NullAchtNeuen:Schweres Foul

"Heißt der Hoeneß eigentlich Höneß oder Hohneß?": Scharmützel zwischen unseren beiden Fußballklubs finden nun auch mit Mitteln der Linguistik statt.

Nadeschda Scharfenberg

Es sei hier an den Englischunterricht erinnert, und das nicht ohne Grausen. Thema: Aussprache. Genauer: die Wörter dough und tough. Im Schriftbild deckungsgleich, lautlich himmelweit auseinander. Deou (oder so ähnlich) versus taff. Und auch die "broad road" hat der deutschen Zunge schon so manchen Knoten beigebracht. Die Engländer, dieses Teetrinkervolk, haben doch nicht alle Tassen im Schrank!

NullAchtNeuen: Der FC Bayern München und TSV 1860 München 2008 bei einem Testspiel in der Allianz-Arena in München: Nun kämpfen sie auch verbal.

Der FC Bayern München und TSV 1860 München 2008 bei einem Testspiel in der Allianz-Arena in München: Nun kämpfen sie auch verbal.

(Foto: Foto: dpa)

Wir Deutschen aber auch nicht. Da gibt es hui und pfui, Juist und Duisburg. Moers, Soest und Oer-Erkenschwick. Und natürlich Uli Hoeneß, der sich nach landläufiger Meinung Höneß spricht. Oder doch nicht? Unversehens findet sich der pater familias des FC Bayern im Mittelpunkt linguistischer Debatten wieder.

Für gewöhnlich achten die Protagonisten des Kicksports ja eher selten auf sprachliche Feinheiten ("Die Sache wird hochsterilisiert"), aber seit bei manchen Vereinen Redegewandtheit das allerwichtigste Einstellungskriterium für gehobene Posten ist, wird es selbst bei den Fußballern bisweilen akademisch.

Der TSV 1860, gernegroßer Stadtrivale des gernegrößeren FC Bayern, hat jüngst einen solchen Wortkünstler zum Geschäftsführer ernannt; bis vor kurzem noch vermarktete eben jener Herr Stoffers Uhren, jetzt soll er mit wolkigem Wortallerlei von geplatzten Investments und zankenden Gremien ablenken.

Stoffers hat nun also die lebenswichtige Frage aufgeworfen: "Heißt der Hoeneß eigentlich Höneß oder Hohneß?" Bei dem e nach dem o könnte es sich schließlich auch um ein westfälisches Dehnungs-e handeln. "Coesfeld", so Stoffers, "spricht man ja auch Cohsfeld aus." Ausgerechnet Coesfeld! Das waren doch die mit den misshandelten Rekruten in der Kaserne...

Es hat ja immer schon allerlei Scharmützel gegeben zwischen unseren beiden Fußballklubs, und am besten war es, als diese noch auf dem Rasen stattfanden. 1968 zum Beispiel, als die Löwen 3:2 gewannen und Stürmer Bubi Bründl den großen Kaiser Franz gleich mehrfach tunnelte.

Oder 1977: Kalle Rummenigge watschte seinen Gegenspieler Beppo Hofeditz, flog vom Platz - und Bayern verlor. Unvergessen auch die Saison 1999/2000, als die Blauen die Roten in beiden Derbys schlugen. Und schließlich das bayerische 5:1 am 13. Oktober 2001, das den kauzigen Trainer Lorant mit der schlohweißen Föhnfrisur nach neun Jahren aus dem Amt kegelte.

Tempi passati, leider spielen Löwen und Bayern nicht mehr in derselben Liga. Was bleibt, sind Verbalfouls abseits des Rasens, Wortstudio statt Sportstudio. Um Herz&Kommerz ist es dabei schon so oft gegangen, dass der Namensstreit willkommene Abwechslung bringt. Dehnungs-e, westfälisches - was für eine Beleidigung!

Zurück zur Linguistik, zu dough und tough, zu Moers und Coesfeld, zu Hoeneß und den Loewen. Es ist nämlich so, dass nicht nur Engländer und Westfalen unter Aussprechverwirrung leiden. Der Bayer ist auch nicht ganz frei von Vokalschwurbelei. Bei uns gibt es, bayerische Sprache, schwere Sprache, den Herrn Pointner und die Gemeinde Poing. Welche Pointe!

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