Neuperlach:Harsche Kritik nach der Klage

Gewofag Carl-Wery-Straße

Schmerzliche Schlappe für die Stadt: In Teilen ist die Baugenehmigung für das Projekt an der Carl-Wery-Straße rechtswidrig.

(Foto: Maier Neuberger Architekten)

CSU fordert die Stadt auf, beim Bauprojekt Carl-Wery-Straße künftig Recht und Gesetz zu respektieren

Von Hubert Grundner, Neuperlach

Ihr Bauprojekt an der Carl-Wery-Straße entwickelt sich für die Stadt zu einem echten Ärgernis. Da ist zum einen der Beschluss des Münchner Verwaltungsgerichts, der die aufschiebende Wirkung der Nachbarklage im Verfahren gegen die Baugenehmigung für die Wohnanlage der Gewofag angeordnet hat. Konkret heißt das, dass am südlichen Gebäude mit 272 Wohnungen und Tiefgarage vorerst nicht weitergebaut werden darf. Das Nordgebäude, geplant mit 166 Wohnungen und einer Kindertagesstätte, kann hingegen, so wie es vorgesehen war, achtgeschossig realisiert werden.

Zum anderen aber sieht sich jetzt auch die Rathausspitze harscher Kritik ausgesetzt. So fordert die Perlacher CSU, der Oberbürgermeister als Chef der Verwaltung solle persönlich dafür sorgen, dass das Bauvorhaben wieder auf den Boden von Recht und Gesetz geführt werde. Markus Blume, Landtagsabgeordneter und Perlacher CSU-Vorsitzender, erklärt dazu: "Die gerichtliche Schlappe der Landeshauptstadt München kam mit Ansage. Ich selbst wie auch die Regierung von Oberbayern haben frühzeitig auf rechtliche Mängel hingewiesen." Es sei dann der Oberbürgermeister gewesen, der als Aufsichtsratsvorsitzender der Gewofag trotzdem auf den Bau von acht Geschossen gedrungen habe. Er, Dieter Reiter, habe laut Blume "die rechtswidrigen Befreiungen durchdrücken" wollen und die Anwohner damit auf den Klageweg gezwungen. Noch vor einer Woche habe der OB lapidar von Kommunikationsdefiziten gesprochen. Nun sei nicht nur von der Regierung von Oberbayern, sondern "auch gerichtlich festgestellt, dass die Baugenehmigung rechtswidrig ist". Die Durchsicht des Gerichtsbeschlusses lasse den Eindruck entstehen, es handle sich um eine Baugenehmigung, bei der "so viele Augen zugedrückt wurden, dass man schon von Blindheit der Lokalbaukommission sprechen müsse", so Blume. Dieser Eindruck sei besonders fatal, da es sich um eine städtische Wohnungsbaugesellschaft handle. "Vor dem Gesetz müssen alle gleich sein, da darf kein anderes Gefühl entstehen", betont der Abgeordnete.

Dementsprechend wartet die Perlacher CSU nun auf Konsequenzen. Dazu Blume wörtlich: "Ich erwarte, dass jetzt nicht weiter rechtlich getrickst wird, sondern die Planung im Benehmen mit den Anwohnern neu aufgesetzt wird, unter Beachtung der ursprünglichen Vorgaben des Bebauungsplans." Der allseitige Vertrauensverlust und der wirtschaftliche Schaden seien jetzt schon immens. Aus Sicht von Blume hat sich die Stadt mit diesem Vorgehen bei der Schaffung von mehr Wohnraum selbst einen Bärendienst erwiesen.

Bestärkt sieht sich die örtliche CSU indes in ihrem Kampf gegen Befreiungen von Bebauungsplänen, die ohne Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden. Thomas Kauer, Vorsitzender des Bezirksausschusses (BA) Ramersdorf-Perlach, und Wolfgang Thalmeir (beide CSU), der im BA den Unterausschuss für Bauvorhaben, Stadtplanung und Bürgerbeteiligung leitet, erinnern: "Wir haben an verschiedenen Stellen frühzeitig auf diese Problematik hingewiesen und halten sie nach wie vor für virulent."

Das stets bemühte Argument des Wohnraummangels wollen die beiden nicht gelten lassen: "Wir machen regelmäßig Vorschläge, wo und wie man verträglich Wohnraum schaffen könnte, aber wir stoßen bei der Stadt damit oft genug auf taube Ohren." Als jüngste Beispiele nennen beide etwa leer stehende Flächen im Perlacher Gewerbegebiet, an der Ständlerstraße oder am Gustav-Heinemann-Ring, etwa dreihundert Meter von der Carl-Wery-Straße entfernt.

Wie es dort weitergeht, ist noch nicht geklärt. Laut Stellungnahme des Rathauses werde die Verwaltung die für die Landeshauptstadt München negative Entscheidung sehr sorgfältig auswerten. Insbesondere will man klären, wie eine Änderung des Bauvorhabens in der Form erfolgen kann, dass die Vorgaben des Gerichts zu der Abstandsflächenfrage erfüllt sind. "Damit verbunden ist auch die prozessuale Frage, ob Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingelegt werden", heißt es in der Mitteilung.

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