OB Ude warnt:Neonazis auf Standortsuche

Vorsicht vor adretten Herren: Die Stadt hat ein Begegnungszentrum für Rechtsextreme untersagt. Nun befürchtet OB Ude, die Neonazis könnten auf der Suche nach einer neuen Herberge sein.

Bernd Kastner

Vermieter, die demnächst Besuch von adretten Herren bekommen, die sich nett und freundlich geben, sollten wachsam sein. Vielleicht wollen sie tatsächlich nur Büroräume für ihre Firma anmieten, womöglich aber suchen sie in Wahrheit eine neue Bleibe für ihre Kameraden vom ganz rechten politischen Rand.

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Der Oberbürgermeister warnt: Neonazis wollen in München Räume anmieten.

(Foto: dpa)

Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) jedenfalls warnt Immobilienbesitzer davor, Rechtsextremen auf den Leim zu gehen. Nachdem die Stadt, wie berichtet, an der Drygalskiallee ein "Nationales Kultur- und Begegnungszentrum" untersagt hat, weil die Kellerräume nur als Lager genehmigt sind, dürften die Münchner Neonazis nun wieder auf der Suche nach einem neuen Objekt sein, vermutet Ude.

Vermutlich verschwiegen sie bei Gesprächen mit Vermietern ihr wahres Anliegen und tarnten sich etwa als "Transportunternehmen". Deshalb rät die Stadt allen Eigentümern, Klauseln in den Mietvertrag aufzunehmen, der in den Räumen rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Aktivitäten untersagt.

Solche Treffpunkte haben für die rechte Szene große Bedeutung, betont Miriam Heigl, die seit August im Rathaus die Fachstelle gegen Rechtsextremismus betreut. An solchen Orten könnten sie ihre Kader schulen, ihre Strategien diskutieren oder Aktionen vorbereiten, etwa den wieder geplanten Heldengedenkmarsch im November. Ein offiziell angemieteter Raum mache in der Szene auch mehr Eindruck, als wenn die braunen Kameraden in ein privates Wohnzimmer eingeladen werden müssten, betont Heigl.

In einem "Kultur- und Begegnungszentrum", wie es im Münchner Süden entstehen sollte, könnten sie Sympathisanten Verlockendes anbieten: Bierabende, Musik, Vorträge. Das alles seien niederschwellige Eintrittsmöglichkeiten in die Szene, erklärt Heigl, so werde das Gemeinschaftsgefühl gestärkt.

Brauereien setzen Wirte unter Druck

Dass dies bereits in der Drygalskiallee geschah, kann man auf der Internetseite des Antifaschistischen Informations- und Dokumentationszentrums Aida betrachten: Fotos zeigen Neonazis beim Bier, ihre Hemden haben sie abgelegt, die Oberkörper sind nackt. So sind auch ihre Tätowierungen zu erkennen, etwa bei einem neuen Vorstandsmitglied der rechtsextremen BIA, die mit Karl Richter im Stadtrat vertreten ist: ein Landser mit Gewehr und Fahne in der Hand, auf der ein Hakenkreuz angedeutet ist.

Die BIA hatte die Souterrainräume, in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer Polizeiinspektion gelegen, Ende Juli eröffnet. Lange konnten sich Richter und Co. aber nicht darüber freuen: Auch der Vermieter hat laut Stadt den Vertrag inzwischen gekündigt.

Mitunter sind es auch Brauereien, die im Kampf gegen Neonazis vorbildlich agieren, lobt Marcus Buschmüller von Aida: Eine Münchner Brauerei habe den Wirt einer Gaststätte in Berg am Laim so unter Druck gesetzt, dass der fortan keine Neonazis mehr in sein Lokal ließ, das zu einem der wichtigsten rechten Treffpunkte in München avanciert war.

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