Oberföhring:Ein energetischer Alptraum

Wasserschäden, fehlende Isolierung, kaputte Fenster: Die Grundschule an der Oberföhringer Straße ist in einem katastrophalen Zustand. Jetzt soll zwischen Sanierung und Neubau entschieden werden

Von Ulrike Steinbacher, Oberföhring

In den Fünfzigerjahren waren die zwei Klassenzimmer der Oberföhringer Dorfschule an der Muspillistraße, Baujahr 1824, endgültig zu klein für all die Erst- bis Sechsklässler aus den Neubaugebieten ringsum. Ein neues Schulhaus musste her, gebaut wurde es ein Stück stadtauswärts auf der Ostseite der Oberföhringer Straße: acht Lehrsäle in zwei Stockwerken, eine Turnhalle, schulische Betriebsräume und eine Offiziantenwohnung. Am 12. August 1958 fand die Einweihung statt, sechs Volksschulklassen hatten Platz. Der Stadtteil wuchs weiter, auch dieses Haus war bald zu klein. Der Erweiterungsbau, ein Zwilling des ersten Trakts, ging am 15. Oktober 1965 in Betrieb. Die jüngere Hälfte der Schule wird also demnächst 50 Jahre alt, die ältere 57. Und ziemlich alt sieht sie auch aus.

Die Ausblühungen im Mauerwerk durch eingedrungenes Wasser sind schon außen an der Eingangstür zu erkennen. Auch die hölzerne Decke des langen Verbindungsgangs im Erdgeschoss zeigt Spuren von Wasserschäden. In der Buben-Garderobe am Eingang sind die großen Löcher in den Wänden zugespachtelt, in den Toiletten sind manche Fenster nicht mehr zu schließen, weil die Scheiben herauszufallen drohen. Die Glaswand des Verbindungsgangs lässt zwar viel Licht herein, die Metallfassungen umschließen aber immer noch die Originalfenster aus den Fünfzigerjahren. Es zieht entsprechend, und im Winter lässt sich der Gang nicht heizen. Um den energetischen Alptraum komplett zu machen, sind die Dächer nicht isoliert. Im Sommer wird es in den Klassenzimmern auf der Südwestseite brütend heiß. Die ausgebleichten, rot-weiß gestreiften Jalousien, die Sonnenschutz bieten sollen, sind ebenfalls Originalbestand. In ihren Kästen finden Wespen und Hornissen ideale Nistgelegenheiten, weswegen die Feuerwehr häufig in der Schule zu Gast ist.

Rektorin Mathilde Rohm sagt, ihr widerstrebe es, neue Jalousienkästen anbringen zu lassen, wenn doch gar nicht klar sei, wie es mit dem Schulhaus weitergehe. Seit Rohm vor fünf Jahren ihre Stelle antrat, ist das in der Schwebe: "Wir reden jetzt seit 2010 über diese Bedarfsplanung." Kleine Reparaturen, sagt die Rektorin, habe das Baureferat immer sofort erledigt: die Räume gestrichen, die Türen lackiert, die Möbel ausgetauscht. Aber der Ganztagszug etwa, den sie von Anfang an einführen wollte - "bis heute geht das nicht".

Denn zu den baulichen Mängeln kommt das Platzproblem: Zurzeit werden in Oberföhring 323 Kinder in 14 Klassen unterrichtet, ausgelegt ist die Schule für zwölf. Eine erste Klasse teilt sich den Multifunktionsraum mit dem Hort. Das bedeutet, dass die Erstklässler jeden Morgen und die Hortkinder immer mittags umräumen müssen, ehe sie die Tische für ihre Zwecke nutzen können. Eine weitere Klasse wird im Keller unterrichtet, wo auch die Fachräume liegen. Dort gibt es aber keine Toiletten.

Die Oberföhringer Schule ist seit ihrer Errichtung nie saniert worden. 2005 kam sie einmal in die engere Wahl, doch dann entschied der Stadtrat stattdessen, die Regina-Ullmann-Schule mit heute 340 Kindern in 15 Klassen zu renovieren. Die Arbeiten wurden 2012 abgeschlossen und die Schulsprengel-Grenzen neu gezogen. Das sollte die Nachbarn in Oberföhring entlasten. Dort ist die Schülerzahl inzwischen aber längst wieder angestiegen, sagt die Rektorin. Denn gleich um die Ecke entstand das neue Wohngebiet Alte Ziegelei.

Abhilfe soll von Herbst 2016 an ein Container mit drei Klassenzimmern plus Mensa schaffen. Dort soll der lang ersehnte Ganztagszug unterkommen. Aber Mathilde Rohm sagt: "Ich möchte keinen Ganztag unter den jetzigen Bedingungen."

Ob diese Bedingungen sich in absehbarer Zeit verbessern lassen, ist jedoch offen. Petra Cockrell, die bildungspolitische Sprecherin der CSU im Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen, hat das Gefühl, die Schule sei "einfach nach hinten gerutscht, weil's da nicht so brennt beim Raumbedarf". Denn nach den Prognosen des Referats für Bildung und Sport (RBS) gehen die Schülerzahlen in den nächsten fünf Jahren zurück - und da seien die neuen Baugebiete im Stadtbezirk schon berücksichtigt, teilt die Pressestelle mit. Bis 2017 rechnet das RBS weiter mit 14 Klassen, danach mit zwölf.

Es gibt aber noch ein Problem: Im RBS und im Baureferat stellt sich inzwischen die Frage, ob ein Neubau nicht sinnvoller wäre als eine Sanierung. Das führt zu weiteren Verzögerungen, denn diese Entscheidung trifft der Stadtrat - und das frühestens 2016. Der BA Bogenhausen wiederum fordert auf Initiative der CSU einstimmig und recht optimistisch, dass die Entscheidung "umgehend" fallen und "noch vor 2017" verwirklicht werden soll.

Die Stadtverwaltung ihrerseits würde einen Neubau bevorzugen: "Eine Sanierung wird nach momentanen Kenntnissen gegenüber einem Neubau nicht als wirtschaftliche Lösung betrachtet", erklärt die RBS-Pressestelle. Im Fall einer Sanierung müsse man das Haus "in den Rohbauzustand zurückversetzen". Mit einem Neubau ließe sich das etwa 400 Meter lange, schmale Grundstück besser nutzen. In jedem Fall soll der am anderen Ende des Areals gelegene Kindergarten abgerissen und durch ein Haus für Kinder ersetzt werden.

Das RBS skizziert sogar einen ersten Zeitplan: Der Container für die Ganztagsklassen, der im Herbst 2016 stehen soll, ließe sich zwei Jahre später erweitern, sodass die ganze Schule dorthin ausgelagert werden könnte. Die Bauarbeiter würden dann 2019 anrücken. Ob es wirklich so kommt und ob sie das Haus letztlich sanieren oder abreißen - das stellt sich erst noch heraus.

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