Neuperlach:Ungeschützt vor fremden Blicken

Die neue Flüchtlingsunterkunft an der Arnold-Sommerfeld-Straße ist eröffnet, was die Grünen ausdrücklich begrüßen. Zugleich kritisieren sie die Ausstattung der Leichtbauhalle und den Mangel an Privatsphäre

Von Hubert Grundner, Neuperlach

In einer Leichtbauhalle an der Arnold-Sommerfeld-Straße in Neuperlach Süd finden seit vergangenem Freitag, 5. Februar, circa 150 Flüchtlinge eine neue Bleibe. Guido Bucholtz, Mitglied der Grünen-Fraktion und Unterkunftsbeauftragter des Bezirksausschusses (BA) Ramersdorf-Perlach, ist nach eigener Aussage froh, dass damit endlich eine der zwei geplanten Unterkünfte in Neuperlach-Süd realisiert wurde. Bereits am vergangenen Donnerstag konnten sich Lokalpolitiker und Öffentlichkeit erstmals einen Eindruck von der Unterkunft verschaffen.

Äußerst enttäuscht äußert sich Bucholtz nach dem Rundgang in einer Mitteilung der Grünen allerdings über die Ausstattung der Unterkunft. Die Trennwände zwischen den einzelnen "Räumen" seien nur 1,60 Meter hoch. "Wir haben seitens des BA immer wieder darauf hingewiesen, dass der Sichtschutz wenigstens 1,80 Meter hoch sein muss, um ein Minimum an Privatsphäre zu ermöglichen", kritisiert Bucholtz. Verwunderlich sei auch, dass die Halle bezogen werde, obwohl die Klimatisierung beziehungsweise die Heizung noch nicht voll funktionstüchtig seien.

Arnold-Sommerfeld-Straße Leichtbauhalle Flüchtlinge Perlach Luftbild

Ein Zuhause auf Zeit: Die Halle an der Arnold-Sommerfeld-Straße im Neuperlacher Süden bietet Platz für gut 150 Flüchtlinge.

(Foto: privat)

Bei der offiziellen Besichtigung am 4. Februar hieß es, die Heißluft-Schläuche hätten noch nicht montiert werden können, und die Fertigstellung dauere noch. Guido Bucholtz, der auch stellvertretender Vorsitzender des Bürgergremiums ist, fürchtet, dass die Nachrüstung auf sich warten lassen werde. Vollkommen unverständlich ist es ihm zufolge, warum die Duschkabinen keinen durchgehenden Sichtschutz böten; selbst beim Duschen sei man fremden Blicken ausgesetzt. "Jeder weiß, wie wichtig Rückzugsorte gerade dort sind, wo aufgrund einer Notsituation viele Menschen auf engem Raum untergebracht werden müssen. Und die Menschen, die hierher kommen, bleiben ja nicht nur für wenige Tage. Einige werden Wochen und Monate ausharren müssen. In dieser Zeit ist es unsere Pflicht, wenigstens ein paar Mindeststandards für eine menschenwürdige Unterkunft einzuhalten", fordert Bucholtz im Namen der Grünen deshalb.

Zur Ausstattung sollte in den städtischen Unterkünften für Geflüchtete auch Wlan gehören. Zumindest sei das, so Bucholtz, den Lokalpolitikern vom Sozialreferat mehrfach zugesichert worden. Nun gebe es auf dem Gelände an der Arnold-Sommerfeld-Straße zwar Bürocontainer und dort wiederum Telefonanschlüsse, das Wlan sei aber stillschweigend gestrichen worden. Dabei wäre seine Installation technisch vollkommen unproblematisch. "Es scheint ausschließlich am Willen zu fehlen", heißt es in der Mitteilung der Grünen weiter. Außerdem wurde es ihnen zufolge versäumt, für die vorhandenen Metallspinde Schlösser anzuschaffen; auch das sollte als Beitrag zu mehr Privatsphäre unabdingbar sein. Bucholtz' Fazit: "Sämtliche genannten Mängel könnten mit geringem finanziellem Aufwand behoben werden. Wir leben in einer der reichsten Städte Deutschlands. Keiner von uns musste bisher wegen eines Flüchtlings Mangel leiden."

Arnold-Sommerfeld-Straße Leichtbauhalle Flüchtlinge Perlach Kabinen

Auf engstem Raum untergebracht: In der Halle stehen die Betten dicht an dicht.

(Foto: privat)

Die Betriebsdauer der Leichtbauhalle ist auf zwei Jahre befristet. Wohl auch wegen der von den Grünen kritisierten Bauweise sollen hier keine Frauen und Kinder untergebracht werden. Das ist zumindest der Kenntnisstand des BA-Vorsitzenden Thomas Kauer (CSU), der ebenfalls an dem Rundgang teilgenommen hat. Wie er erklärt, seien die 1,60 Meter hohen Trennwände dem Brandschutz geschuldet: Bei einem Feuer müssten die Rettungskräfte praktisch beim Durchlaufen erkennen können, ob sich noch jemand in den Wohnzellen aufhalte. Dass sich mancher in den Duschen mehr Sichtschutz wünscht, kann Kauer nachvollziehen. Überhaupt sei beim Bau der Halle ein "sehr, sehr spartanischer Standard" gewählt worden. Umso mehr lobt er die Mitglieder des Helferkreises, die sich sofort um die ankommenden Flüchtlinge gekümmert hätten. Neben der Leichtbauhalle soll noch in diesem Jahr eine Gemeinschaftsunterkunft für 160 Personen in Festbauweise entstehen.

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