Nockherberg-Spätfolgen:Starkes Bier und schwache Nerven

Dieter Hanitzsch für MRB-Forum 21.3.2016

Es gäb' da ja noch einen ganz anderen Ausweg...

(Foto: Dieter Hanitzsch)

Barbara Stamms und Emilia Müllers Boykott provoziert Spötter

"Stamms Boykott" vom 16. März und "Das Fass ist übergelaufen" vom 17. März:

Sollte ein Platz frei geworden sein ...

Sehr geehrter Herr Steinfatt, nachdem ich erfahren hatte, dass zwei prominente Plätze auf dem Nockherberg 2017 frei bleiben werden, möchte ich mich für einen davon bewerben (gerne auch für eine Hinterbank!). Ich bin mit dem "Derblecken" sozialisiert worden; in meiner Kindheit habe ich schon die Krönung von Franz Josef Strauß erleben dürfen beziehungsweise müssen. Dieses jährliche Ereignis hat mich so geprägt, dass ich Politikwissenschaften studiert habe, nach Giesing gezogen und später Sozialkundelehrerin in München geworden bin. Diesen Beruf übe ich seit nunmehr 20 Jahren aus. Der Kampf gegen die Politikverdrossenheit junger Menschen ist, wie Sie wissen, mit den Jahren nicht einfacher geworden. Als Beamtin bin ich ja verpflichtet, diese oder jene "Merkwürdigkeit" zu erklären, obwohl mir eigentlich selbst die Galle hochkommt! Didaktisch profitiere ich sehr vom "Nockherberg", weil das Derblecken meiner Meinung nach oft die einzige Waffe des Wählers beziehungsweise der Wählerin ist angesichts der Ohnmacht, die bayerische Mehrheitsverhältnisse und andere bundespolitische Alternativlosigkeiten schaffen.

Wenn ich auch Frau Barbara Stamm als Landtagspräsidentin schätze, so finde ich ihre Reaktion diesmal übertrieben. Frauen müssen ständig einstecken und können das, auch Ilse Aigner. Die hat schon ganz andere Watsch'n hinnehmen müssen als die von Luise Kinseher. Und die wünscht sich doch auch keinen Söder als künftigen Ministerpräsidenten - oder will die Frauen wieder am Herd sehen? So ein Schmarrn! Also ich wäre dabei, unprominent, politisch manchmal inkorrekt, aber als leidenschaftliche Starkbiertrinkerin! Salve pater patriae! Susanne Eder, München

Realsatire

Es ist sehr beruhigend, dass das Derblecken auf dem Nockherberg manche Politiker noch ins Mark treffen kann. In den letzten Jahren wurde das Spektakel doch von den PR-Strategen der Staatsregierung als Instrument der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt. Wer am lautesten geklatscht und am breitesten gegrinst hat, zeigte sich als vermeintlich leutseliger Volksvertreter. Man kann das auch als Zynismus interpretieren. Die Politiker wissen ganz genau, dass hinter der Ironie die bittere Wahrheit steckt. Doch sie ändern ihre Einstellung und ihr Handeln nicht. Auch Fastenpredigten à la Kinseher dienen dazu, das bisherige Verhalten zu ändern, wenn es dermaßen am ureigensten Auftrag vorbeigeht. Wer den Politbetrieb etwas genauer kennt, dem blieb beim Zuschauen in den letzten Jahren das Lachen im Halse stecken. Was insbesondere im Singspiel als heillos übertriebene Satire erscheint, ist in Wirklichkeit eine haarscharfe Dokumentation der realen Politik - ohne jede Übertreibung! Satire darf bekanntlich alles, nur so kann sich wenigstens etwas ändern. Wenn sich Politiker von den durch und durch zutreffenden Ausführungen Kinsehers getroffen fühlen, sollten sie schleunigst ihr Handeln überdenken und zu ihrem Kernauftrag zurückkehren, nämlich uneigennützig dem Land zu dienen. Thomas Gottfried, Freising

