Neuer Rathauschef:Was der OB jetzt anpacken muss

Neuer Rathauschef: Der Arbeitsplatz des neuen OB: das Münchner Rathaus am Marienplatz

Der Arbeitsplatz des neuen OB: das Münchner Rathaus am Marienplatz

(Foto: Imago Stock&People)

Wohnungen stehen leer, Schulen verfallen und der Verkehr stockt: Dieter Reiter wird Oberbürgermeister in München - und es gibt viel zu tun. Welche Probleme der neue Rathauschef dringend angehen sollte.

Von Anna Fischhaber und Ingrid Fuchs

Kampf gegen den Leerstand

Das Rathaus vorm Fenster - besser kann man in München nicht residieren. Und doch steht eine Wohnung am Marienplatz seit September leer. Warum, weiß das städtische Kommunalreferat, das das Objekt verwaltet, nicht so genau. Wie kann das sein? Knapp 1200 Wohnungen lässt die Stadt derzeit leer stehen. Seit Goldgrundaktivisten, als Gorillas verkleidet, eine Wohnung in der Müllerstraße provisorisch sanierten, diskutieren die Münchner über Leerstand. Und darüber, auf welcher Seite die Stadt eigentlich steht. Für die SPD ist das ziemlich peinlich: Die Mieterpartei stand jahrzehntelang in der Regierungsverantwortung. Dieter Reiter muss jetzt die Wohnungsverwaltung so organisieren, dass sich ein Fall wie am Marienplatz nicht wiederholt. Und er muss die Frage klären, wie komfortabel Wohnungen eigentlich saniert werden müssen - also ob nicht auch ein Etagenklo reicht. Bis es so weit ist, ist Kreativität gefragt: Zwischennutzungen könnten zumindest ansatzweise Abhilfe schaffen. Am Wahlabend erklärte Reiter zum Thema Leerstand: "Das Thema muss 2014 beendet sein."

Kampf gegen den stockenden Verkehr

Das Projekt zweiter S-Bahn-Tunnel kommt einfach nicht voran: Die Finanzierung des Milliarden-Projekts ist weiter offen - und gleichzeitig wächst München. Und damit die Zahl der Pendler. Wer tagtäglich zur Rushhour U-Bahn fährt, bekommt das Gefühl, die Stadt stehe kurz vor dem Verkehrskollaps. Gute Ideen für neue Verbindungen gibt es viele, doch bislang existieren sie nur auf dem Papier. Der neue Oberbürgermeister muss jetzt entscheiden, was er bauen will - und mit welchem Geld: Die U5-Verlängerung nach Pasing? Eine neue Innenstadt-Linie U9? Oder doch eine günstigere Tram-Querspange im Münchner Norden? Eine Trambahn-Westtangente in der Fürstenrieder Straße? Am schnellsten und kostengünstigsten zu bauen wären neue Radwege - dann müsste der neue SPD-Rathauschef allerdings noch mehr Bürger überzeugen, vom öffentlichen Nahverkehr aufs Rad umzusteigen. Und besser für die sorgen, die das nicht können.

Kampf gegen die Klinik-Pleite

Sie stehen kurz vor dem Kollaps: Die städtischen Kliniken Bogenhausen, Harlaching, Schwabing, Neuperlach und Thalkirchner Straße sind so lange vernachlässigt worden, dass sie nun marode sind. Reformen sind dringend nötig. Etwa die Zusammenlegung mehrfach vorhandener Abteilungen oder die Gründung einer internen Service-Tochter. Umgesetzt wurde davon bislang nichts. Der neue Rathauschef muss sich dringend um das Thema kümmern. Ohne frisches Geld droht den städtischen Kliniken schon 2015 oder 2016 die Pleite. Das Sanierungskonzept von Boston Consulting, das Noch-OB Ude auf den letzten Metern seiner Amtszeit hat erarbeiten lassen, empfiehlt einen massiven Betten- und Stellenabbau - etwa 2000 Jobs sollen verschwinden. Ob das ohne betriebsbedingte Kündigungen möglich ist, ist allerdings umstritten. Reiter braucht - so oder so - Mut, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Kampf gegen die Wohnungsnot

Wer schon einmal in München umgezogen ist, weiß, wie schwierig das ist. Oft bewerben sich Hunderte Interessenten, viele Wohnungen sind unbezahlbar. Eine Besserung ist nicht in Sicht: Die Stadt boomt, ganze Straßenzüge werden luxussaniert, die Immobilienpreise explodieren. Beim SZ-Wahl-Thesentest waren sich die Stadtratskandidaten fast aller Parteien einig: Die Stadt muss selbst für bezahlbaren Wohnraum sorgen. Ein Masterplan dürfte allerdings schwierig sein - dafür fehlt in der Landeshauptstadt einfach der Platz. Der neue Oberbürgermeister muss sich nun überlegen, wie er die knappen Flächen am besten nutzt. Etwa, indem Neubaugebiete dichter bebaut werden. Eine andere Idee: Das 100-Meter-Limit aus dem Bürgerentscheid von 2004 überdenken - und in München Hochhäuser zulassen. Am besten holt er sich dazu die Hilfe mutiger Architekten. Dann würde München nicht nur höher, sondern auch noch schöner.

Kampf gegen marode Schulen

Schulunterricht auf dem Tennisplatz: Weil das Wilhelmsgymnasium generalsaniert werden muss, ziehen die Schüler zum Lernen bald in Container um - auf die Tivoli-Tennisanlage. Im Schulgebäude funktioniert die Heizung nicht mehr richtig, die Sanitäranlagen sind eine Zumutung und an den Außenwänden kriecht die Feuchtigkeit bis in den ersten Stock. Eltern, Schüler und Lehrer klagen regelmäßig über die miserablen Zustände und den Platzmangel an Schulen in ganz München. Der neue Oberbürgermeister muss jetzt dafür sorgen, dass bestehende Gebäude erweitert und schnell saniert werden. Und dafür, dass zusätzliche Schulen gebaut werden. Auch die Ganztagsbetreuung muss dringend erweitert werden. Neue Flächen für zusätzliche Schulen zu finden, dürfte in München nicht leicht werden. Aber weil die Schülerzahlen bis 2030 um etwa ein Fünftel steigen sollen, ist es dringend nötig. Am Wahlabend erklärte Reiter: Das Thema liege ihm am Herzen.

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