Oberföhring:Abschied vom Container-Dorado

Der FC Rot-Weiß Oberföhring ist seit 1922 auf wechselnden Plätzen immer Herr im eigenen Haus. Nun übernimmt die Stadt das Gelände, wandelt es in eine Bezirkssportanlage um und plant einen Neubau des Vereinsheims

Von Ulrike Steinbacher, Oberföhring

Als der FC Rot-Weiß Oberföhring (FCO) 1922 gegründet wurde, lag sein Vereinsgelände weit vor der Stadt zwischen Wiesen und Feldern. Inzwischen ist München längst über die Johanneskirchner Straße hinausgewachsen. Die drei Fußballfelder des FCO werden jetzt im Südosten und Südwesten von den Wohnblocks an der Taimerhof- und der Fideliostraße überragt; gleich nebenan steht die Helen-Keller-Realschule, und ein Stück weiter nordöstlich wird auf dem ehemaligen Digitalgelände gerade ein weiteres Wohngebiet errichtet. Der Verein ist mitgewachsen mit der Stadt, so sehr, dass seine Anlagen Marke Eigenbau den Mitgliederansturm nicht mehr bewältigen. Die Stadt hat jetzt vor, das Gelände in eine Bezirkssportanlage umzuwandeln, auf einem der drei Spielfelder einen Kunstrasenplatz anzulegen und das 40 Jahre alte Betriebsgebäude durch einen Neubau zu ersetzen.

Der Vereinsvorsitzende Uli Oesterle und sein Stellvertreter Ralf Augustin halten das für eine gute Lösung. Mittlerweile hat der FCO 670 Mitglieder - Tendenz steigend, auch wegen der vielen Neubaugebiete ringsum. Es gibt eine Stockschützen- und eine Damengymnastik-Abteilung, vor allem aber den Fußball: zwei Herren-, drei Senioren- und 21 Jugendmannschaften. Mit inzwischen 350 Kindern sei die Infrastruktur "total an der Kapazitätsgrenze", sagt Oesterle. "Es geht nicht mehr."

Oberföhring: Sportheim Marke Eigenbau.

Sportheim Marke Eigenbau.

(Foto: Robert Haas)

Trotzdem wird die Umwandlung eine völlig neue Erfahrung für den Verein bringen, der ursprünglich im Grüntal und später weiter südlich am Brunnbach im Herzogpark seinen Sportplatz hatte. Denn bisher war der FCO stets Herr im eigenen Haus. Seit 1969 sind die Sportler auf dem Gelände an der Johanneskirchner Straße zu Hause, seit 17 Jahren gilt der Pachtvertrag. Wird das Areal zur Bezirkssportanlage, ist der Verein nur noch Mieter. Die Stadt übernimmt dann den Betrieb und die Investitionen, gibt die Öffnungszeiten vor, bestimmt, wann wer trainiert.

Wie sich das mit dem Selbstverständnis des FCO verträgt, muss sich zeigen. Seit Jahrzehnten sind die Mitglieder gewohnt, mit Improvisationskunst und Erfindungsreichtum ihr Vereinsleben in Eigenregie zu organisieren.

Das erste Sportheim an der Johanneskirchner Straße war eine selbstgezimmerte Holzhütte, wie ein Bild in der Chronik zum 90-jährigen Bestehen zeigt. Das Häuschen fungierte im Training als Umkleidekabine für alle Mannschaften und am Wochenende als Getränke-Ausschank und Wurstsemmel-Verkauf. Beim Grundprinzip Eigenbau blieb es auch später: Im Juli 1976 wurde das heutige Vereinsheim mit Biergarten eingeweiht, 2003 vergrößerten die Mitglieder mit einem Anbau an der Südseite die Gaststätte und brachten eine winzige dritte Umkleidekabine unter. Die Verhältnisse blieben beengt: Die blitzsauberen, wenn auch abgenutzten Umkleideräume - zwei mit je drei Duschen, eine ohne - sind noch in Betrieb. Sie lassen einen an eine putzige Grundschul-Turnhalle aus der Nachkriegszeit denken. Schwer vorstellbar, dass sich auf zwei Quadratmetern ein Dutzend verschwitzte Buben und Männer nach zwei Stunden Sport frisch machen. Weil die Schiedsrichter-Umkleide noch kleiner ist, zwängte der FCO für die Spielberichte einen Schreibtisch samt Computer in den alten Container, in dem die Mannschaften ihre Bälle und Trikots lagern.

Oberföhring: Ralf Augustin und Uli Oesterle freuen sich über die Übereinkunft mit der Stadt.

Ralf Augustin und Uli Oesterle freuen sich über die Übereinkunft mit der Stadt.

(Foto: Robert Haas)

Überhaupt ist rund um das Vereinsheim im Lauf der Jahrzehnte ein "Container-Dorado" entstanden, wie der Vorsitzende Oesterle das nennt. Bis auf den Blechwürfel mit dem Vereinsbüro und den Pokalen hat der FCO sie alle kostenlos bekommen. Schön sieht das Durcheinander auf dem Gelände nicht aus, doch für Luxus in der Grundausstattung wird kein Geld ausgegeben, die Trainer holen sich fürs Equipment auch mal Schränke von der Baywa, die am Effnerplatz gerade ihre Zentrale umbaut und alte Büroausstattung zu Billigpreisen abgegeben hat. An anderer Stelle dagegen hat der Verein kräftig investiert: Seinen östlichen Fußballplatz stattete er vor drei Jahren für 40 000 Euro mit Flutlicht aus, vor eineinhalb Jahren wurde ein Grundwasserbrunnen gegraben, um die Spielfelder zu bewässern. Beides bringt der FCO als Eigenleistung in die neue Abmachung mit der Stadt ein, sagt Oesterle.

Mit ihr soll dann endlich auch die Raumnot Vergangenheit sein: Auf der künftigen Bezirkssportanlage ist nach Angaben des Referats für Bildung und Sport (RBS) ein "neues Sportbetriebsgebäude" mit Vereinsheim und Platzwartwohnung geplant, mit Lager und Büros, mit Schiedsrichterräumen und Umkleidekabinen, auch für Frauen. Ausgelegt wird die Anlage auf 30 Mannschaften, sagt Oesterle. Außerdem wird einer der Plätze in ein Kunstrasenfeld umgewandelt - welcher, ist noch offen. Zu Kosten und Zeitplan will das RBS keine Angaben machen - das Projekt ist erst in der Vorplanung, ein Stadtratsbeschluss steht auch noch aus. Aber die FCO-Mitglieder sind gewohnt, dass es dauert, wenn sie mit der Stadt verhandeln: Die Bezirkssportanlage ist ihr dritter Versuch, eine Vertragskonstruktion zu finden, die den Neubau des Vereinsheims ermöglicht. Daran arbeiten sie jetzt schon seit 2005.

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