"Mama, in der Zeitung stehen ja ganz interessante Dinge drin." Über ein Projekt für den Kunstunterricht entdeckte die 13-jährige Samira Eckmüller nicht nur, wie eine Zeitung sinnvoll weiterverwertet werden kann, sondern auch ihr Interesse am Lesen des Blattes. Stelle ein Kleidungsstücke aus recyceltem Material her - so lautete der Arbeitsauftrag der Kunstlehrerin am Käthe-Kollwitz-Gymnasium. "Die Idee kam mir, als Papa gerade Zeitung gelesen hatte", meint die Schülerin. Und so bastelte sie ein rokokoartiges Recycling-Kleid, das komplett aus Seiten der Süddeutschen Zeitung besteht, inklusive Hut und Halsschmuck.
Das Papier klebte die Siebtklässlerin jedoch nicht wahllos aneinander, sondern machte sich über Auswahl und Reihenfolge viele Gedanken: "Ich habe hauptsächlich große Farbbilder verwendet, die für mich auch einen symbolischen Wert haben." Ein Foto von Bundespräsident Joachim Gauck, von Arbeitern, die benutzte Ölfässer stapeln, einem roten Teppich auf dem Filmfestival in Gaza-Stadt oder von Rupert Neudeck, Mitbegründer der Hilfsorganisation Cap Anamur - die jeweils oberste und unterste Reihe des weit ausgestellten Rocks bildet das politische Zeitgeschehen ab, während im Mittelteil ausschließlich Portraits von Frauen zu sehen sind. "Durch das Projekt hat Samira begonnen, sich mit dem aktuellen Weltgeschehen zu beschäftigen", sagt Mutter Hala Baalbaki. Zwischen den beiden seien dadurch viele Gespräche über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft entstanden.
Schon vor den Pfingstferien hatte die Schülerin mit der Planung ihres Kunstwerks begonnen: Skizzen wurden angefertigt und teils wieder verworfen, Zeitungen durchforstet und erste Artikel ausgeschnitten. "Ich durfte als Handlangerin mithelfen und Schnibbelarbeiten übernehmen", erzählt die Mutter, die als Kunstlehrerin an einer Montessorischule arbeitet. Samira schätzt, dass sie etwa 15 Ausgaben der Süddeutschen Zeitung in ungefähr einer Woche reiner Arbeitszeit verarbeitet hat.
Wenn die Noten für das Kunstprojekt gemacht sind und Samira ihr Zeitungskleid zurückbekommen hat, weiß sie schon ganz genau, was sie damit anstellen will: "Ich werde es verbrennen. Das Papier wurde ja aus einem Baum hergestellt und deshalb finde ich es schön, wenn ich der Natur einen Teil davon wieder zurückgeben kann." Das Zeitunglesen werde sie aber weiterhin beibehalten.