Neue Synagoge im Lehel:Träume auf der grünen Wiese

Stararchitekt Daniel Libeskind will im Lehel für die liberale jüdische Gemeinde eine Synagoge bauen. Am 15. Oktober kommt er zur Ortsbegehung nach München.

Monika Maier-Albang

Der Termin steht fest und in großen Zügen auch schon der Ablauf des Tages: Am 15. Oktober kommt der amerikanische Stararchitekt Daniel Libeskind nach München, um sich den Ort anzusehen, an dem er für die liberale jüdische Gemeinde Beth Shalom eine Synagoge bauen will. Für 12 Uhr ist eine Begehung des Grundstücks im Lehel geplant, eine Stunde später ein Empfang in den jetzigen Räumen von Beth Shalom in Thalkirchen - klein sind sie, der Gebetsraum liegt im Keller. Deshalb ist Beth Shalom seit langem auf der Suche nach einem neuen Zuhause. Vor einem Jahr sagte Libeskind der Gemeinde seine Unterstützung zu. Ein Coup der Liberalen, der auf einen persönlichen Kontakt zurückgeht: Der frühere Rabbiner von Beth Shalom, Walter Rothschild, hatte für Libeskinds Tochter die Bat-Mizwa gefeiert.

Das städtische Grundstück im Lehel wäre "für uns ein absoluter Traum", sagt Terry Schwartzberg, Amerikaner ist auch er und im Vorstand der Gemeinde Beth Shalom. Das Grundstück liegt an einer kleinen Straße im Lehel nahe der Isar. "Am Grieß" heißt sie, und dort, wo die Synagoge entstehen könnte, wachsen derzeit noch Gras und Bäume. Seit einigen Monaten ist die unbebaute Fläche im Gespräch, wobei der Bezirksausschuss anfangs nicht glücklich war über die potentiellen neuen Nachbarn. Anwohner haben Sicherheitsbedenken, vor allem aber wollen viele auf ihren kleinen Park nicht verzichten. Nun aber, nach etlichen Gesprächen mit dem Bezirksausschuss, ist Schwartzberg überzeugt, dass inzwischen auch die Anwohner "positiv gestimmt" seien. Man habe aus anderen Bauvorhaben, etwa dem Sendlinger Moscheeprojekt, lernen können, dass "die Akzeptanz der Anwohner da sein muss". Hilfreich ist dabei sicher, dass in den Komplex ein Kindergarten und eine Kinderkrippe einziehen sollen; die Hälfte der Plätze wäre für Anwohner reserviert.

In den städtischen Referaten ist man von der Euphorie der Liberalen allerdings überrascht. Für das Grundstück gebe es einen Bebauungsplan, und der sehe vor, dass hier Wohnungen errichtet werden müssen, sagt die zuständigen Bürgermeisterin Christine Strobl. Bis Oktober soll das Planungsreferat eine detaillierte Stellungnahme ausarbeiten, "damit wir wissen, was möglich ist und was nicht". Muss der Bebauungsplanes geändert werden, dauere das mindestens zwei Jahre, wenn Einsprüche von Anwohnern kommen, was zu erwarten sei, sogar noch länger, heißt es in der Verwaltung. Auch sei die Finanzierung des Baus noch reichlich ungesichert, der Besuch des Architekten also alles in allem zu früh.

Dass Libeskind nun dennoch persönlich anreist, liegt zum einen wohl daran, dass die Gemeinde gerne früh die Werbetrommel für ihr Projekt rühren möchte, zum anderen macht sich Libeskind für gewöhnlich in der Frühphase eines Bauvorhabens mit dem Ort vertraut, an dem gebaut werden soll. Außerdem wünsche das Planungsreferat einen Entwurf, sagt Schwartzberg. Für die Gemeinde steht schon relativ klar fest, was sie haben will: ein Gebetshaus für 300 Menschen, so viele, wie man derzeit Mitglieder hat. Dazu Platz für Veranstaltungen, ein Begegnungscafé, eine Bibliothek, Büros und vier oder fünf Wohnungen: für den Rabbiner, aber auch für Senioren, darunter KZ-Überlebende. Kosten würde der Bau, an dem auch der Münchner Architekt Sven Pott mitwirken soll, nach bisheriger Kalkulation zwischen elf und 13 Millionen Euro - das Grundstück ausgenommen. Das, so hofft man bei Beth Shalom, werde die Stadt der Gemeinde auf Erbpacht überlassen. Bis zu 40 Prozent der Baukosten kämen, so die Rechnung der Gemeinde, aus öffentlicher Hand. Auch hier ist von Vorteil, wenn man Kindertageseinrichtungen mitplant. Man stehe mit Banken in Verhandlungen, sagt Schwartzberg. "Und wir hoffen, dass der Freistaat uns nicht im Stich lässt." Auch eine Stiftung will Beth Shalom gründen und Spenden sammeln. Wobei Schwartzberg optimistisch ist, dass der erste Neubau einer liberalen Synagoge in Deutschland nach dem Krieg weltweit so großes Aufsehen erregen wird, dass auch weltweit Spenden fließen. Schließlich war die 1938 auf Hitlers Befehl geschleifte Münchner Hauptsynagoge an der Herzog-Rudolf-Straße ein liberales Gotteshaus. Viele liberale Juden flohen damals in die USA - die Synagoge mit amerikanischer Hilfe wäre quasi ein Re-import.

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