OB-Kandidatenkür:Grünes Personalkarussell

2012 wird für die Grünen im Münchner Rathaus ein Jahr der Entscheidungen: Bei der OB-Kandidatenkür ist noch alles offen, die Entwicklung des Wahlprogramms soll ein Experiment werden.

Dominik Hutter und Silke Lode

München2012 wird das Jahr der Entscheidungen, zumindest für die Münchner Grünen. Es gilt nicht nur einen Oberbürgermeister-Kandidaten zu bestimmen - bei der Partei stehen eine Kampfkandidatur um die Fraktionsspitze im Rathaus, personelle Veränderungen in der Stadtratsfraktion und das große Rennen um die Landtags- und Bundestagsmandate an. So strebt Stadtchefin Katharina Schulze ins Maximilianeum, ihr Vorstandskollege Sebastian Weisenburger denkt über eine Stadtratskandidatur nach.

Klappt alles wie geplant, verliert die grüne Rathausfraktion 2012 zwei ihrer profiliertesten Köpfe: den Vorsitzenden Siegfried Benker, der Chef des Altenheimbetreibers Münchenstift werden will, und Planungssprecher Boris Schwartz, der sich als Kommunalreferent bewirbt. Nachrücker im Rathaus sind die frühere Stadtchefin Anja Berger und Ex-Stadtrat Herbert Danner.

Die Rochade im Stadtrat findet allerdings nur statt, wenn Benker und Schwartz ihre neuen Stellen auch wirklich bekommen. Den Nachfolger von Kommunalreferentin Gabriele Friderich wählt der Stadtrat im nächsten Plenum am 25. Januar. Mit einer Entscheidung über den Münchenstift-Chefposten rechnet Benker bis zum Frühjahr. Entscheidet sich der Aufsichtsrat gegen ihn, will der gelernte Sozialpädagoge in der Politik bleiben und bei der turnusgemäßen Wahl der Fraktionsspitze erneut antreten - wie auch seine Chefkollegin Lydia Dietrich. Wechselt Benker zu Münchenstift, will sich Fraktionsvize Florian Roth um seine Nachfolge bewerben.

Allerdings hat auch schon Sabine Nallinger Interesse an einem der Spitzenposten angemeldet, sofern sie sich im OB-Kandidatenrennen gegen Hep Monatzeder und Nikolaus Hoenning durchsetzt. Sie hofft, sich auf dieser Position besser für die Ude-Nachfolge profilieren zu können. Finanzexperte Roth hofft jedoch auf eine Lösung ohne Kampfkandidatur: "Wir haben drei Spitzenposten: die beiden Fraktionschefs und den Stellvertreter."

Für Roth wäre das Ausscheiden von Benker und Schwartz allerdings ein großer Verlust, "weil das mit die erfahrensten Stadträte sind". Zugleich aber eröffneten sich damit anderen Politikern Chancen auf neue Herausforderungen. "Eine massive Verjüngung", das räumt Roth ein, "bringt der aktuelle Wechsel nicht mit sich." Der käme erst mit der Kommunalwahl 2014. Die Suche nach geeigneten jungen Kandidaten hat Roth zufolge bereits begonnen. Eine Stadtratskandidatur des 28-jährigen Sebastian Weisenburger würde da gut ins Bild passen.

Wie es weitergeht im parteiinternen Auswahlverfahren um die OB-Kandidatur, entscheidet sich bei einer Stadtversammlung am 26. Januar. Dann soll die Basis darüber abstimmen, wie die geplanten OB-Foren ablaufen und ob dabei Stimmungsbilder ermittelt werden. Bürgermeister Hep Monatzeder, der mit Abstand bekannteste der drei Bewerber, stemmt sich seit Monaten heftig gegen dieses Verfahren und droht mit seinem Rückzug. Die Parteibasis hat sich jedoch schon im Februar einstimmig für öffentliche Foren samt Voten ausgesprochen und wird voraussichtlich auch nicht davon abrücken.

Angesichts des zeitraubenden Auswahlprozesses steht der grüne OB-Kandidat wohl erst im Sommer fest. Deshalb will die Rathausfraktion auch ihre Vorstandswahl verschieben, die ursprünglich für Mai angesetzt war. "Entschieden ist das noch nicht", sagte Benker. Aber die Fraktion tendiere dazu abzuwarten, wie Sabine Nallingers Bewerbung als OB-Kandidatin ausgeht.

Sobald diese Personalfragen geklärt sind, wollen sich die Grünen an das nächste experimentelle Verfahren wagen: die Ausarbeitung eines kommunalen Wahlprogramms unter größtmöglicher Einbindung der Basis. Die Grünen-Chefs Schulze und Weisenburger wollen, dass alle interessierten Parteimitglieder direkt an der Ideensammlung beteiligt sind - etwa bei offenen Treffen von Arbeitsgruppen, an denen auch Stadträte und Vorstandsmitglieder beteiligt sind. Auch Debatten im Internet können sich Schulze und Weisenburger vorstellen. Über diese Details will der Parteivorstand im Frühjahr entscheiden, im Sommer soll der Startschuss für das Verfahren fallen.

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