Neuer Kurs bei Karstadt-Premium-Gruppe:Münchens Luxusproblem

Neuer Kurs bei Karstadt-Premium-Gruppe: Umsatzzahlen des Oberpollinger sind nicht bekannt. Zuletzt sollen die Geschäfte aber stark unter dem Verfall des Rubels gelitten haben.

Umsatzzahlen des Oberpollinger sind nicht bekannt. Zuletzt sollen die Geschäfte aber stark unter dem Verfall des Rubels gelitten haben.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Chef des Edel-Kaufhauses Oberpollinger muss gehen. Es ist die nächste Volte bei der krisengeschüttelten KaDeWe-Gruppe, die um eine kaufkräftige Klientel kämpft. Auch an der Maximilianstraße wachsen die Sorgen.

Von Katja Riedel

Wenn man Holger Grabmeister früher gefragt hätte, ob er eher "Mama", "Papa" oder "Karstadt" sagen konnte, dann musste er lange überlegen. Mit solchen und ähnlichen Anekdoten unterstrich der Geschäftsführer des Münchner Kaufhauses Oberpollinger gern seine Verbundenheit mit jenem Konzern, dem er mehr als 40 Jahre lang die Treue hielt und bei dem schon sein Vater Geschäftsführer eines Warenhauses war.

Jetzt spricht Grabmeister, 60, erst einmal nicht mehr, schon gar nicht über Karstadt. Denn Grabmeister hat in der vergangenen Woche einen Brief bekommen: Der Oberpollinger brauche als Haus der Karstadt-Premium-Gruppe, die seit 1. März offiziell KaDeWe Group heißt, keinen eigenen Filialgeschäftsführer mehr, soll aus dem Schreiben hervorgehen, wie die Süddeutsche Zeitung erfuhr. Grabmeister soll seinen Stuhl bereits geräumt haben - und einen echten Nachfolger soll es in dem 1905 eröffneten Münchner Traditionshaus demnach künftig gar nicht mehr geben.

Was Investor Benko plant

Es ist die neueste Volte in einem Prozess, den der krisengeschüttelte Konzern eine "strategische Neuausrichtung" nennt. Im vergangenen Herbst hatte die Signa-Holding von Karstadt-Eigentümer René Benko die drei Häuser der Premium Group GmbH von den übrigen Kaufhäusern abgetrennt: neben dem KaDeWe in Berlin das Alsterhaus in Hamburg und den Oberpollinger in München. Während die Filialleitung in Hamburg bereits Ende des Jahres ausgeschieden ist, wurden nun auch die Berliner KaDeWe-Chefin und Grabmeister in München mit sofortiger Wirkung freigestellt. Die Geschäftsführung in Berlin wollte sich auf Anfrage am Donnerstag nicht zu den Personalien äußern.

Bereits im Herbst hatte Benko, der sich um das operative Geschäft in den Warenhäusern kümmert, die Marschroute ausgegeben: Der Oberpollinger, der vor allem als Shop-im-Shop-System mit einzelnen Designer-Flächen organisiert ist, sollte sich stärker an dem berühmten "Kaufhaus des Westens", heute KaDeWe, orientieren.

Der vermeintliche Makel, den der Name Karstadt transportiert, soll nicht nur aus dem Namen, sondern auch aus dem Konzept verschwinden. In den vergangenen Monaten wurde der Oberpollinger darum noch stärker als zuvor aus dem ursprünglichen Karstadt-Verbund abgekoppelt. Ein eigenes Kassensystem und eine eigene IT wurden für die drei Luxushäuser eingerichtet - und nun sollen die drei bisher ungleichen Geschwister wohl noch stärker an Selbständigkeit einbüßen.

Worunter die Luxusläden leiden

Umsatzzahlen des Oberpollinger sind nicht bekannt. Insider sagen, dass sie über mehrere Jahre betrachtet zwar gestiegen sind. In den vergangenen Monaten haben die Geschäfte jedoch stark unter dem Verfall des Rubel gelitten. Denn während der Oberpollinger in seinen Anfangsjahren vor allem ein Ziel für die Münchner war und für das Umland, richtet er sich seit seinen Umbauten und Neueröffnungen 2006 und 2008 stärker auf ein kaufkräftiges Publikum aus. Und das kommt aus aller Welt.

Wie auch in den Boutiquen an der Maximilianstraße sind wohlhabende Einkaufstouristen, vor allem die aus Russland, eine wichtige Klientel, ihr Fehlen hat einen massiven Umsatzeinbruch zur Folge. Die Fremdenverkehrszentrale München-Tourismus verzeichnete bereits zwischen Januar und November 2014 etwa acht Prozent weniger Übernachtungen russischer Gäste - und die neuesten Zahlen von Januar bis März sind noch dramatischer: Es kamen um die 30, 40 und zuletzt sogar 45 Prozent weniger Russen, verglichen mit den Vorjahresmonaten.

Woher die Kunden kommen

Am Umsatz von Oberpollinger haben Russen mit bis zu vier Prozent den stärksten Anteil, dicht gefolgt von arabischen Gästen. Mehr zahlungskräftiges Publikum als 2014 kam zuletzt aus China - doch die absoluten Zahlen zeigen, dass dies nur ein schwacher Trost ist: Während im ersten Quartal immer noch 90 000 Übernachtungen von Russen zu Buche schlagen, waren es nur 49 000 von Chinesen. Die interessieren sich zudem für ganz unterschiedliche Waren.

Die Russen kaufen viel Markenkleidung, die Araber vor allem edle Düfte, Designerkleidung und Handtaschen, Chinesen nehmen eher Haushaltswaren und Koffer mit nach Hause. Profitiert haben die Münchner Händler auch von dem teuren Schweizer Franken: Je höher dessen Kurs stieg, um so eifriger kamen die Schweizer zum Einkaufen ins vergleichsweise günstige München. Aber auch das macht nicht die Verluste wett.

Um wieder mehr Kunden in die teuren Läden der Maximilianstraße zu locken, bereiten die dort ansässigen Unternehmen derzeit eine gemeinsame Initiative vor. Beteiligt ist die Handels- und Gastronomievereinigung City Partner. So dramatisch, dass einzelne Unternehmen Filialschließungen erwögen, sei die Lage nicht, sagt Wolfgang Fischer von City Partner. Auch deshalb, weil manche die Läden an der Edelmeile mehr als Schaufenster denn als Goldgrube sehen. "Und wer einen Laden in der Innenstadt aufgibt, der bekommt so schnell keinen Neuen", so Fischer.

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