Neuhausen:Ist das Maxim-Kino noch zu retten?

Neuhausen: Im Projektionsraum des "Maxim" in München - die Idee, dass man die Institution Kino und das Medium Film synonym verwendet, wird bald der Vergangenheit angehören.

Im Projektionsraum des "Maxim" in München - die Idee, dass man die Institution Kino und das Medium Film synonym verwendet, wird bald der Vergangenheit angehören.

(Foto: Robert Haas)

Der Betrieb ist defizitär, die Technik veraltet. Und jetzt droht auch noch eine Mieterhöhung.

Von Sonja Niesmann und Ekaterina Kel

Schon als Jugendlicher hat Jan Jäger als Filmvorführer gejobbt, später in seiner Heimatstadt Rosenheim Open-Air-Kino veranstaltet. Er sei, sagt er selbst, "kinoverrückt". Jetzt hat sich der 24-Jährige, der eine Ausbildung zum Veranstaltungstechniker macht, in den Kopf gesetzt, das "Maxim" zu retten. Der alte Mietvertrag für das Kino läuft im März nächsten Jahres aus - und angesichts der angekündigten Mieterhöhung sieht der Betreiber Siegfried Daiber keine Zukunft mehr für sich.

Vorführugen auch mal nur für einen Besucher

Der 76-jährige Daiber hat 1978 Münchens drittältestes Lichtspielhaus an der Landshuter Allee übernommen, seit 1980 führt er es als Ein-Mann-Betrieb, ist Programmgestalter, Filmvorführer, Kartenabreißer und Getränkeverkäufer in einer Person. Wer Nischenproduktionen, Experimentalfilme oder politische Dokumentationen schätzt, wer Filme sehen will, die sonst nirgendwo laufen, war hier an der richtigen Adresse. "Ich schwärme für Filme, die sonst keine Chance hätten, Themen jenseits der Blockbuster", so hat Daiber es einmal beschrieben. Folglich läuft im Maxim das "Festival des gescheiterten Films" ebenso wie das Frauenfilmfest "Bimovie". Jenseits des Massengeschmacks - darauf beharrt Daiber bis heute, auch wenn dies früher oft nur eine Handvoll Menschen in sein kleines Kino lockte, er an manchen Abenden den Projektor sogar für nur einen einzigen Besucher anwirft.

Geld für die dringend nötige Renovierung der Räumlichkeiten wirft so ein Betrieb nicht ab. Im Jahr 2012 stieß das Neuhauser Café Ruffini eine Benefizaktion an, um die alten Klappsessel im Kinosaal neu zu polstern. Immer noch allerdings klaffen Lücken in den Reihen. Will man es wohlwollend formulieren, könnte man von besonderer Ästhetik und nostalgischem Flair sprechen. Für andere ist das Maxim einfach nur heruntergekommen.

Das Maxim braucht eine Verjüngungskur

Der Münchner Dokumentarfilmer Peter Heller betont, dass er sich dem Maxim seit Jahrzehnten verbunden fühlt: "Aber ich kann es auch nicht mehr mit ansehen, wie das heruntergewirtschaftet wird." Daiber habe mit seiner schlechten Technik so manche lokalen Filmemacher vertrieben. So auch das Münchner Filmfestival "Dok.fest": Das Festival war jahrzehntelang im Maxim mitbeheimatet, seit 2007 taucht das Kino allerdings nicht mehr in der Liste der Veranstaltungsorte auf.

Für Christian Pfeil, Betreiber der Münchner Programmkinos "Arena" und "Monopol", ist das Maxim "ein Bild des Jammers" geworden. Sigi sei der "Totengräber seines Kinos", formuliert Pfeil, er wehre sich gegen die Realität und müsse sich daher nicht wundern, wenn die Realität ihn nicht mehr wolle.

