Neues Vergabesystem:Höhere Hürden für Wiesn-Neulinge

Marstall Festzelt auf dem Oktoberfest in München, 2014

Ein Zeltplatz war frei, Neu-Wiesnwirt Able hat zugeschlagen - doch an der Vergabe hat es Kritik gegeben.

(Foto: Florian Peljak)

Als Siegfried Able den Zuschlag für das freigewordene Zelt auf dem Oktoberfest bekam, hagelte es Kritik: zu wenig Transparenz. Nun ändert die Stadt die Kriterien, nach denen Wirte ausgewählt werden. Dabei sind die deutlich im Vorteil, die schon auf der Wiesn sind.

Von Andreas Schubert

Die Entscheidung, Siegfried Able dieses Jahr als neuen Wiesn-Wirt zuzulassen, hat Zweifel an der Vergabepraxis geweckt. Kritiker bemängelten vor allem fehlende Transparenz. An diesem Dienstag will der Stadtrat die Kriterien ändern. Und die machen es künftig schwerer, als Neuling eine Zulassung für das Oktoberfest zu bekommen.

Derzeit gibt es für die Gastronomie 13 Bewertungskriterien, eines davon fällt teilweise, eines ganz weg. Bei der Bewertung vergibt die Stadt null bis elf Punkte. Beurteilt wird die Eignung des Betreibers sowie das jeweilige Geschäft. Die persönlichen Punkte werden mit dem Faktor zwei, das Geschäft mit dem Faktor vier multipliziert. Diese Regeln gelten nicht für die großen Brauereizelte und die Zelte der Schützengilden - sie sind für die Wiesn gesetzt. Jährlich neu bewerben müssen sich nur die "sonstigen gastronomischen Großbetriebe" Fischer-Vroni, Käfer Wiesn-Schänke, Marstall, Schottenhamel und Weinzelt sowie die mittleren und kleinen Gastro-Betriebe.

Folgende Kriterien zählen fortan:

Vertragserfüllung: Bei diesem Kriterium geht es darum, ob es Beanstandungen gab. Bisher bekamen alle neuen Bewerber fünf Punkte, da die Stadt von einer durchschnittlichen Leistung ausging. Künftig gehen sie leer aus. Fortan sollen nur Bewerber, die schon auf der Wiesn waren, zwischen elf und sechs Punkte bekommen.

Volksfesterfahrung: Hier zählte bisher, wie lange ein Bewerber überhaupt im Volksfestgewerbe selbständig war, unabhängig davon, ob er einen Stand betrieb oder nicht. Künftig zählt nur die tatsächlich auf Volksfesten verbrachte Zeit.

Sachkenntnis: Fortan wird eine Ausbildung im Gastrogewerbe mit fünf Punkten belohnt. Für jeweils fünf Jahre Erfahrung in der selbständigen Tätigkeit gibt es je einen Zusatzpunkt. Weitere Zusatzpunkte gibt es für den Nachweis von Schulungen, Weiterbildungen und Kursen.

Durchführung: In dieser Kategorie stehen neue Bewerber künftig ebenfalls schlechter da. Sie erhalten standardmäßig null Punkte. Bewerber, die bisher mit einem Betrieb in derselben Geschäftssparte zugelassen waren, bekommen fünf Punkte. Wer von einem mittleren Betrieb oder vom Familienplatzl in einen Großbetrieb wechseln will, bekommt zwei Punkte. Zusatzpunkte gibt es, wenn der Anwärter Barrierefreiheit nachweisen kann sowie Familienfreundlichkeit, unverstärkte traditionelle Musik und "sonstige spezielle Maßnahmen" wie einen Haussanitäter.

Stammbeschicker: Klar im Vorteil sind auch hier erfahrene Bewerber. Für fünf Jahre auf der Wiesn gibt es je einen Punkt.

Tradition: Noch ein Vorteil für die Alteingesessenen: Für je zehn Jahre Oktoberfest wird ein Punkt vergeben.

Ausstattung: Ein subjektives Kriterium, bei dem sich nichts ändert: Hier wird weiterhin das Erscheinungsbild eines Betriebes beurteilt, zum Beispiel die Fassade, die Beleuchtung oder drehbare Bühnen.

Technischer Standard: Auch hier bleibt alles beim Alten: Entscheidend bleibt, wie alt ein Laden ist. Bewertet werden auch zum Beispiel die Küchenausstattung und die Technik der Bierversorgung.

Anziehungskraft: Ebenfalls unverändert. Hier zählt, wie gut ein Betrieb ankommt und was die Fachpresse sagt.

Ortsansässigkeit: Für jedes vollendete Jahr ununterbrochenen Hauptwohnsitz des Betreibers oder Firmensitz in München wird nach wie vor ein Punkt vergeben.

Ökologie: Weiterhin gibt es Punkte zum Beispiel für die Nutzung von Ökostrom, Energiesparmaßnahmen oder das Verarbeiten von ökologisch produzierten Lebensmitteln.

Neue Bewertungen für Schausteller

Nicht mehr bewertet wird das bisherige Kriterium Platzbedarf, da die Belegung des Festplatzes seine Grenze erreicht hat. Ein neuer Betrieb darf maximal so groß sein wie sein Vorgänger. Die Eigentumsverhältnisse der Festhallen spielen künftig ebenso keine Rolle mehr, da - wie es in der Beschlussvorlage heißt - ohnehin die meisten zugelassenen Betriebe gemietet seien. Bei den mittleren Betrieben und dem Familienplatzl dagegen werden die Eigentumsverhältnisse nach wie vor bewertet. Der Bewerber muss nachweisen, dass er wirtschaftlich in der Lage ist, seinen Betrieb auch zu finanzieren.

Laut Beschlussvorlage sollen die Änderungen des Bewertungssystems mehr auf die tatsächliche Qualifikation eines Zelt-Anwärters abzielen. Gleichzeitig soll der Spartenwechsel von der Schaustellerei hin zur Gastronomie mit Sitzplätzen erschwert werden. Ebenfalls neu: Ein unabhängiger Innenrevisor soll künftig stichprobenartig überprüfen, ob die Kriterien richtig bewertet wurden.

Auch die Bewertung der Schaustellerei wird neu geregelt. Der Grund: Die Stadt will den Anteil moderner Fahrgeschäfte erhöhen. Denn bisher erhielten Schausteller desto mehr Punkte, je älter ihre Fahrgeschäfte waren. Mit dieser Praxis wollte man verhindern, dass Traditionsgeschäfte von moderneren verdrängt werden. Allerdings hat sich gezeigt, dass viele Schausteller vor neuen Investitionen zurückschrecken und sich mit älteren Geschäften bewerben.

Bei der Wiesn 2014 führte das dazu, dass zum Beispiel in der Sparte "Schießgeschäfte" von 30 zugelassenen Buden 22 älter als 40 Jahre waren. Um einen Anreiz für Moderneres zu schaffen, sollen Geschäfte vor Baujahr 1970 nur noch zwei statt bisher sechs Punkte bekommen. Ein Wegfall dieser historischen Buden sei nicht zu befürchten, heißt es. Sie könnten auch auf der Oidn Wiesn unterkommen.

Eng mit der Wiesn verknüpfte, traditionelle Geschäfte wie Toboggan, Teufelsrad oder Schichtl hingegen sollen der normalen Wiesn erhalten bleiben. Sie bekommen elf Punkte.

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