Hätte es den Skandal nicht gegeben, sie hätte sich gar nicht beworben, sagt Stephanie Jacobs. Denn wäre der Skandal nicht so groß in der Zeitung gestanden, sie hätte gar nicht mitbekommen, dass die Stadt einen neuen Umwelt- und Gesundheitsreferenten sucht. Aber es gab ihn nun mal, den Skandal, und Stephanie Jacobs hat ihn aufmerksam verfolgt. Ob sie sich amüsiert hat über die CSU-Blamage, sagt sie natürlich nicht, aber gefreut habe sie sich schon, als die Stelle neu ausgeschrieben werden musste. "Ich dachte mir: Gut, dann kriege ich doch noch meine Chance." Sie hat diese Chance ergriffen und genutzt. In zwei Wochen dürfte Stephanie Jacobs, 37, vom Stadtrat zur neuen Referentin gewählt werden.
Am späten Mittwochvormittag sitzt Jacobs dort, wo vier Monate zuvor Markus Hollemann saß. An einem Besprechungstisch im Rathaus, eingequetscht zwischen CSU-Fraktionschef Hans Podiuk und dem Zweiten Bürgermeister Josef Schmid. Markus Hollemann hieß der erste Kandidat, den Podiuk und Schmid als Referenten vorgeschlagen hatten, den sie aber zwei Tage später wieder zurückzogen, weil bekannt geworden war, dass er Mitglied in einem Verein radikaler Abtreibungsgegner ist.
Jacobs ist nicht in diesem Verein, davon darf man ausgehen. Eines aber hat sie mit Hollemann gemeinsam: Sie ist kein CSU-Mitglied. Die CSU hat also ihr Versprechen gehalten, Spitzenpositionen nicht nach Parteibuch zu besetzen, sondern nach Qualifikation. So kann man das jedenfalls sehen.
Ein Blick auf Jacobs' Lebenlauf
Man kann es aber auch anders sehen, dafür reicht ein Blick auf Jacobs' Lebenslauf. Geboren ist sie in Erlangen, nach München zog sie nach ihrem Jura-Studium in Passau. Ihre Karriere begann sie vor zehn Jahren als Referentin von Werner Schnappauf, damals bayerischer Umwelt- und Gesundheitsminister und bekanntlich CSU-Mitglied. Später war sie für Umweltfragen in der Geschäftsstelle der CSU-Landtagsfraktion zuständig; zuletzt war sie Vizechefin des Europa-Referats des natürlich von CSU-Politikern geleiteten Umweltministeriums. Ist Jacobs also doch eine verkappte CSU-Kandidatin? Nein, sagt sie, nur sei es als bayerische Beamtin halt "klar, dass man vorwiegend für CSU-Politiker arbeitet". Sie sagt aber auch, dass man für diese Arbeit "keine ganz andere Meinung haben darf" als die CSU.
So klingt keine, die vorhat, aufzumucken. So klingt eine, der die Parteilinie gut vertraut ist und die bereit ist, sich an diese Linie zu halten. Das klingt auch durch, wenn Jacobs erzählt, was ihre Schwerpunkte als Referentin sein werden. Sie sagt, dass sie keine autofreie Innenstadt will, "dass es utopisch ist, zu glauben, es könnte Städte ohne Autos geben". Um die Luft und die Stadt vor Lärm zu schützen, wolle sie lieber auf Elektroautos und Car-Sharing setzen, also ganz auf das Lieblingsthema von CSU-Bürgermeister Schmid.
In Sachen Gesundheit nennt Jacobs den Pflegenotstand: Den wolle sie über familienfreundlichere Arbeitszeiten und mehr Kita-Plätze lösen, auch gegen die Engpässe in den Kreißsälen wolle sie etwas tun, zum Beispiel "stärker mit freiberuflichen Hebammen zusammenarbeiten". Und die Sanierung des städtischen Klinikums? Die wolle sie zwar "fachlich begleiten", die sei aber bereits "in guten Händen".
Überhaupt bringt Jacobs alles mit, was die Partei sich unter einer CSU-Vorzeigefrau vorstellt. Sie ist Karrierefrau, auch optisch: Hosenanzug, Bluse, das Haar geschlossen. Sie ist auch Mutter zweier Söhne, ein und drei Jahre alt. Eine "junge" Mutter, wie Schmid betont. Antreten werde Jacobs ihr Amt im September, sagt Schmid, vorausgesetzt, die Mehrheit des Stadtrats stimmt der Personalie am 1. Juli zu. Nach dem Hollemann-Debakel dürfte diesmal aber alles glattlaufen, auch der Koalitionspartner ist mit der Kandidatin zufrieden. "Es spricht nichts dagegen, den Vorschlag der CSU zu akzeptieren", sagt SPD-Stadtrat Ingo Mittermaier.