Nymphenburg:Chaos in der Anfahrtszone

Vor den Schulen an der Margarethe-Danzi-Straße kommt es während der Hol- und Bring-Zeiten nahezu täglich zu gefährlichen Situationen. Polizei, Bildungsreferat und die Lokalpolitiker suchen nun gemeinsam nach einer Lösung

Von Sonja Niesmann, Nymphenburg

Morgens, kurz nach halb acht Uhr an der Margarethe-Danzi-Straße. In der separaten Anfahrtszone der Mathilde-Eller-Schule warten bereits acht Kleinbusse, der hinterste ragt mit dem Heck auf den Gehsteig hinaus. Im Minutentakt kommen weitere Kleinbusse angerollt, 22 insgesamt bringen die geistig behinderten Kinder aus der ganzen Stadt zu diesem Förderzentrum. Sie halten in zweiter Reihe auf der Straße, teils mit laufendem Motor, bis endlich um 7.45 Uhr das Ausladen der Schüler beginnt und damit Bewegung in die Schlange in der Anfahrtszone kommt. Die auf der Straße wartenden Transporter rücken sukzessive nach, bleiben zum Teil kurz auf dem Gehsteig stehen, oder auch vor dem Eingang der benachbarten Grundschule.

Zu einem für diese absolute Nymphenburger Randlage erstaunlich dichten Verkehr tragen auch die "Taxi-Mütter" und "-Väter" bei, von denen es der eine oder die andere erstaunlich an Rücksicht fehlen lässt. Manche halten einfach am Fahrbahnrand an, wenden auf der Straße oder gar im Eingang zur Grundschule. Ein Wagen rauscht flott vorbei, knapp vor einem Vater und seinem kleinen Sohn, die bereits einige Schritte weit auf der Fahrbahn stehen. Seit einiger Zeit steige die Zahl der Autofahrer, so glaubt man beim benachbarten ESV München, auch noch durch Pendler, die den großen Parkplatz des Sportvereins an der Margarethe-Danzi-Straße als Park-and-ride-Geheimtipp entdeckt haben; es sind nur ein paar hundert Meter von hier zum S-Bahnhof Laim.

"Hier geht's zu wie am Stachus", zischt eine Frau, die mit ihrem Hund vorbeispaziert. Der Vergleich mag überspitzt sein - aber in der Tat hat der Verkehr hier in dieser Straße, die nach den ESV-Sportanlagen zu Ende ist, frühmorgens ein Besorgnis erregendes Ausmaß angenommen. Und mitten in dieser Blechkarawane müssen mehr als 400 Erst- bis Viertklässler die Straße überqueren, auf einer nur durch zwei blasse Markierungsstreifen gekennzeichneten Fußgängerfurt. Oder sie müssen sich auf dem Gehsteig an Fahrzeugen vorbeischlängeln, hinter denen sie kaum mehr zu sehen sind. "Ich hab' richtig Angst um meinen Sohn", sagt eine Mutter erregt. Wenn man rücksichtslose Autofahrer auf ihr Verhalten anspreche, so hat es eine andere Mutter erlebt, "wird man angepöbelt".

Nymphenburg: Schnell, schnell, eine Lücke: Morgens geht es vor der Grundschule und dem Förderzentrum oft zu wie auf einer Hauptverkehrsstraße.

Schnell, schnell, eine Lücke: Morgens geht es vor der Grundschule und dem Förderzentrum oft zu wie auf einer Hauptverkehrsstraße.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Schuld an der gefährlichen Situation "sind aber nicht nur unsere bösen Eltern", das ist der Grundschulrektorin Nina Schäfer zu erwähnen wichtig. Ein Teil des Problems allerdings ist hausgemacht: Schon als die neue Grundschule 2012 eröffnete, beobachteten Vertreter der Abteilung Verkehrsmanagement im Kreisverwaltungsreferat einige Tage lang den Verkehr und konstatierten "teilweise chaotische Situationen" und "gravierendes Fehlverhalten" von Autofahrern. Ein Schülerlotse musste an der Margarethe-Danzi-Straße postiert werden - um die zu Fuß gehenden Kinder vor jenen Eltern zu schützen, die ihre Kinder mit dem Auto chauffieren. Von diesem bisschen Sicherheit ist inzwischen auch nur noch das entsprechende Schild übrig, schon im vergangenen Schuljahr und auch heuer gelang es nicht, einen Schulweghelfer oder eine Schulweghelferin zu finden.