Erstaunlich dünnhäutig

Sie wissen aber schon, Frau Müller, dass das Spektakel am Nockherberg keine Kuschelveranstaltung ist, sondern Derblecken heißt. Ich hätte gar nicht gedacht, dass Sie so dünnhäutig sein können, wo Sie doch im Austeilen auch nicht gerade zimperlich sind, wie man bei Ihrem Besuch in der Ingolstädter Flüchtlingsunterkunft feststellen konnte. Luise Kinseher ist eine humorvolle, warmherzige, sympathische und empathische Mama Bavaria und darüber hinaus eine starke Frau, ganz im Gegensatz zu Ihnen. Man wird weder Sie, noch Barbara Stamm beim nächsten Derblecken am Nockherberg vermissen. Manfred Fischer, München

Eine Zumutung

Das Fass ist schon längst übergelaufen. Die naive Rolle der "Mama Bavaria" ist nicht nur eine Zumutung für die betroffenen Politiker, sondern auch für das Publikum. Das hat nichts mehr mit bayerischem Brauchtum zu tun. So primitiv wie diese Häme wirken, geht es nicht einmal an bayerischen Stammtischen zu. Damit setzt sich Bayern selbst in ein schlechtes Licht. Endlich hat von den Betroffenen jemand den Mut gehabt, darauf vernünftig zu reagieren. Ich hätte mir gewünscht, dass Herr Seehofer, dem man angesehen hat, dass er von der Rede nicht besonders begeistert war, sich schon vor Ort weniger zurückhaltend geäußert hätte. Als Bayer und Münchner hoffe ich, dass hier etwas geändert wird. Manfred Dettenhofer, Baldham

Beleidigte Leberwürste

Verehrte Landtagspräsidentin, verehrte Sozialministerin, Ihr Auftreten in der Presse als beleidigte Leberwürste irritiert mich doch ein bisschen. Ist es nicht so, dass jede Person des politischen Lebens, die auf den Nockherberg zum "Derblecken" geladen und auch noch dort von der Mama Bavaria erwähnt wird oder gar im Singspiel eine Rolle zugedacht bekommt, quasi einen Ritterschlag erhält? Je mehr über Sie geschimpft wird, desto mehr werden Sie auch vom Wahlvolk wahrgenommen, nach dem Motto "Viel Feind, viel Ehr". Diese Veranstaltung ist doch politisches Kabarett, zugegeben manchmal bairisch derb, aber nie irgendwie beleidigend. Andere Kabarettisten bei ähnlichen Veranstaltungen gehen mit Sicherheit nicht immer so schonend mit ihren "Kindern" um, wie es die Mama Bavaria getan hat. Zu den Einlassungen des Herrn Steinfatt kann ich nur sagen, dass er zu 99,5 Prozent recht hat. Wir als Zuschauer können uns mit dem Gedanken trösten, dass die Lücke sich mit Sicherheit rasch wieder füllen wird. Klaus Schonscheck, München

Sinnvoller Boykott

Die beiden Politikerinnen Barbara Stamm und Emilia Müller haben endlich den Mut, dem Nockherberg künftig fernzubleiben. Es wäre nicht verkehrt, wenn auch die übrige bayerische Politprominenz diese dämliche Veranstaltung boykottieren würde, um sich nicht ständig von dieser unverschämten Kabarettistin beleidigen und mit Schmutz bewerfen zu lassen. Die Verantwortlichen der Paulaner-Brauerei sollten sich lieber an die Ursprünge der Salvatorprobe erinnern und wenigstens dieses affige Singspiel streichen. Wenn überhaupt, wäre ein gemütlicher Mönch als Fastenprediger genug. Das Bayerische Fernsehen könnte dann die Sendezeit nutzbringender verwenden, anstatt zigmaliger Vorankündigung und mehrfacher Wiederholung dieses fragwürdigen Spektakels. Rudolf Kundörfer, München

"Pharisäer" für die Damen

Wenn noch mehr beleidigte CSU-Damen sich mit Landtagspräsidentin Stamm und Ministerin Müller solidarisieren, könnte man künftig ein "Fastenkaffeekränzchen" bei Dallmayr installieren, bei dem dann zum Beispiel eine emanzipierte bayerische Kabarettistin (ich denke da an Monika Gruber) als Bußpredigerin "Schwester Kati von Bora" nach Einstiegsmeditation die vom Politalltag und durch Bürgerunverständnis angekratzten Seelchen massiert. Statt Starkbier gäbe es "Pharisäer" oder Irish Coffee, und statt Butterbrezn Diät-Croissants. Leopold Mayer, Mistelgau

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