Null Acht Neun:Ein Double für den Sommertrubel

In Sachen Freizeitstress ist der Juli sozusagen der Advent des Sommers - man ist fast versucht, sich eine Sommergrippe herbeizuwünschen, um in Ruhe dem August entgegenzufiebern

Von Andreas Schubert

Die typische erste Jahreshälfte in München sieht für viele etwa so aus: Skifahren im Januar, Ostern die fernen Verwandten besuchen, bevor es Pfingsten an den Gardasee geht. Das sind Routinen, die sich über die Jahre so eingespielt haben und die sehr erholsam sind. Doch die Erholung braucht es dann auch ganz dringend, denn was danach kommt, ist in Sachen Freizeitstress sozusagen der Advent des Sommers. Wie alle Jahre wieder schaffen es Münchens Eventmacher, möglichst viele Termine zwischen Pfingst- und Sommerferien zu quetschen, vor allem in den Juli. Darfs vielleicht ein Klassik-Open-Air sein? Oder Open-Air-Kino, ein Rockfestival, ein Open-Air-Theater oder ein Open-Air-was-auch-immer? Vielleicht auch mal zu den Opernfestspielen oder aufs Tollwood. An Angebot mangelt es wahrlich nicht in diesen Wochen bis zum August, in dem sie dann wieder die Bürgersteige hochklappen. Wer davon möglichst wenig verpassen will, kommt ohne persönlichen Eventmanager fast nicht mehr aus.

Dann gibt es natürlich noch all die präferialen Verpflichtungen, für die man am liebsten ein Double engagieren würde: Elterngrillen in der Kita, Elternflohmarkt in der Schule, die Theateraufführung der Tochter, das Sommerfußballturnier des Sohnes und und und. Besonders beliebt sind natürlich auch die Schul-Projekttage, auf die Kids wie Eltern nur leidlich Lust haben und die in etwa so viel Spaß machen wie eine Sommergrippe.

Weil das des Wahnsinns nicht genug ist, sagt sich natürlich regelmäßig Besuch an. "Ihr habt's es ja so schee in Minga", heißt es - und wenn man dann abends völlig erledigt von der Arbeit heimkommt, wollen die vom Ausflug in die Berge oder zum Starnberger See gechillten und braun gebrannten Gäste natürlich noch in den Bier- oder Englischen Garten oder beides gleichzeitig, zum Flauchergrillen und zum Gärtnerplatzbierchen. So Dinge halt, wie sie immer in einschlägigen Internetlisten stehen, die "13-Dinge-die-man-in-München-erlebt-haben-muss" oder so ähnlich heißen. Der Gast kann ja am nächsten Tag ausschlafen.

Und wir? Wir wünschen uns insgeheim die Sommergrippe herbei. Da könnten wir wenigstens in Ruhe im Bett dem August entgegenfiebern - der wirklich staden Zeit des Jahres.

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