Neuer Job für Joachim Eckert:Schieds-Richter für die Fifa

Joachim Eckert hat Mafiamorde untersucht und urteilt über die BayernLB. Jetzt soll der Münchner Richter auch bei der skandalgeplagten Fifa für Ordnung sorgen. Eine heikle Aufgabe - denn er muss dort über Funktionäre richten, die im Verdacht stehen, gerne mal die Hand aufzuhalten.

Klaus Ott

Manche Kollegen in der Münchner Justiz waren ziemlich besorgt, als sie vom neuen Nebenjob hörten, den Joachim Eckert übernimmt. Sie fragten sich: Wie will er das bloß alles schaffen? Denn der 64-jährige Richter am Landgericht München I arbeitet künftig neben seinem normalen Beruf auch noch für die Fifa, den skandalgeplagten Fußball-Weltverband; er wird dort Mitglied der Ethikkommission und übernimmt den Vorsitz der Spruchkammer. Eckert wird dort künftig auch über Funktionäre urteilen, die im Verdacht stehen, gerne mal die Hand aufzuhalten. Davon gibt es etliche in der Fifa.

Münchner Strafrichter Joachim Eckert

Heikler Nebenjob: Der Münchner Richter Joachim Eckert ist künftig Mitglied der Ethikkommission bei der Fifa.

(Foto: dpa)

Dass Eckert sich vom trickreichen Fifa-Präsidenten Joseph Blatter vereinnahmen lasse, das befürchten die Kollegen des Richters allerdings nicht. "Der Joachim wird das schon machen", sagt einer, der Eckert seit langem kennt. Aber er hat ja jetzt schon genug zu tun, nicht nur in München, sondern auch im Ausland.

Der erfahrene Rechtsvertreters hilft bis hinab zum Balkan dabei, die organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Und er muss auch noch die großen Verfahren der eigenen Strafkammer im Justizzentrum an der Nymphenburger Straße verhandeln. In Eckerts Kammer werden weltweite Schmiergeldfälle ebenso verhandelt wie die Anklage gegen den alten Vorstand von Bayerns Landesbank, der beim Kauf der österreichischen Hypo Alpe Adria Recht und Gesetz gebrochen haben soll.

Künftig also auch noch die Fifa. Künftig also auch noch Zürich. Aber bislang hat es der in vielen Dienstjahren ergraute Jurist ja auch schon geschafft, alle seine Haupt- und Hilfsjobs unter einen Hut zu bringen. Jedenfalls hat sich noch kein Beschuldigter bei Eckert beschwert, dieser habe sich früher als Staatsanwalt und heute als Richter nicht ausreichend um ihn gekümmert. Im Gegenteil.

Jede Menge Schmiergeld

Eckert ist ein ebenso akribischer wie fürsorglicher Rechtsvertreter, der sich seine Angeklagten genau anschaut. Wer den Richter für dumm verkaufen will, der muss das büßen. Und wem aus nachvollziehbaren Gründen das Gefängnis besser erspart bleibt, den lässt der Chef der sechsten Strafkammer oft mit einer Bewährungsstrafe davon kommen.

So auch jenen Kaufmann, der früher als Vorstand einer Handelsgesellschaft dabei half, für einen Milliardenbetrag deutsche U-Boote nach Athen zu verkaufen, während nebenbei jede Menge Schmiergeld floss. Als dieser Ex-Manager Ende 2011 im Münchner Justizzentrum vor Gericht stand, war ihm anzumerken, wie sehr in eine fünfmonatige Untersuchungshaft mitgenommen hatte.

Und es war auch zu spüren, wie sehr ihm das Verfahren zugesetzt hatte. Der Angeklagte legte ein Geständnis ab, der Richter rügte die Schmiergeldgeschäfte und nahm Rücksicht auf die angeschlagene Gesundheit des alten Herrn. Das Urteil: zwei Jahre Gefängnis, aber auf Bewährung. Ende Mai ist der ehemalige Handels-Vorstand verstorben, mit 74 Jahren. Eckert lasse das, sagen seine Kollegen, nicht unberührt.

