Neuperlach:Angst vor schlechter Luft

Die Lokalpolitiker wehren sich vehement gegen eine geplante Biomasse-Anlage an der Carl-Wery-Straße. Sie befürchten hohe Belastungen für die Anwohner durch den Verkehr und den Geruch dieses Betriebs

Von Hubert Grundner, Neuperlach

Der Plan für den Bau einer Biomasse-Anlage für biologische Reststoffe an der Carl-Wery-Straße 63 hat die Stimmung im Unterausschuss Bau offenbar richtig zum Gären gebracht. Herausgekommen ist eine ziemlich giftige, fast schon explosive Mischung: Nur selten haben sich die Mitglieder des Bezirksausschusses (BA) 16 Ramersdorf-Perlach mit mehr Missmut und Ablehnung zu einem Projekt in ihrem Zuständigkeitsbereich geäußert. Kurzum, die Lokalpolitiker wollen es um jeden Preis verhindern.

Wolfgang Thalmeir (CSU), Vorsitzender des Unterausschusses Bau, trug in der jüngsten BA-Sitzung die bislang bekannten Fakten vor. Demnach hat ein privater Betreiber, eine GmbH, beim Referat für Gesundheit und Umwelt die bundesimmissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb beantragt. Die Anlage läge, sofern sie realisiert wird, innerhalb der Frischluftschneise des übergeordneten Grünzuges im Grenzbereich zwischen Neuperlach, Waldperlach und Neubiberg.

Deshalb heißt es auch in der Beschlussvorlage des UA Bau recht unmissverständlich: Die Situierung einer "stinkenden und lärmenden" Biomasseaufbereitungs- und Kompostieranlage an dieser Stelle würde die Funktion der Frischluftschneise konterkarieren. "Das Vorhaben passt schlicht und einfach nicht an diese Stelle."

Die Lokalpolitiker weisen außerdem darauf hin, dass im Flächennutzungsplan dieser Bereich als Fläche für den Gartenbau ausgewiesen sei. Das Projekt sei von seinen Auswirkungen auf die Umgebung als "industrielle Produktionsstätte und Abfallbeseitigungsanlage" zu bewerten und widerspreche eklatant den Festsetzungen des Flächennutzungsplans.

Den Ausführungen Thalmeirs und der übrigen Unterausschuss-Mitglieder zufolge sollen offenbar jährlich 12 000 Tonnen Material für die Biomasseaufbereitungsanlage und 2000 Tonnen für die Kompostieranlage angeliefert werden. Dies stelle eine extreme zusätzliche Belastung der umliegenden Straßen durch Schwerlastverkehr dar. Dabei würden diese im Zuge der Bebauung an der Carl-Wery-Straße und den geplanten U-Bahn-Betriebshof ohnehin schon hoch frequentiert.

Außerdem erwarten die Lokalpolitiker vom Betrieb der Kompostieranlage eine erhebliche Geruchsbelästigung der weiteren Umgebung. Ein Vorgeschmack lässt sich ihrer Meinung nach bereits an den Beschwerden über die deutlich kleinere Anlage an der Fasangartenstraße ablesen. Angesichts der nur circa 400 Meter entfernt liegenden neuen Wohnbebauung an der Carl-Wery-Straße sowie der ebenfalls nur wenige hundert Meter entfernten Häuser in Waldperlach ergebe sich hier ein erhebliches, bereits jetzt sich abzeichnendes Konfliktpotenzial.

Stattdessen plädieren die Mitglieder im Bezirksausschuss dafür, das fragliche Areal langfristig für eine qualitätvolle Wohnbebauung vorzuhalten. Alleine schon deshalb sollte die Fläche nicht für eine derart prekäre und an der beschriebenen Stelle ungeeignete Nutzung verschwendet werden. Es sei bereits eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, den geplanten U-Bahn-Betriebshof möglichst verträglich in die umgebende Wohnbebauung einzupassen.

Aus dieser Gemengelage zieht der Bezirksausschuss den Schluss: "Die Genehmigung einer weiteren, umweltbelastenden und emissionsträchtigen industriellen Nutzung ist deshalb unter allen Umständen zu vermeiden." Die Stadtbezirksvertreter beantragten deshalb einstimmig, die Planungen sofort einzustellen und die beantragte Genehmigung zu versagen. "Waldperlach dürfte es guttun, wenn es diese Anlage nicht gibt", kommentierte Thalmeir die Abstimmung.

Für den Fall, dass sich das Referat für Gesundheit und Umwelt über dieses Votum des BA hinwegsetzen sollte, verweisen dessen Mitglieder vorsorglich schon jetzt darauf, dass das Verfahren jedenfalls nicht ohne ausreichende Beteiligung der Öffentlichkeit und der Anwohner fortgeführt werden dürfe. Gefordert seien außerdem eine zusätzliche gutachterliche Umweltverträglichkeitsprüfung sowie ein zusätzliches aktuelles Verkehrsgutachten.

Im Vorbescheidsantrag beim RGU ist die Rede von einer Biomasse-Anlage für biologische Reststoffe nach dem Florafuel-Verfahren. Mit dem laut "Florafuel AG" weltweit patentierten Verfahren könne nahezu jede Art von feuchter Biomasse zu CO₂-neutralen Energieträgern beziehungsweise Brennstoffen aufbereitet werden. Geeignet zur Aufbereitung seien unter anderem Gras und Feuchtwiesenschnitt, Straßenbegleitgrün, Laub, Silage und Fermentierungsabfälle (Nassfermentation).

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