Neuhausen:Ehrung auf dem Platz der Freiheit

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Mit solchen Stelen, die Informationen zu den Widerstandskämpfern liefern, will der Künstler Wolfram P. Kastner ihren Mut würdigen. (Foto: privat)

Der Plan des Künstlers Wolfram P. Kastner, Widerstandskämpfer im öffentlichen Raum zu würdigen, verzögert sich

Von Birgit Lotze, Neuhausen

Ob das Widerstandsdenkmal, welches der Künstler Wolfram P. Kastner auf dem Platz der Freiheit in Neuhausen im Mai installieren wollte, verwirklicht wird, ist noch offen. Doch es zeichnet sich ab, dass es in diesem Jahr nicht mehr klappt. Der Bezirksausschuss (BA) Neuhausen-Nymphenburg hatte sich vor einem Jahr einhellig für die Ausstellung ausgesprochen. Doch die Stadt hat noch nicht entschieden, wie und inwieweit der Platz - eine kleine Grünfläche an der Mündung der Frundsbergstraße in die Landshuter Allee - künstlerisch als Widerstandsort präsentiert werden soll.

Derzeit setze sich das Baureferat damit auseinander, sagte die BA-Vorsitzende Anna Hanusch (Grüne). Der Bezirksausschuss vertagte deshalb eine weiterführende Diskussion - zumindest für einen Monat. Damit werde zwar Wolfram P. Kastner heuer vertröstet, doch die Vorschläge des Referats sollten abgewartet und berücksichtigt werden, hieß es. Die Gestaltung des Platzes, Dauer und Kosten der Ausstellung seien eventuell davon abhängig.

Vor einem Jahr hatte der BA beschlossen, ein temporäres Denkmal am Platz der Freiheit mit 6000 Euro zu fördern. Die Stadtteilpolitiker forderten zudem sowohl das Kultur- als auch das Baureferat auf, das Kunstprojekt zu unterstützen. Die Behörden reagierten zugeknöpft. Die städtische Arbeitsgruppe "Gedenktafeln" plädierte für einen zentralen Erinnerungsort an der Brienner Straße. Doch der Platz der Freiheit ist bereits seit Jahrzehnten ein Gedenkort - allerdings einer der oft vergessenen in der Stadt. Ein Granitstein mit der Aufschrift "Den Opfern im Widerstand gegen den Nationalsozialisten" schlummerte lange zwischen den Büschen an der Nordostecke. Inzwischen ist das Gebüsch zwar zurückgeschnitten, doch Passanten laufen meist achtlos vorbei.

Zu guter Letzt bekam das Baureferat den Auftrag, sich den Platz aus der Nähe anzuschauen. Kastners Idee könnte also zumindest die Behörden veranlassen, den Stein, den kaum einer kennt, besser zur Geltung zu bringen. Doch der Künstler, der bereits vor einigen Jahren in Bogenhausen, Sendling und auch in Neuhausen in einer Kunstaktion gegen das Vergessen weiße Koffer auf die Straße stellte, eben dort, wo Juden von Nazis zur Deportation abgeholt wurden, will mit seiner Gruppe ein neues Denkmal auf die Beine stellen. Er möchte Frauen und Männer, die sich in München mit großem persönlichen Risiko gegen die Nazis auflehnten, namentlich und gut sichtbar würdigen - auf Stelen mit Porträts und kurzen Biografien am Gehwegrand. Bekannte Regimegegner wie der Schriftsteller Alfred Andersch sollen dabei sein und unbekannte Menschen. "Damit werden die Widerstandskämpfer aus der Anonymität und dem Vergessen geholt und stehen als Beispiel und Auftrag für Gegenwart und Zukunft", sagt Kastner. Da nicht alle Menschen aus dem Widerstand dort gewürdigt werden können, spricht sich Kastner für einen Wechsel aus. Er möchte zunächst Stelen für 13 Menschen aufstellen - beispielhaft für unterschiedliche Formen und Motive des Widerstands. Danach könnten die Informationstafeln und Fotos ausgewechselt werden, schlägt er vor. An dem temporären Denkmal könnten sich eventuell auch noch andere Initiativen oder Privatleute beteiligen.

Der Künstler hat Unterstützer für sein Projekt: Winfried Nerdinger, der Gründungsdirektor des Münchner NS-Dokumentationszentrums, die Lagergemeinschaft Dachau, die Israelitische Kultusgemeinde, die Weiße-Rose-Stiftung und auch einige Kirchen sind darunter. Für die ersten Gedenkstelen im Mai hatte Wolfram P. Kastner den Deserteur Franz Fellner, die Regimegegner Sylvia und Max Klar, den Radiomacher Walter Klingenbeck und den russischen Kriegsgefangenen Michail Kondenko vorgesehen. Sie wurden im Konzentrationslager (KZ) ermordet oder hingerichtet. Außerdem sollen in der ersten Installation Emma Hutzelmann aus dem katholischen Widerstand und die Regimegegner Otto Kohlhofer und Ludwig Koch gewürdigt werden. Dabei sind auch Elfriede Löhr von den Zeugen Jehovas, Josefa Mack, die als Kurierin illegal Häftlinge im KZ Dachau versorgte, Karl Schörghofer - er versteckte Juden vor der Gestapo - und Marie-Luise Schultze-Jahn von der Weißen Rose.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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