Null Acht Neun:Entspannen mit Bruno

Orang-Utan im Münchner Tierpark Hellabrunn, 2016

Orang-Utan im Münchner Tierpark Hellabrunn, 2016 Ein Orang-Utan im Tierpark Hellabrunn in München.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Da stehen sie sich gegenüber: der Zoo-Besucher und der Orang-Utan. Der Chefaffe wirkt manches Mal müde und er hat so seine Zipperlein. Auch das erinnert an die menschlichen Männer dieses Alters

Kolumne von Christian Mayer

Am Wochenende gibt es keinen besseren Ort für leicht übermüdete Münchner Väter als das Orang-Utan-Haus im Tierpark Hellabrunn samt der fabelhaften neuen Außenanlage. Allein schon der kurze Weg dorthin, vorbei an den fest mit einem Bein auf dem Boden der Realität stehenden Flamingos, ist dermaßen entspannend, dass man sich das Yoga-Studio glatt schenken kann. Wenn man dann der achtjährigen Tochter noch den obligatorischen Pfannkuchen gekauft hat, fällt die ganze Last des Lebens von einem ab, man freut sich gemeinsam auf die alten und die jungen Affen, auf die aufgeweckten und die ermatteten, auf die faulen und die fleißigen.

Es ist ein freudiges Wiedersehen, obwohl man nie so genau weiß, ob Bruno überhaupt registriert, dass man wieder da ist. Bruno ist ja auch Jahrgang 1969, also ein Altersgenosse, der als Orang-Utan-Baby sicher irgendwie mitbekommen haben muss, wie die Amerikaner in jenem Sommer zum Mond flogen. Manchmal wirkt er ein wenig müde, nahezu teilnahmslos, bevor er sich dann wieder machomäßig aufmandelt; aber der Gute leidet ja nach seinem Herzinfarkt weiter unter Kreislaufproblemen und hatte eine ziemlich heftige Zahnwurzelbehandlung.

Man kennt solche Krankheitsgeschichten aus dem Bekanntenkreis: Männer, die so was hinter sich haben, sind irgendwie nicht mehr ganz so verwegen wie früher. Verständlich, dass Bruno sich mal hängen lässt. Wer wie er schon dreißig Mal Vater geworden ist, was allerdings noch vor den Zeiten von "Me Too" war, muss auch nicht mehr unbedingt mit seinem Hüftschwung glänzen.

Wenn der Chefaffe in Lethargie verfällt, müssen sich eben Quentin, Quinn und Ronda um das Bespaßungsprogramm kümmern. Quentin, Quinn und Ronda haben die sieben Jahre älteren Isalie und Jolie in der Gunst des Publikums verdrängt, denn die Besucher wollen ja vor allem möglichst kleine und drollige Menschenaffenkinder dabei beobachten, wie sie als geborene Anarchisten die Welt auf den Kopf stellen oder auch den Kopf auf die Welt.

Die Orang-Utan-Kinder haben allerdings auch keine Smartphones zur Hand, die unaufhörlich von außen auf sie gerichtet werden. So können sie noch vollkommen selbstvergessen mit ihren Seilen, Tennisbällen und anderen pädagogisch wertvollen Spielgeräten herumtollen. Quentin, Quinn und Ronda sind glückliche Geschöpfe der analogen Wirklichkeit und gerade deshalb so bewundernswert. Ganz ohne Erziehungsberatung und ADHS-Diagnose.

Im Tierpark Hellabrunn muss man manchmal auch an den Pumuckl denken, der ja in einer Folge auch mal den Zoo besuchte, was katastrophal schiefging. Seine Aufsichtsperson, der vom gemütlichen Gustl Bayrhammer gespielte Meister Eder, trank nämlich zwei Mass im Wirtsgarten des Zoos, woraufhin er selig einschlummerte und der Pumuckl beinahe im Tiger-Gehege draufging. So was wird den Münchner Vätern heute nicht mehr passieren, für sie gibt es jetzt das neue Café Pongo gleich bei den Orang-Utans. Statt einer Halben trinken wir dort natürlich einen Cappuccino. Damit wir schnell wieder hellwach sind.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: