NullAchtNeun:Der Zirkus um den Circus

Elefanten, keine Flüchtlinge: Das Kreisverwaltungsreferat wacht nach dem Verdacht auf Tierquälerei mit Argusaugen über die Elefanten im Circus Krone.

Karl Forster

Es hob zum Jahresende ein gewaltiges Rauschen an im deutschen Blätterwald. Die Empörung schlug sich Bahn in riesigen Lettern. Von schlimmen Zuständen war die Rede und von Strafe, die nun folgen müsse angesichts dieser tierunwürdigen Umstände. Tierunwürdig? Genau. Dieses Wort musste erst konstruiert werden, um dem inkriminierten Sachverhalt gerecht zu werden.

Elefanten im Circus Krone

Tierunwürdig? München sorgt sich um die Elefanten im Circus Krone.

(Foto: Foto: dpa)

Ging und geht es doch noch um die Art und Weise, wie der fast allseits geschätzte Circus Krone mit seinen Tieren umgeht. Vor allem, wenn er auf Reisen ist. Von viel zu kleinen Boxen ist da die Rede, in denen Pferd und Elefant hausen müssten. Davon, dass die Elefanten Spuren von Fesseln an den Füßen hätten und vom so genannten Weben, dass sie also vor lauter Verzweiflung Kopf und Hals rhythmisch hin und her bewegten, was zugegebenermaßen wirklich den Anschein heftiger Verzweiflung weckt. Der Circus Krone nun macht sich, konfrontiert mit den Vorwürfen, eine tierische List zu eigen, nämlich die des Vogel Strauß, und steckt den Kopf in den Sand respektive in den Dung der Pferde und Elefanten und sagt gar nichts.

Ob das Unternehmen mit dieser Methode langfristig Erfolg hat, sei dahingestellt. Trotzdem sollte man, da nun schon mal Vorwürfe solcherart auf dem Tisch liegen, über den Zirkus um den Circus nachdenken. Zum Beispiel darüber, ob es wirklich zeitgemäß ist, das Volk mit elefantösen Handständen oder Pirouetten drehenden Pferden zu unterhalten. Ob es also prinzipiell tierwürdig ist, Hund, Wildkatz' oder welches Vieh auch immer dazu zu bringen, Dinge zu tun, die sie in freier Wildbahn nie und nimmer täten.

Schon weil es in der Serengeti oder in Amerikas Savannen keine brennenden Feuerreifen gibt. Geschweige denn Dompteure, die dazu auffordern, durch selbige zu springen. Es verlöre wohl auch der Elefant seinen Rang als König der Wildnis, machte er unterm Affenbrotbaum einen Handstand. Tiger, Schlange und selbst Hyäne lachten sich kaputt. Doch es ist halt das circensische am Zirkus, dass in der Manege Dinge passieren, die sonst nirgendwo passieren (außer bei der Konkurrenz). Dazu gehören eben Feuerreifen und Elefantenhandstand.

Natürlich zieht das Argument, in Zeiten eines Las-Vegas-erprobten Cirque du Soleil oder eines traumhaften kleinen französischen circensischen Märchens namens "Le Jardin" brauche man keinen Zirkus mehr mit Tieren, die sonderbare Dinge tun. Es reichen ja schon Menschen, die sich verbiegen oder auf Seilen herumtanzen. Doch zieht man den Vergleich zwischen dem Leben eines Zirkus-Elefanten und dem eines aus dem Zoo, hat der Manegen-Dickhäuter sicher ein weitaus spannenderes Leben als sein Kompagnon, der sich den lieben langen Tag von Menschen anstarren lassen muss, ohne zeigen zu können, was er alles kann, wenn's sein muss, auch einen Handstand.

Aber natürlich, das Ambiente sollte schon stimmen. Genügend Raum braucht das Tier tagsüber, um fit zu sein für den abendlichen Auftritt; und Fesseln machen auch keinen schlanken Fuß. Darüber wacht nun das Kreisverwaltungsreferat mit Argusaugen.

Übrigens: Es gab im nun ablaufenden Jahr auch ein paar Berichte über Menschen, die zu zehnt in einem winzigen Flüchtlingscontainer leben, gerne besucht von ein paar Ratten. Das Rauschen der Blätter darüber war kaum vernehmbar. Und es dauerte viele Monate, bis die Behörden zur Kenntnis nahmen, dass das Leben dieser Menschen nicht menschenwürdig ist. Geschweige denn tierwürdig. Sind ja keine Elefanten, nur Flüchtlinge.

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