Neuperlach:Baurecht im Eiltempo

Aussenaufnahmen Perlach, Neuperlach

Am Gustav-Heinemann-Ring stehen Veränderungen an.

(Foto: Florian Peljak)

Für ein Wohnbauprojekt in Neuperlach verkürzt die Stadt das übliche Genehmigungsverfahren. Der Modellfall lässt sich aber nicht auf ganz München übertragen - denn zustimmen müssen Politik, Verwaltung und der Eigentümer

Von Hubert Grundner, Neuperlach

"Wohnen für alle", Nachverdichtung im Bestand und die Abkehr von der bislang strikten Trennung von Wohn- und Gewerbegebieten - auf vielfältige Weise versucht die Stadt derzeit, möglichst schnell möglichst viel Wohnraum zu schaffen. Um noch einmal das Tempo zu steigern, haben die Experten des Planungsreferats jetzt die Möglichkeiten des Baugesetzbuches ausgelotet: Durch den Verzicht auf einen Aufstellungsbeschluss im Bebauungsplanverfahren wollen sie die Zeit bis zum konkreten Arbeitsbeginn an einem Bauprojekt nochmals um mehrere Monate verkürzen.

Es geht um ein Gebäude am Gustav-Heinemann-Ring 133-135, das am Mittwochabend in der Sitzung des Bezirksausschusses (BA) 16 (Ramersdorf-Perlach) zur Sprache kam. Ob dieser Fall eine Zäsur der Genehmigungspraxis von Bauvorhaben markiert, lässt sich momentan kaum abschätzen. Während dies die CSU im Bürgergremium für möglich hält, gibt man sich im Planungsreferat demonstrativ zurückhaltend: Es handele sich "um einen ganz regulären, aber tatsächlich eher selten anwendbaren Planungsweg. Insofern eignet sich dieser Ansatz auch eher nicht als Modell für eine Vielzahl von Fällen", sagt Behördensprecher Martin Klamt. Der Eigentümer des Gebäudekomplexes am Gustav-Heinemann-Ring hatte die Lokalpolitiker bereits vor knapp einem halben Jahr über seine Pläne informiert. Demnach sollte das Gebäude abgerissen und anschließend 120 bis 150 Wohnungen in fünf Geschossen sowie Gewerbeeinheiten in Form von Ladennutzungen im Erdgeschoss realisiert werden. Dafür ist aber eine Änderung des Bebauungsplans notwendig - von einem dort festgesetzten Kerngebiet in ein allgemeines Wohngebiet.

Das war ganz im Sinne der BA-Mitglieder, und auch die Fachleute im Planungsreferat hätten einen solchen Schritt als sinnvoll eingestuft, hieß es damals. Allerdings hatte die Sache einen Haken: Obwohl der Investor angeboten hatte, die notwendigen Planungsleistungen nahezu vollständig zu übernehmen, nannte das Planungsreferat noch immer eine Verfahrensdauer von drei Jahren. Drei für den Investor verlorene Jahre, da in dem leer stehenden Gebäude in dieser Zeit höchstwahrscheinlich auch keine vernünftige Zwischennutzung möglich wäre.

Den drohenden Stillstand empfanden alle Beteiligten als unbefriedigend - und es wurde nach einem Ausweg gesucht. Den soll nun ein von allen im Bezirksausschuss vertretenen Fraktionen und Parteien eingebrachter Antrag weisen. Er lautet: "Entsprechend der Anregung des Planungsreferates stimmt der BA 16 der sofortigen Einleitung des Verfahrens zur Änderung des Bebauungsplanes, ohne vorherigen formellen Aufstellungsbeschluss des Stadtrates sowie ohne vorherige Anhörung des Bezirksausschusses zu." Diesen Antrag begründen die Stadtviertelpolitiker damit, dass das Planungsreferat auf ihre Initiative hin das Verfahren zur Änderung des Bebauungsplanes zum Objekt Gustav-Heinemann-Ring 133-135 eingeleitet habe, um anstelle des zuletzt geplanten Boardinghauses den Bau von Wohnraum zu ermöglichen. Das Planungsreferat wolle das Verfahren nunmehr, entsprechend dem Antrag des BA 16, "als beschleunigtes Modellverfahren möglichst unbürokratisch und rasch durchziehen". Dabei werde auf den Aufstellungsbeschluss des Stadtrats verzichtet. Der sei zwar sonst üblich, wie Wolfgang Thalmeir (CSU) erklärte, aber nicht vorgeschrieben. "Die Stadt will daraus einen Musterantrag machen", glaubt Thalmeir. Bis zu acht Monate Zeitersparnis bringe die Beschleunigung des Verfahrens.

Für das Planungsreferat bestätigt Martin Klamt, dass nach effektiven und zeitsparenden Möglichkeiten gesucht werde, eine Änderung des Bebauungsplans herbeizuführen. Einer von mehreren Lösungswegen sei das beschleunigte Verfahren, dem alle Beteiligten - Eigentümer, Planungsreferat, BA und Stadtrat - aber zustimmen müssten. Angesichts dieser erforderlichen Voraussetzungen, so Klamt, reduziere sich die Anzahl der Fälle mit einem beschleunigten Verfahren dann doch stark.

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