Regelmäßig appelliert Rektorin Schäfer daher an die Eltern, die Kinder bitte nicht mit dem Auto zu bringen. Die Grundschule nimmt auch am "Bus-mit-Füßen"-Projekt von Green City teil: Die Kinder kommen gemeinsam in kleinen Gruppen zu Fuß, begleitet von einem Elternteil. Manche Eltern zeigten sich mittlerweile einsichtig, meint die Rektorin, aber selbst die weniger einsichtigen überlegten sich den Chauffeursdienst inzwischen zweimal, "wenn sie hier erst einmal festgesteckt sind und selbst zu spät zur Arbeit kamen". Denn mit der Eröffnung des Mathilde-Eller-Förderzentrums im September 2016 und seinem Bringdienst hat sich die Lage deutlich verschärft, verkeilen sich am Morgen all die Gefährte schon mal so, dass keiner mehr vorankommt.

"Es ist ein ganz großes Problem", bestätigt Ulrike Stöger, Rektorin der Mathilde-Eller-Schule, zum Sündenbock will sie sich aber nicht stempeln lassen. Das Personal des Förderzentrums kann die Kinder erst von 7.45 Uhr an übernehmen, "früher geht's nicht". Die Busfahrer hätten die Anweisung, nicht früher zu kommen, ebenso die Anweisung, nicht die Gehwege zu blockieren: "Ich hab' das gerade nochmal in einem Brief an die Firmen angemahnt." Aber bei Anfahrten aus allen Ecken der Stadt und nicht immer berechenbaren Verkehrslagen sei es schwierig, die Ankunft auf die Minute zu timen. Außerdem habe die Stadt fünf bis sechs verschiedene Unternehmen mit den Transporten beauftragt. Mit einer einzigen Firma als Ansprechpartner wäre es einfacher, meint sie.

Nymphenburg: Kreuz und quer suchen die Fahrer nach einer Stelle, an der sie kurz in der Nähe der Schulen halten können.

Kreuz und quer suchen die Fahrer nach einer Stelle, an der sie kurz in der Nähe der Schulen halten können.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

"Die Stadt muss sich unbedingt etwas überlegen", fordert Nina Schäfer. Sie und Ulrike Stöger hätten schon einen Vorschlag: Wenn man die Parkbuchten an der einen Straßenseite, vom Schulcampus zum ESV-Gebäude hin, morgens zwischen 7.30 und 8 Uhr als Kurzparkzone ausweise, "dann könnten die Kleinbusse dort warten anstatt in zweiter Reihe". Dann blockierten sie auch nicht mehr die Straße. Zusätzlich brauche es "unbedingt einen Zebrastreifen, besser noch eine Ampel" vor der Grundschule. Das Kreisverwaltungsreferat hat zwar bereits 2012 erklärt, die zu geringen Verkehrszahlen und die Lage in einer Tempo-30-Zone ließen keinen Zebrastreifen zu. Doch Nina Schäfer findet, hier werde mit dem falschen Kriterium gearbeitet: Entscheidend dürfe nicht die Zahl der Autos sein, "sondern die Zahl der Kinder, die diese Straße täglich queren müssen". Und das sind nicht nur 407 Grundschulkinder, sondern auch die Kleinen der Kindertagesstätte gegenüber, sowie all jene, die zum Sportunterricht oder nachmittags zum Vereinssport zum ESV kommen.

Wenn, wie in der ersten Woche dieses Schuljahrs, täglich eine Polizistin an der Margarethe-Danzi-Straße postiert ist, herrscht leidlich Disziplin. Das hat sich gezeigt. Sobald die Polizei nicht da ist, wird es wieder schlimmer. Dauerhaft dort für Ordnung zu sorgen, "das bewältigen wir personell nicht", erklärt Johann Zinkl, stellvertretender Leiter der Neuhauser Inspektion. Die Polizei will nun zusammen mit dem Schulreferat Lösungen suchen, auch der Bezirksausschuss hat sich eingeschaltet.

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