Nigin:Unter Freunden

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"Speisen wie der Groß-Mogul" soll der Gast laut Karte im Nigin. (Foto: Sara Zinnecker)

Der Gast soll das afghanische Restaurant Nigin als "Freund" verlassen. Das klappt auch, denn bei Freunden drückt man gern mal ein Auge zu.

Von Mirja Kuckuk

Wir sind willkommen. Das lesen wir Schwarz auf Gelb auf der gläsernen Eingangstür. "Welcome" steht dort in großen Lettern. Das Glas gibt den Blick frei auf einen überschaubaren Speiseraum, in warmem Dunkelrot gehalten, an den Wänden entlang Bänke gepolstert mit Kissen, verziert mit traditionellen Ornamenten. Es sieht heimelig aus. Wir öffnen die Tür, hektische Elektrobeats schlagen uns entgegen. Gespannt wie dieser Abend verlaufen wird, betreten wir das Nigin.

Afghanisches steht auf der Karte. "Speisen wie der Groß-Mogul" soll man hier. Der lebte im 16. Jahrhundert und hatte von Taliban, Russen, Amerikanern und Deutschen, die ihre Sicherheit verteidigen, nicht die blasseste Ahnung. Dafür speiste er ausschließlich frische Zutaten - so verrät es uns die Karte - am liebsten Huhn, Lamm, Auberginen, Kartoffeln und Spinat. Dazu Basmatireis, gebraten, mit Safran, Kardamom, Pistazien und bitteren Orangen verfeinert. All die Gerichte auf der Karte variieren diese Grundzutaten.

Impressionen aus dem Nigin
:Afghanisch ist bunt

So farbenreich wie die Einrichtung ist auch das Essen im "Nigin". In diesem Restaurant werden mehr Sinne angesprochen als nur die Geschmacksnerven.

Sara Zinnecker

Die Musik hat sich inzwischen in entspanntere Lounge-Klänge verwandelt, nachdem sich der Service hinter der Bar einig geworden war, dass die Beats irgendwie nicht ganz dem Publikum entsprechen: Mitte dreißig aufwärts, Pärchen, eine Gruppe von Freunden, Arbeitskollegen, die an der Sendlinger Straße schnell noch einkehren wollen.

Die Getränke sind bestellt - Afghanen trinken gerne Tee, schwarz oder grün, mit Ingwer und Kardamom oder frischer Minze. Auch die Speisen sind gewählt, doch die eigentlich freundliche Frau im Service antwortet auf unseren fragenden Blick nur mit: "Wenn die Getränke kommen!" Geduld also bei der Bestellung.

"Safran macht den Kuchen gel" heisst ein bekannter Kinderliedvers. In diesem Fall ist es der Kürbis der Vorspeise (4,50 Euro), dessen Orange sich tiefrot färbt. Der kräftige Safrangeschmack wird begleitet von einer schweren Süße. Ein Quark-Dip mit Dill sorgt für das Quentchen Frische dieser gelungenen Kreation. Dagegen fallen die frittierten Auberginenscheiben (3,50 Euro) etwas fade aus. Auch dass das Fladenbrot nicht hausgemacht ist, fällt bei dem Anspruch des Hauses, nur Frisches zu verwenden, auf. Wenigstens ist es knusprig aufgebacken.

Und es macht satt, denn bis zum Servieren der Hauptspeisen (Huhn mit Linsen und Backpflaumen für 13,50 Euro sowie gebratener Safran-Reis mit Spinat für 10,50 Euro) vergeht eine knappe halbe Stunde. In der Barecke ist das Personal gut beschäftigt - mit SMS tippen und Hunger stillen.

Der Blick auf die umliegenden Tische: fast überall leere Gläser. Aber unter Freunden drückt man gern ein Auge zu, lässt die Vorspeise nachwirken und die Vorfreude aufs Hauptgericht einfach noch ein bisschen wachsen.

Sie wird letztendlich auch nicht enttäuscht. Das Huhn ist zart, die Linsen geben die passende Würze. Der überraschend süße Basmatireis mit Safran, Orangen und Pistazien geht eine überzeugende Liaison mit dem scharfen Spinat ein.

Wir sind bei arabischen Disko-Charts angelangt, den Service bringen die Klänge allerdings nicht so recht in Schwung. Blickkontakt reicht nicht, um ihn zu erreichen. Schließlich können wir aber doch noch einen Blick in die Karte werfen, um die beiden gebotenen Desserts zu wählen. Sie verdienen nicht besonderer Erwähnung: Klassiker der arabischen Küche - süßer Pudding mit Pistazien und Kardamom sowie frittierte Milchbällchen in zuckriger Sauce (je drei Euro). Beides ordentlich gemacht.

Der Laden ist leer, als wir ihn an diesem Dienstagabend gegen 23 Uhr verlassen. Die Gäste, die gingen, wirkten alle satt und zufrieden. Wir sind es auch. Nur ob wir wirklich Freunde werden?

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