NSU-Prozess in München:Gericht wird zur Festung

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Am 17. April beginnt in München der NSU-Prozess. Rund um das Gericht in der Nymphenburger Straße stehen bereits 600 Halteverbotsschilder. Auch Straßen werden immer wieder gesperrt. Und die Polizei rüstet sich für einen Einsatz auf "sehr hoher Sicherheitsstufe".

Von Christian Rost

Der Ausbau des Strafjustizzentrums zu einer Festung ist in vollem Gange: Zum NSU-Prozess, der am 17. April vor dem Oberlandesgericht München beginnt, hat das Kreisverwaltungsreferat 600 Halteverbotschilder rund um das Gerichtsgebäude installiert.

Auch die Polizei rüstet sich für einen Einsatz auf "sehr hoher Sicherheitsstufe". Mehrere hundert Beamte werden das Verfahren gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte absichern. Der Sicherheitsaufwand sei mindestens so groß wie bei der jährlichen Sicherheitskonferenz, so das Polizeipräsidium.

Die Kritik am Akkreditierungsverfahren für den Mammutprozess reißt nicht ab. Das Oberlandesgericht will Medienvertretern und politischen Beobachtern aus der Türkei nach wie vor keine festen Plätze im für dieses Verfahren zu kleinen Verhandlungssaal zusichern. Gegen die umstrittene Praxis der Platzvergabe sind Verfassungsbeschwerden anhängig.

Unabhängig davon bereitet die Polizei ihren Großeinsatz vor, der am Samstag, 13. April, mit der Demonstration "Gegen staatlichen und alltäglichen Rassismus" beginnt. Mitglieder von 200 Gruppen, Initiativen und Verbänden aus dem gesamten Bundesgebiet wollen bei einem Protestzug durch die Innenstadt der Opfer des NSU gedenken und ein Zeichen gegen rechte Gewalt setzen.

Die Demonstration soll auch am Gericht an der Nymphenburger Straße vorbeiführen. Auftakt ist am Samstag um 13 Uhr am Stachus. Mit weiteren spontanen Kundgebungen, auch direkt vor dem Gerichtsgebäude, rechnet die Polizei vor allem an den ersten Verhandlungstagen.

Wenn höchste Alarmstufe herrscht

Vom Montag, 15. April, an riegeln Beamte das Strafjustizzentrum für den Prozess ab. Umfangreiche Halteverbotzonen um das Gebäude sollen einerseits Platz schaffen für die Fahrzeuge der Fernseh- und Rundfunksender, die vom Prozessgeschehen berichten. Außerdem sollen Zufahrtswege für die Nebenkläger frei gehalten werden.

Wegen eines möglichen Anschlagszenarios werden keine parkenden Autos in der Nähe des Gerichts geduldet. Selbst Radwege werden gesperrt. Gerüchte um einen vom Magazin Focus vermeldeten Anschlagsplan während des Prozesses kommentierte das Polizeipräsidium nicht.

Die Parkverbote im St.-Benno-Viertel gelten zunächst unbegrenzt, wobei Anwohner ersatzweise 125 Parkplätze in umliegenden Straßen nützen können. Die Anwohner werden von der Stadt noch mit Flyern über die Regelungen informiert. Pendler, die die Nymphenburger Straße auf dem Weg zur Arbeit und zurück befahren, sollten sich zumindest während der ersten Prozesstage eine Ausweichroute suchen oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen, so Polizeisprecher Reinhold Bergmann. Zum Transport von Zschäpe und den Mitangeklagten vom Untersuchungsgefängnis Stadelheim zum Gerichtsgebäude wird die Polizei Straßenabschnitte immer wieder kurzzeitig komplett sperren.

Wie brenzlig die Situation werden kann, wenn höchste Alarmstufe am Strafjustizzentrum herrscht, war zuletzt 2005 zu beobachten. Im Prozess gegen einen Unterstützer der Terrororganisation Ansar al-Islam am Oberlandesgericht gab es einen Unfall. Der gepanzerte Transporter, der den Angeklagten zur Verhandlung bringen sollte, schleuderte bei hohem Tempo an einer Zufahrtsstraße zum Gericht in die Hecke eines Wirtsgartens und blieb liegen. Der Angeklagte wurde anschließend von Spezialkräften aus dem Fahrzeug gezerrt und in einen Ersatzwagen umgeladen.

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