Neuperlach:Sieg auf der ganzen Linie

GEWOFAG Bau von 327 Wohnungen an der Carl-Wery-Straße

Der Schein trügt: Die Fassade soll grau-weiß werden.Simulation: Maier.Neuberger.Architekten

Der Rechtsstreit gegen die Stadt und Gewofag endet in einem Vergleich - zugunsten der klagenden Anwohner. Ziel war es, das Maß der geplanten Bebauung an der Carl-Wery-Straße zurückzustutzen

Von Hubert Grundner, Neuperlach

Im Streit um das Gewofag-Bauprojekt an der Carl-Wery-Straße haben die Nachbarn jetzt einen großen Erfolg verbucht. Als solchen werten zumindest ihre Anwälte den Vergleich, der jetzt zwischen der von ihnen vertretenen klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) Curd-Jürgens-Straße 14 bis 34, den Einzelklägern, der Gewofag Wohnen GmbH und der Landeshauptstadt München erzielt worden ist.

Vorausgegangen war ein Gang durch die Instanzen, der die Kläger zuletzt bis vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geführt hatte. Parallel dazu hatten sie eine Petition an den bayerischen Landtag gerichtet. Beides hatte im Kern zum Ziel, das Maß der geplanten Bebauung zurückzustutzen. Wie die Rechtsanwaltskanzlei Schönefelder Ziegler Lehners jetzt mitteilte, fanden schließlich Ende Mai Gespräche mit der Gewofag und der Stadt bei einem Ortstermin des Petitionsausschusses des Landtags statt. Dabei betonten nach Angaben der Kläger-Anwälte sowohl die Vertreter der Regierung von Oberbayern als auch der Obersten Baubehörde, sie würden daran festhalten, dass die derzeitig geplante Realisierung einer achtstöckigen Bebauung in der Carl-Wery-Straße als objektiv-rechtswidrig anzusehen sei.

Damit wurde die Ansicht der Kläger, der WEG Curd-Jürgens-Straße 14 bis 34 als auch der Einzelkläger (Sondereigentümer), bestätigt, heißt es dazu in der Mitteilung der Kanzlei. Und weiter: "Nachdem sodann der bayerische Landtag damit drohte, über das Innenministerium die entsprechende Baugenehmigung aufheben zu lassen und auch vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof noch eine Beschwerde anhängig war, knickte die Gewofag Wohnen GmbH ein." Sprich, die Stadt und ihre Wohnungsbaugesellschaft waren zum Vergleich mit den Klägern bereit.

Die damit befassten Rechtsanwälte Xaver Finkenzeller und Benno Ziegler nannten nun die aus ihrer Sicht wesentlichen Punkte des Vergleichs. So werde in Bezug auf das südliche Wohngebiet nicht mehr - wie bisher - eine achtstöckige Wohnbebauung realisiert, sondern maximal eine siebenstöckige. Darüber hinaus werde der Gebäudekomplex sowohl im Norden als auch im Süden abterrassiert. Beim nördlichen Wohngebiet wiederum werde eine Abterrassierung im Süden auf sechs und sieben Geschosse vorgenommen.

Zweitens werden beide Gebäude auch nicht, wie bisher vorgesehen, in der auffälligen Farbe Ziegelrot gestrichen, sondern sie sollen einen hellen, grau-weißen Farbton erhalten.

Weniger augenfällig, aber durchaus bedeutsam ist ein anderer Eingriff, den der Vergleich vorsieht: Um die zu erwartenden Verkehrsprobleme besser in den Griff zu bekommen, werden laut den beiden Anwälten oberirdisch elf Stellplätze auf dem Grundstück der Gewofag Wohnen GmbH errichtet, um den Abhol- und Bringverkehr der Kindertagesstätte und der Lieferanten besser regeln zu können. Ferner verpflichte sich die Stadt für den Fall, dass in der Curd-Jürgens-Straße verkehrliche Missstände entstehen, die auf das Vorhaben in der Carl-Wery-Straße zurückzuführen sind, wozu insbesondere rechtswidriges Parken der Lieferanten zählt, geeignete Maßnahmen zu deren Beseitigung zu unternehmen. "Im Gegenzug hierzu nehmen die Kläger, mithin die WEG Curd-Jürgens-Straße als auch die Einzelkläger (Sondereigentümer), sämtliche Klagen und Beschwerden als auch die Petition zurück", heißt es abschließend zum Inhalt des Vergleichs.

Diesem Vergleich haben die Kläger aus der Curd-Jürgens-Straße inzwischen auch schon zugestimmt, wie Rechtsanwalt Xaver Finkenzeller mitteilte: "Es muss nun noch der Vertrag zwischen den Parteien unterzeichnet werden." Damit konnten die Anwohner, so seine Interpretation, ihre Interessen gegenüber der Landeshauptstadt München als auch der Gewofag durchsetzen und einen entsprechenden großen Erfolg erzielen. Finkenzeller, der für die CSU im Bezirksausschuss Bogenhausen sitzt, kann sich zudem einen Seitenhieb auf die Rathausspitze nicht verkneifen. So stichelt er, dass bei diesem Verfahren auch die Landeshauptstadt München verstanden haben dürfte, dass sie ihre bisherige Genehmigungspraxis aufgeben müsse und nicht großzügigere Maßstäbe ansetzen dürfe, wenn die eigene Tochtergesellschaft Baugenehmigungen beantragt.

Jedenfalls führt nach Meinung des Anwalts die Reduzierung um insgesamt 48 Wohneinheiten nicht nur zu einer Verbesserung der Blickachsen, sondern bedeutet zugleich weniger Verkehr. Weniger Wohnungen und mehr Stellplätze führten dazu, dass eine erhebliche Entschärfung im Vergleich zum ursprünglichen Bauvorhaben eintritt, sagt Finkenzeller voraus.

Dabei sei es den Anwohnerinnen und Anwohnern nie um die Verhinderung von Wohnraum gegangen. Auch wenn die Stadt dies gerne ins Feld geführt habe, so Finkenzeller, ging dies fehl: Die Kläger seien stets für die Schaffung von Wohnraum gewesen. Allerdings könne die Argumentation, dass dringend neuer Wohnraum benötigt werde, nicht dazu führen, dass die Stadt geltendes Recht zu Gunsten ihrer Tochtergesellschaften beugt.

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