Zwischen Mafiamorden und Realschule

Der Richter selbst sagt derzeit übrigens gar nichts, auch nicht zu seinem neuen Nebenjob. Eine Gerichtssprecherin verweist darauf, dass die Fifa demnächst zu einer Pressekonferenz in Zürich einlade, bei der Eckert über seine Aufgabe im Fußball-Weltverband rede. Aber in der Justiz weiß man viel über den Richter zu erzählen, seinen Werdegang, was ihm wichtig sei, wie er ticke.

Da wird schnell deutlich dass der 64-jährige niemand ist, der sich von Ämtern und Titeln beeindrucken lässtsondern seine Aufgaben so wahrnimmt, wie er das für richtig hält. Dass soll er auch Fifa-Präsident Blatter gesagt haben, als die beiden vor ein paar Wochen in Zürich zusammensaßen und über die Ethik-Kommission und deren Aufgaben sprachen. Die Atmosphäre bei der Unterredung soll, so heißt es, recht nüchtern gewesen sein.

Eckert ist gebürtiger Schwabe, er stammt aus Plochingen bei Stuttgart. Aber er ist in Oberbayern aufgewachsen, denn die Familie zog bereits hierher, als er noch in den Windeln lag. Nach dem Abitur in Freising folgte das Jura-Studium in München. Die erste Stelle war ein Richteramt auf Probe, bei der sechsten Strafkammer, wo er vermutlich auch seine letzte Stelle in der Münchner Justiz innehat. Es folgten Aufgaben als Ermittler bei den Staatsanwaltschaften München I und II, und zwischendurch wieder eine Tätigkeit als Richter.

Den weltgewandten Juristen hat es immer wieder nach draußen gezogen, bis hin zu EU-Kommission in Brüssel, der Eckert seit vielen Jahren hilft, gegen das organisierte Verbrechen vorzugehen. Mit Unterstützung seiner Münchner Dienststellen.

In Bulgarien hat Eckert am Aufbau einer speziellen Staatsanwaltschaft mitgewirkt, die sich um Korruptionsdelikte kümmert. Und er hat dort sogar mit einem Ermittler aus Italien, der auf die Mafia spezialisiert ist, 300 ungeklärte Morde im Umfeld von Politik und Wirtschaft untersucht. So jemanden kann auch die Fifa nicht schrecken. Und auch nicht ein Joseph Blatter, der es immer wieder schafft, Leute um den Finger zu wickeln, bis hin zum Ex-Chef des Deutschen Fußball-Verbandes, Theo Zwanziger, der selbst mal Richter war.

Lange, komplizierte und hochpolitische Verfahren

Wenn die Arbeit an der Strafkammer, die Auslandsjobs und Vorträge bei Lehrgängen oder internationalen Tagungen es zulassen, geht der Richter auch gerne zurück in die Schule, in eine Realschule im Oberland etwa, wo er den Jugendlichen erzählt, wie die Justiz funktioniert.

Fachkundig beantwortet er dann Fragen und erklärt, warum jemand im Gefängnis sitzt, warum einen die Polizei nachts um elf Uhr anhält und den Ausweis sehen will, was man sich aus dem Internet herunterladen darf und was nicht. Und er erklärt dann auch, warum der Staat bei den Morden der Neonazis an ausländischen Mitbürgern so versagt habe.

Eckert drückt sich auch vor solchen Fragen nicht. Und er drückt sich nicht vor langen, komplizierten und hochpolitischen Verfahren. Die Affäre um die Landesbank will Eckert noch selbst verhandeln. In eineinhalb Jahren endet seine Dienstzeit, das könnte eng werden. Der Richter hat vorsorglich beantragt, seinen Ruhestand aufzuschieben.

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