Neuhausen:". . . macht der Reiter plumps"

Neuhausen: Mutig: An der Gerner Brücke geht es für den Wasservogel in den Kanal.

Mutig: An der Gerner Brücke geht es für den Wasservogel in den Kanal.

(Foto: privat)

Das Wasservogelfest in Neuhausen greift einen Brauch auf, der über Jahrhunderte im Norden und Westen gepflegt wurde

Von Sonja Niesmann, Neuhausen

Am Sonntag, 26. Juli, heißt es beim Wasservogelfest in Neuhausen wieder ". . . macht der Reiter plumps". Anders allerdings, als es der Kinderreim erzählt, fällt der Reiter nicht in den Sumpf, sondern in den Nymphenburger Kanal - und das auch noch freiwillig. Das Fest, veranstaltet vom Verein für Stadtteilkultur zusammen mit der Neuhauser Geschichtswerkstatt und der FT Gern, greift einen Brauch auf, der einst über Jahrhunderte hinweg in den Dörfern im Norden und Westen Münchens gepflegt worden ist.

Am Pfingstmontag wurde ein Bursche zum Wasservogel bestimmt, meist jener, der als letzter zum Gottesdienst kam. Er wurde mit Schilf, Laub und Gräsern geschmückt und durchs Dorf geführt. An den Bauernhöfen hielt der Zug an, die Burschen sagten einen Spruch auf und wurden mit Eiern, Mehl oder Butter belohnt. Aus diesen wurden dann beim "Großwirt" Küchlein gebacken und verspeist - nachdem der Wasservogel in den Dorfteich geworfen worden war.

Heuer wenden sich die Sprücheklopfer an die Wirte dreier Neuhauser Traditionsgaststätten: an Hans Stadtmüller vom "Jagdschlössl", das 140 Jahre alt wird, Axel Schallameier vom "Metzgerwirt", dessen Gaststätte ihren 145. Geburtstag feiert und Hans Eichmeier vom "Königlichen Hirschgarten". Um 10 Uhr treffen sich die Abordnungen von 18 Vereinen und Musikkapellen - angekündigt sind 400 Teilnehmer - am Rotkreuzplatz. Nach der Begrüßung, der Vorstellung des Wasservogels und dem Aufsagen der Sprüchlein setzt sich der Festzug um 11.30 Uhr in Bewegung zur Gerner Brücke, an der der Wasservogel dann sein kühles Bad nimmt. Über die Südliche Auffahrtsallee, das Schlossrondell und die Hirschgartenallee ziehen Musikanten, Trachtler, Sportler und Schaulustige schließlich weiter zum Hirschgarten, wo das Fest bei Bier und Brotzeit ausklingt.

Nach 1828 war übrigens erst einmal Schluss mit dem Spaß, und zwar schlagartig: Die Neuhauser Wasservogel-Truppe hatte damals beschlossen, dem König ein Sprüchlein aufzusagen. Als sie aber, in Rokoko-Kostüme gekleidet, vor Schloss Nymphenburg eintrafen, so berichten Chronisten, war bereits eine Abordnung aus Moosach da. Es kam zu einer heftigen Schlägerei - Ludwig I. war entrüstet und verbot den Brauch. Erst 2007 wurde er wieder belebt und wird seitdem alle zwei Jahre begangen.

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