Neuer Autor beim Singspiel:Kölner soll Nockherberg retten

Er arbeitete für Rudi Carrell und Sabine Christiansen, nun soll er den Starkbieranstich am Nockherberg wieder ganz nach vorne bringen: Der Fernsehautor Thomas Lienenlüke ist künftig für das Singspiel zuständig. Die Erwartungen an den Kölner sind hoch - denn den Starkbier-Anstich fanden zuletzt sogar die aufs Korn genommenen Politiker zu lasch.

Franz Kotteder und Christian Mayer

Neuer Autor beim Singspiel: Thomas Lienenlüke wird künftig genau hinschauen, wenn es um bayerische Politik geht.

Thomas Lienenlüke wird künftig genau hinschauen, wenn es um bayerische Politik geht.

(Foto: Zwei R)

Der Nockherberg liegt in der Au, und der alljährlich dort zelebrierte Starkbier-Anstich ist eine sehr heimatverbundene Veranstaltung mit Münchner Honoratioren und bayerischen Politikern. Doch ohne Hilfe von außen scheint die Traditionsveranstaltung, bei der schon bedeutende bayerische Volksschauspieler und Kabarettisten auftraten, nicht mehr überleben zu können.

Am heutigen Mittwoch wird die Paulaner-Brauerei verkünden, wer künftig das Singspiel zu verantworten hat, bei dem die gesamte bayerische Politkaste parodistisch aufs Korn genommen wird. Der Name des Autors klingt für bayerische Ohren ziemlich exotisch: Thomas Lienenlüke heißt der neue Mann, er kommt aus Köln und ist bisher nur Insidern bekannt.

Lienen - hä? Ein Mann, der sehr stark nach rheinischem Humor klingt, soll es also richten. Er soll das zuletzt heftig kritisierte Singspiel am Nockherberg, das Alfons Biedermann drei Jahre lang als massentaugliche Comedy inszenierte, satirisch wieder ganz nach vorne bringen. Denn die Einschaltquoten der Fernsehübertragung waren zwar hervorragend, das Singspiel jedoch fanden viele Kritiker jedoch meist zu zahm.

Insbesondere auch, weil der gut zwei Monate später stattfindende Maibockanstich im Hofbräuhaus mit der Rede von Django Asül zu einer veritablen Konkurrenz herangewachsen ist, was die satirische Schärfe angeht. Und auch Christian Springer dreht als Fonsi beim Starkbieranstich im Löwenbräukeller seit einigen Jahren mächtig auf.

Thomas Lienenlüke wird bald erfahren, wie hoch die Erwartungen in München sind. Auch wenn er in der Öffentlichkeit bisher kaum bekannt ist: Der erfahrene Fernsehmann und Gelegenheitskabarettist ist kein unbeschriebenes Blatt. Nach seinem Germanistik- und Geschichtsstudium in Köln begann er als Redaktionsassistent bei der Rudi-Carrell-Show, bevor er dann jahrelang für alle möglichen TV-Produktionen aktiv war.

Als Autor lieferte er Texte für Kai Böcking, Sabine Christiansen, Ulla Kock am Brink, Harald Schmidt, Ingo Appelt oder Cordula Stratmann. Zuletzt arbeitete für den "Satiregipfel" in der ARD und für "Die Klugscheisser".

Letztere Sendereihe ist das Satire-Flaggschiff des Bayerischen Fernsehens, hier kümmern sich regelmäßig Bruno Jonas, Rick Kavanian (an dessen neuem Solo "Egostrip" Lienenlüke mitgeschrieben hat) und Monika Gruber um die aktuelle Tagespolitik.

Um eine weitere Kapriole reicher

Luise Kinseher, die im kommenden Jahr wieder als Bavaria die Nockherberg-Rede halten wird, ist sehr zufrieden mit der Wahl des neuen Singspiel-Autors: "Wir haben uns beim WDR in Köln kennengelernt, ich hatte da einen Auftritt in der Kneipenkabarettsendung ,Stratmanns', die er mal gemacht hat. Ich nenne ihn seither nur den Leinen Luggi, das klingt einfach bayerischer. " Kinseher ist jedenfalls schon gespannt auf die Zusammenarbeit: "Ich hab' mich ja auch mit dem Biedermann immer ein bisschen abgesprochen, was ich mache, damit wir da nicht zufällig einen ähnlichen Blickwinkel hatten." Sie kann sich vorstellen, "dass der Lienenlüke und ich da gut korrespondieren können". An der Rede hat sie bislang aber noch nicht geschrieben. "Ich war jetzt gerade in Berlin und muss jetzt noch die beiden Parteitage - CSU und SPD - vom Wochenende nacharbeiten, da hat man im Norden praktisch nichts davon gehört."

Starkbieranstich auf dem Nockherberg

Ein Ausschnitt aus dem Singspiel beim Starkbieranstich im März 2013.

(Foto: dpa)

Ähnlich angetan von der Personalie ist der Münchner Kabarettist Helmut Schleich, der zuletzt 2010 auf dem Nockherberg in der Rolle des Franz Josef Strauß brillierte. "Ich bin ganz begeistert von der Entscheidung für Thomas Lienenlüke", sagt Schleich. "Er ist genau der Mann, den der Nockherberg braucht, weil er auch eine gehörige Portion Bosheit und Schärfe mitbringt."

Lienenlükes Herkunft aus der Humor-Zone jenseits der Weißwurstgrenze müsse kein Nachteil sein, schließlich sei der bühnenerprobte Autor in München schon fast sozialisiert. Auch für die BR-Sendung "Schleich-Fernsehen" hat Lienenlüke bereits Texte geliefert - man kennt sich eben in der Szene, und talentierte Autoren sind oft gut im Geschäft, auch wenn sie im Hintergrund wirken.

Angesichts der neuen Entwicklung beim Singspiel könnte sich der populäre Schleich auch eine Rückkehr auf den Nockherberg vorstellen: "Aber ich dränge mich nicht auf - sollte es eine gute Rolle für mich geben, wäre ich gerne dabei, zumal das Jahr 2013 mit der Bundestags- und Landtagswahl besonders spannend werden wird."

Wer beim Singspiel allerdings die Regie führen wird, ist noch nicht bekannt. Offenbar soll das aber nicht wie bei Vorgänger Alfons Biedermann vom neuen Autor gleich miterledigt werden. Angeblich will Paulaner den Namen erst Ende der Woche verkünden. Aber das Spiel mit den Kandidaten, das Rätselraten um die neue Nockherberg-Truppe gehört ja längst auch zu dieser sehr eigenen Veranstaltung, die nun um eine weitere Kapriole reicher ist.

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