NS-Dokumentationszentrum:Der Bau ist besiegelt

Vertreter von Bund, Land und Stadt signieren einen Vertrag zur Zusammenarbeit - ein entscheidender Schritt für die Realisierung des Zentrums.

Alfred Dürr

Die letzten Hürden zum Bau eines Dokumentationszentrums über die Zeit des Nationalsozialismus sind aus dem Weg geräumt. Kulturstaatsminister Bernd Neumann, Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude unterzeichneten gestern im Rathaus eine Vereinbarung, die die Zusammenarbeit zwischen Land, Bund und Stadt regelt.

NS-Dokumentationszentrum: Der schlichte weiße Würfel soll einen deutlichen Kontrast zu den Nazibauten in der Nachbarschaft bilden.

Der schlichte weiße Würfel soll einen deutlichen Kontrast zu den Nazibauten in der Nachbarschaft bilden.

(Foto: Foto: oh)

Informell besteht die Einigung schon länger. Aber nun hat man es schwarz auf weiß, wie die Kooperation aussehen soll. Im März war das Ergebnis des Architektenwettbewerbs verkündet worden. Errichtet wird ein Bau in der Form eines schlichten weißen Würfels. Außerdem ist mit Irmtrud Wojak die Gründungsdirektorin schon im Amt.

In dem Papier verpflichten sich die Beteiligten, die Kosten in Höhe von 28,2 Millionen Euro für die Planung und Errichtung des Zentrums auf dem Areal des ehemaligen "Braunen Hauses" an der Brienner Straße - also der Zentrale der Nazi-Partei Deutschlands - zu gleichen Teilen zu tragen. Für etwaige Mehrkosten muss die Stadt aufkommen. Ist das Haus fertig, liegen Unterhalt und Betrieb ebenfalls bei der Stadt.

Steinig und mühsam war der Weg zum Bau des Doku-Zentrums. Immer wieder hatte es zwischen den an dem Projekt beteiligten Vertretern von Bund, Land und Stadt Reibereien gegeben. Es ging um den Standort des Zentrums und auch um inhaltliche Fragen. Zuletzt waren die Schwierigkeiten vor allem finanzieller Art: Berlin hatte die Förderwürdigkeit des Projekts in Frage gestellt. Es ging unter anderem um Richtlinien, die sich nur auf "Opfer-Orte" bezögen und nicht auf Gedenkstätten, die sich auch mit den Tätern auseinandersetzten. Doch auch dieses Problem wurde letztlich geklärt.

Besser spät als nie

Bei der feierlichen Unterzeichnung des Vertrags wurde deutlich, wie sehr das Projekt damals auf der Kippe gestanden hatte. Vor allem der frühere Finanzminister und jetzige Vorsitzende des Kuratoriums für das Dokumentationszentrum, Theo Waigel, habe engagiert für das Vorhaben gekämpft, sagte Kulturstaatsminister Neumann: "Ohne ihn wäre es schwierig geworden."

Aber auch der von Bürgern getragene Initiativkreis habe nie lockergelassen. OB Ude wies darauf hin, dass neben Waigel auch Alt-OB Hans-Jochen Vogel und Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, zu den wichtigen Wegbereitern gehörten.

Ude erhob bei dem Festakt die deutliche Forderung, dass gerade die besondere Rolle Münchens als sogenannte Hauptstadt der Bewegung beim Aufstieg der Nazis herausgestellt werden müsse: "Die Stadt braucht ein Zentrum als Ort der Dokumentation und Erforschung der Geschichte." Auch stelle sich die Frage, wie Land und Stadt nach 1945 mit der NS-Vergangenheit umgegangen sind.

"Dies ist ein besonderer Tag für die Aufarbeitung der Geschichte in München und für die Erinnerungskultur in ganz Deutschland", sagte Kulturstaatsminister Neumann. Das Zentrum komme spät, "aber es ist nie zu spät". Es gebe immer noch ein Verdrängen und Wegsehen bei der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, aber viele Menschen interessierten sich auch für die Geschichte.

Dieses Interesse will Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle fördern. Dazu müsse man sich "offensiv mit dem Nationalsozialismus und seinen Wurzeln befassen". Notwendig sei eine enge Zusammenarbeit mit den KZ-Gedenkstätten in Dachau und Flossenbürg.

Die Bauarbeiten für das Münchner Zentrum sollen Anfang 2011 beginnen und 2013 abgeschlossen sein.

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