Das Maxim braucht eine Verjüngungskur, um zu überleben - das sieht auch Jan Jäger so, der sich mit "dem Sigi" angefreundet hat. Die Besucherzahlen sind auf ein Minimum gefallen, es gibt Wochen ohne Programm, und "vor allem die Technik und die Sitze müssen gemacht werden". Gemeinsam mit Moritz Ebnet, einem jungen IT-Systemkaufmann, hatte Jäger schon vor einem halben Jahr ein Konzept ausgetüftelt. Abends aktuelles Arthauskino, am Wochenende und in den Ferien Kinderkino, Filmklassiker, Frühstücks- und Seniorenkino sollen alte Freunde zurückgewinnen und neue Zielgruppen erschließen. Auch Sonderveranstaltungen wie Firmenfeste und Tanz, Produktpräsentation und Kleinkunst sollen die Einnahmen aufbessern.

Was mit 22 Besuchern täglich möglich wäre

Für die Anschaffung eines Digitalprojektors - bisher gibt es nur Filmprojektoren aus den Fünfzigerjahren im 35-Millimeter-Format -, für eine zeitgemäße Tonanlage, eine Erneuerung der Elektrik, die Instandsetzung von Sesseln, Böden und Türen und die Renovierung von Foyer und Bar hatten Jäger und Ebnet knapp 70 000 Euro veranschlagt.

Christian Pfeil allerdings, der vor einiger Zeit ebenfalls Interesse an einer Übernahme des Maxims gezeigt hat, schätzt den Sanierungsaufwand auf 150 000 Euro. Um das finanziell zu stemmen, hatten die zwei jungen künftigen Kinobetreiber eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gründen, Einlagen ab mindestens 1000 Euro von privaten Unterstützern einwerben, mögliche Fördermittel abklopfen und natürlich einen möglichst geringen Kredit aufnehmen wollen. "Wir haben uns ausgerechnet, dass das Risiko tragbar wäre, wenn täglich 22 Besucher kommen", sagt Jan Jäger. Nach fünf Jahren wären die Investitionen abbezahlt, schätzten die beiden optimistisch.

Dieses Konzept ist allerdings schon wieder überholt, denn es berücksichtigt nicht die Mieterhöhung, die Hauseigentümer Carsten Nickel angekündigt hat. "Die Fixkosten wären dann viel zu hoch", seufzt Jäger. Er kämpft inzwischen im Alleingang ums Fortbestehen des Maxims, der beruflich stark eingespannte Moritz Ebnet hat sich zurückgezogen.

Wie die Politik dem Maxim helfen will

Aufgeben will der 24-jährige Kinofan Jäger nicht. Er erwägt, einen Verein zu gründen und hegt immer noch die Hoffnung, genügend Sponsoren zusammen zu bekommen, die den Betrieb des Maxims unterstützen. Im Internet läuft eine Petition zum Erhalt des Kinos, die bereits 1887 Menschen unterschrieben haben. Wenn sich nur ein Teil dieser Unterstützer auch finanziell engagieren würde, wäre schon ein Anfang gemacht.

Auch der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg möchte das Maxim, eines der letzten Stadtteil-Kinos, erhalten. Das Gremium bat Stadträtinnen aus dem Viertel, dem Hauseigentümer gut zuzureden. Gut gemeint, aber realitätsfern, wie sich zeigt. Nickel wolle nicht auf eine marktübliche Miete verzichten, berichtete eine Stadträtin Jan Jäger nach ihrem Telefonat mit dem Eigentümer, der sich im Übrigen nicht weiter zum Maxim äußern will. Vor fünf Jahren, als Siegfried Daiber zum ersten Mal eine Mieterhöhung schlucken musste, hatte Nickel erklärt, er habe nichts gegen das Maxim, aber: "Es kann auch nicht meine Aufgabe sein, ein Geschäftsmodell zu subventionieren, das nur schlecht funktioniert."

Auch das städtische Kulturreferat forderte der Bezirksausschuss auf, Möglichkeiten der Unterstützung zu prüfen. "Natürlich sollte eine solche kulturelle Insel erhalten bleiben", findet Christoph Schwarz vom Kulturreferat. Allzu viel könne die Stadt aber nicht beisteuern: Es gibt Preise für Programmkinos oder auch Fördermittel für punktuelle Projekte. Eine dauerhafte Förderung sei nicht möglich, auch keine Kino-Patenschaft, wie der Künstlerkreis Neuhausen, der des öfteren im Maxim ausstellt, angeregt hat: "Letztlich müssen Kinos kommerziell funktionieren."

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