NullAchtNeun:Draußen ist drin

Poldi war schon raus beim FC Bayern, bevor er überhaupt jemals drin gewesen war. Typisch für die Münchner!

Harald Hordych

Jetzt, da Poldi gerade in Asien Fußball spielt, fallen einem die SpVgg Unterhaching, die Olympischen Winterspiele 2018 und die Europawahlen am 7. Juni ein. Das klingt nach schwerer Bewusstseinseintrübung. Die hat aber nichts mit Biergartenbesuchen zu tun, denn in München passt alles zusammen. Hier ist drin, was woanders draußen wäre.

NullAchtNeun: Wenn was schlecht läuft, sind die Münchner schnell wieder raus: Das musste auch "Poldi" erleben.

Wenn was schlecht läuft, sind die Münchner schnell wieder raus: Das musste auch "Poldi" erleben.

(Foto: Foto: AP)

Hier hat sich die Fähigkeit zum hemmungslosen Vereinnahmen enorm ausgebildet - immer mit Blick darauf, ob eine Sache gut oder schlecht läuft. Sonst ist man nämlich schnell wieder raus.

So ist Fußball, würde Lukas Podolski, der Noch-aber-nie-richtig-Münchner jetzt sagen. Als Podolski 2006 erst seit ein paar Monaten für den FC Bayern München spielte, lief er nach langer Verletzungspause einmal für die Regionalliga-Mannschaft Bayern II auf.

Es war nicht lange her, da war er zum besten Nachwuchsspieler der Fußball-Weltmeisterschaft gewählt worden, und nun trat er in Unterhaching auf. Eine Sensation! Aber keine gute, denn Podolski war wirklich noch nicht in Form. Da raunzte der Sitznachbar, was sie denn mit dem wollten, der könne ja gar nichts. Hätte er schon immer gewusst.

Poldi war also schon raus, bevor er überhaupt jemals drin gewesen war, beim FC BayernI. Aber wir sind uns sicher, wenn es was geworden wäre mit Poldi, dann wäre "Podolski" zum Alt-Münchner Namen erklärt worden und der Kölner Eigelstein zum Münchner Stadtteil.

So war es ja auch mit Unterhaching. Als die noch Bundesliga spielten, protestierte in München keiner, wenn es hieß, die Stadt habe drei Bundesliga-Teams. Dass Unterhaching so wenig zu München gehört wie der älteste Promi-Stadtteil Grünwald oder der TSV Haar, Heimat-Klub der Münchner Torwartlegende Sepp Maier? Ach, passt schon. Nur nicht kleinlich denken. Aber wehe, es passt nicht. Dachau ist Dachau. Und liegt wegen KZ-Vergangenheit 100 Kilometer von München entfernt.

Deshalb muss man mal sehen, wie es mit der Bewerbung 2018 ausgehen wird. Noch bildet München eine feste Verwaltungseinheit mit Garmisch-Partenkirchen und Schönau am Königssee, unseren südlichsten Stadtteilen. Wenn die Spiele ergattert und dann noch das ersehnte Fest werden, ist Olympia nach Hause, nach München, gekommen. Wenn nicht, na ja, Garmisch liegt 100 Kilometer vom Marienplatz entfernt. Das konnte ja sowieso nichts werden.

Und die Europawahl? München braucht Bayern, und es braucht die CSU. Weil Munich alles beherbergt, was schön am Bayerischen ist, und konsequent nichts von dem verkörpert, wofür die CSU steht. Wenn die CSU aber weiter verliert, dann wird Bayern irgendwann ein politisch unübersichtliches Bundesland wie jedes andere.

Dann muss sich München was Neues einfallen lassen, wie es weiter die Insel der liberalen Glückseligen sein kann. Eine Insel, mindestens so groß wie die Welt, die hier hineinpasst - aber nur, wenn alles passt.

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