Nur noch kurz den Schwung retten:Keine Gnade

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Müller beim VIP-Golfen mit Martin Kaymer und Tim Bendzko

Müsliriegel? Energie-Gel? Thomas Müller beißt in die Wurstsemmel, so schaut's aus am Mittwochmorgen. Dass der Urbayer aus Pähl gleich mit einem der weltbesten Golfer 18 Bahnen spielt und er den Magen mit leichter Kost füllen sollte, ist ihm egal. Es ist kurz vor neun Uhr auf dem Platz in Eichenried, Gruppe 6 steht an Abschlag eins, eine illustre Promi-Auswahl: Müller, dessen Beine in flattrigen Shorts noch steckerlhafter wirken. Martin Kaymer, zweimaliger Majorsieger. Stefan Kretzschmar, früherer Handball-Gott. Tim Bendzko, Schmachthiphopper. Jeder haut drauf, die Vier marschieren los, 60 Zuschauer hinterher, und Müller sagt zu Kaymer: "Warte, bis die ersten drei Löcher vorbei sind. Ich hab' einige Witze vorbereitet."

Leider kriegt man sie nicht mit, Medien dürfen dann nicht mehr nah mitmarschieren. Macht nichts, ist auch so interessant. Müller, der Weltmeister, der lässigste Profi des FC Bayern, der in der Fußballsommerpause mindestens eine Pressekonferenz pro Woche geben sollte, um die Müller-Süchtigen zu beruhigen, er ist ja ein echt guter Golfer geworden. "Respekt, ein klasse Schwung", sagt Korbinian Kofler, der Geschäftsführer des GC Eichenried; dort starten an diesem Donnerstag die BMW International Open. "Viele Fußballer golfen", weiß Kofler, "aber Müller ist vorne dabei." Handicap 6 hat er, für den Par-72-Kurs benötigt er im Idealfall 78 Schläge. "Was für ein Scheiß-Chip", entfährt es Müller gleich beim dritten Schlag. So schaut's mit seinem Spiel leider heute aus. Andererseits, wie demokratisch ist dieser Sport, der vor VIPs keine Gnade kennt. "Der Druck mit Publikum ist schon anders", scherzt Kretzschmar, "als wenn man mit drei Kumpels ums Bier zockt." Spaß hat er trotzdem, mehr als Bendzko, der nicht die Welt, sondern seinen Schwung zu retten versucht. Kretzschmar schaut sich dessen Kampf heiter an, ein netter Anblick, wie der Schrank so dasteht, bekleidet mit einem Hemd seiner eigenen Mode-Kollektion "Holy Shot" - auf dem Rücken prangt ein Totenkopf, und Bendzko schwitzt. Prima.

Nach fünf Stunden trudelt die Gruppe ein, "ich konnte nicht viel beitragen", gibt sich Müller geständig. Kaymer zeigt Verständnis, er meint, so sei das außerhalb der Komfortzone. Er würde auch vor 70 000 Fans den Elfer verpatzen. Mag sein. Trotzdem muss festgehalten werden: Sollte Müller noch mal Witze unter Verschluss halten, kann er sich sein Handicap auf die Semmel schmieren. So schaut's aus.

© SZ vom 25.06.2015 / klef - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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