902 die Eröffnung der Martinsschule; damit hatte der Osten Giesings eine neue Schule erhalten. 1906 wurde dann im Westen des Bezirkes das Schulhaus am Agilolfingerplatz fertiggestellt. Acht Jahre später, 1914, wurde schließlich zu Beginn des Ersten Weltkrieges der Bau der Ichoschule an der damaligen Pfarrhofstraße begonnen und 1916 vollendet.

Namensgeber der Schule war der Priester und Missionar Icho, der im 8. Jahrhundert der Sippe des Kyeso, das Wort steckt im heutigen "Giesing" - auf seinem ererbten Besitz eine neue Heimat schenkte. Errichtet wurde das Schulhaus, wie es in Rothenaichers Chronik weiter heißt, nach Plänen des Baurats Hans Grässel. Dabei wurden beim Erdaushub für die Schule fast 300 Grabstätten freigelegt, die von den ersten Bewohnern Giesings im 6. und 7. Jahrhundert zeugen. Die zahlreichen Grabbeilagen sind noch heute in der Prähistorischen Sammlung an der Lerchenfeldstraße zu finden. Neben seiner Funktion als Schulstandort wurde das Gebäude während und nach den beiden Weltkriegen anfänglich auch mitgenutzt als "Wohlfahrtsbezirksamt", teilweise Polizeipräsidium, Lazarett, Markenrücklaufstelle für das Ernährungsamt, als Luftschutzraum und Mütterberatungsstelle.

Im Zweiten Weltkrieg wäre die Geschichte der Ichoschule dann beinahe schon wieder beendet gewesen: Am 13. Juli 1944 wurde das Gebäude, das gegenüber der Heilig-Kreuz-Kirche am Giesinger Berg liegt, durch Sprengbomben stark beschädigt. Damals gab es 38 Tote nach diesem Luftangriff der Alliierten zu beklagen, darunter auch sechs Lehrkräfte. Nach Kriegsende hat dann die Stadtgesellschaft mit vielen Spenden und Eigenleistung den Wiederaufbau der Schule bis zum Jahre 1951 vorangetrieben.

Laut Rektor Martin Rothenaicher finden hier inzwischen wieder 600 Kinder und Jugendliche ihren Schul- und Erziehungsort, zum großen Teil als Ganztagsbetrieb. Damit das auch in Zukunft so bleibt, ist das denkmalgeschützte Gebäude in den vergangenen Jahren aufwendig teilsaniert und ausgebaut worden. Am Sinn dieser Investitionen dürfte es zumindest in Giesing keinen Zweifel geben: Längst ist aus der einst eher schlecht beleumundeten Adresse eine regelrechte Vorzeigeschule geworden, an die Eltern gerne ihre Kinder schicken. Und auch von offizieller Seite hat die Ichoschule dafür die verdiente Anerkennung gefunden. Sie wurde mit dem Innovationspreis 2014 für regionale Grundschulen in Oberbayern ausgezeichnet. Die Giesinger hatten bei diesem Wettbewerb der Bezirksregierung souverän den ersten Platz belegt.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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