Nymphenburg/Laim:Auf Tuchfühlung

Ein Jahr vor dem Baubeginn für die zweite S-Bahn-Stammstrecke ist die Bahn auf Info-Tour durch betroffene Stadtviertel. Trotz aller Geschmeidigkeit der Gesprächsführung - die Skepsis der Anwohner bleibt

Von Sonja Niesmann, Nymphenburg/Laim

Ulrike Stöger, Schulleiterin des Mathilde-Eller-Förderzentrums an der Margarethe-Danzi-Straße, kommt ohne Umschweife auf das zu sprechen, was sie und ihre Mitarbeiter ebenso wie die Kolleginnen und Eltern der benachbarten Grundschule umtreibt: "Es geht das Gerücht, dass bis zu 160 Lkw am Tag hier durchfahren werden. Das ist doch gefährlich, und das packt diese Straße auch nicht!" Bahnsprecher Michael-Ernst Schmidt kann diese Zahl nicht bestätigen, überhaupt keine genaue Zahl. Man dürfe sich das nicht "linear" vorstellen, erläutert er, es werde je nach Bauablauf mal mehr, mal weniger Verkehr geben. "Und ohne der Bauleitung vorgreifen zu wollen - morgens zu Schulbeginn wird man die Laster sicher nicht hier durchschicken." Auch die Stadtverwaltung werde das Geschehen bestimmt wachsam verfolgen und, wenn nötig, regelnd eingreifen. Stöger bleibt skeptisch, sehr skeptisch: "Ein Großprojekt hat doch immer Vorrang."

Auch wenn, nach dem symbolischen Spatenstich am 5. April am Marienhof, die eigentlichen Bauarbeiten für das auf etwa zehn Jahre terminierte Großprojekt der zweiten S-Bahn-Stammstrecke erst im Frühjahr 2018 beginnen, geht die Deutsche Bahn (DB) jetzt schon auf Info-Tour. An sieben Stellen entlang der neuen Strecke, drei allein in Haidhausen, macht ein Bauwagen in diesen Wochen je vier Stunden Station. An diesem klirrend kalten Donnerstagabend steht er in Nymphenburg, Ecke Wotan-/Margarethe-Danzi-Straße. Vier Vertreter der DB-Abteilung für Großprojekte informieren über den Planungsstand, sie tun das sehr professionell, freundlich, geradezu geschmeidig. "Wir wollen mit den Bürgern ins Gespräch kommen", sagt Bahn-Sprecherin Kathrin Kratzer, man will das während der Bauzeit beibehalten. Auf keinen Fall sollen Anwohner mit Fragen oder Beschwerden in der Telefonwarteschleife stecken bleiben.

Die Bauwagen-Infotour der 2. Stammstrecke macht am Donnerstag, 19. Januar 2017, Station in Laim. Von 16 bis 20 Uhr steht der Bauinfowagen an der Ecke Wotanstraße/Margarethe-Danzi-Straße unweit des Laimer Bahnhofs.

Fragen und Antworten: Mit einem Info-Bauwagen tourt die Deutsche Bahn durch die Stadt - und stößt auf kritisches Interesse der Bürger.

(Foto: Florian Peljak)

Die Baustellenstraße für den oberirdischen Abschnitt der zweiten Stammstrecke verläuft direkt an der Gleistrasse, auf Nymphenburger Flur über den im vergangenen Sommer asphaltierten Radweg auf dem Damm. Drei Zuwege dorthin sieht die Planfeststellung vor, das Logistikkonzept wird aber noch mit dem Kreisverwaltungsreferat abgestimmt. Eine Zufahrt führt von der Friedenheimer Brücke stadteinwärts am "Backstage" vorbei, die zweite von der Brücke stadtauswärts durchs Wohnquartier am Hirschgarten, über Birketweg, Schloßschmidstraße und Eisnergutbogen zur Zugwaschanlage; die dritte über die Margarethe-Danzi-Straße ins Neubauviertel Nymphenburg-Süd.

Dass ihnen das blüht, Lkw-Verkehr "einen Meter vor dem Schlafzimmerfenster", habe ihnen beim Kauf ihrer Wohnungen niemand gesagt, merken zwei Frauen aus der Rosa-Bavarese-Straße bitter an. "Erst zwei Jahre die Baustelle des Förderzentrums nebenan, jetzt die nächste", stöhnt die eine, "ich krieg' einen Nervenzusammenbruch." - "Sie werden Belastungen ertragen müssen", da können die Bahnleute nichts schönreden, aber: "Sie werden hier den kleinsten Teil des Großprojektes haben." Nämlich keine Tief-, also Tunnelbaustelle und "weniger Lärm" als etwa bei der Gleisbetterneuerung im Sommer 2016. Vor dem Bahnhof Laim fädeln zwei neue Gleise ins bestehende Netz ein und verlaufen bis kurz vor der Donnerbergerbrücke oberirdisch. Erst dann taucht die neue Strecke in einen Tunnel, erster unterirdischer Halt ist am Hauptbahnhof, nächster am Marienhof. Durch Haidhausen verläuft die Trasse weiter zum nächsten Stopp "Ostbahnhof", um dann kurz vor dem Leuchtenbergring wieder an die Oberfläche zu kommen.

Die Bauwagen-Infotour der 2. Stammstrecke macht am Donnerstag, 19. Januar 2017, Station in Laim. Von 16 bis 20 Uhr steht der Bauinfowagen an der Ecke Wotanstraße/Margarethe-Danzi-Straße unweit des Laimer Bahnhofs.

Bis in Kleinste: Genaue Karten zeigen den späteren Verlauf der neuen Strecke.

(Foto: Florian Peljak)

Bestandteil der Planfeststellung für die zweite Stammstrecke ist auch die Genehmigung für den Umbau des Bahnhofes Laim, der zwei Mittelbahnsteige mit vier Gleisen erhalten wird, und für eine neue Röhre am Laimer Tunnel, die "Umweltverbundröhre". Dort soll man dann aus Bus oder Tram steigen können und über Rolltreppen hinauf zu den Gleisen gelangen, ähnlich wie am Pasinger Bahnhof. Vorabmaßnahmen wie Baumrodungen sind für Herbst 2017 geplant, im Herbst 2018 sollen die Arbeiten an Bahnhof und Tunnel beginnen. Die Laimer Unterführung soll möglichst offen bleiben, gelegentlich aber werde man die Durchfahrt für eine Weile sperren müssen, kündigt Kratzer an.

Infos unter www.2.stammstrecke-muenchen.de. Nächster Bauwagen-Stopp: Donnerstag, 26. Januar, 16 bis 20 Uhr, Hauptbahnhof/Schützenstraße.

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