Neue Philharmonie:Ein Standort macht noch keinen Konzertsaal

Grafik Konzertsaal-Standort ostbahnhof

Neu im Gespräch um einen möglichen Standort für den Konzertsaal: das Gelände am Ostbahnhof.

(Foto: Grafik: SZ)
  • Die Standortsuche für einen neuen Konzertsaal in München geht in die nächste Runde. Inzwischen ist auch das alte Pfanni-Gelände am Ostbahnhof im Gespräch.
  • Ministerpräsident Seehofer ist angetan - und auch die Unterstützung aus der Lokalpolitik ist ihm sicher.
  • Doch in der Arbeitsgruppe von Kunstminister Spaenle bereitet die plötzliche Euphorie über das Werksviertel vielen Sorgen.

Von Christian Krügel

Den Standort, den Münchens Kulturreferent Hans-Georg Küppers am Samstagabend für einen neuen Konzertsaal vorgeschlagen hat, wird der Ministerrat am Dienstag sicher nicht billigen. Bei seiner Begrüßung zu "Klassik am Odeons-platz" brachte er vor 8000 Zuschauern spaßeshalber mal den Marienhof ins Gespräch: Der Bau der zweiten Stammstrecke verzögere sich ja ohnehin.

Die Staatsregierung ist aber nicht mehr scharf auf neue, spaßige Ideen. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist zu sehr angetan von den Plänen des Pfanni-Erben Werner Eckart, eine neue Philharmonie in das Werksviertel am Ostbahnhof zu bauen. Zumal nun auch die von Seehofer erwartete lokale Unterstützung kommt: Der CSU-Ortsverband Berg am Laim fordert, auch noch Teile der Musikhochschule dort unterzubringen und spricht von einem "richtungsweisenden Weg in die Zukunft". Vor allem begeistert Seehofer und Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), dass dort schon 2016 mit den Planungen begonnen werden könnte. So dringen immer mehr Details über das Projekt an die Öffentlichkeit.

Der Konzertsaal könnte dort auf ein zentrales Grundstück gebaut werden, das jetzt als Parkplatz genutzt wird. Rund 50 mal 110 Meter Fläche wäre verfügbar, genug Raum für eine ansprechende Architektur, heißt es. Dahinter schlössen sich ein Grünzug mit Wohnbebauung an, rechts daneben das Kultur- und Gastrozentrum Werk 3, die heutige Tonhalle, die Nachtkantine und das Technikum wären ebenso in der Nähe wie Clubs und Bars. Zwischen Bahngleisen und der Philharmonie läge ein Hotelkomplex. Der neue Saal wäre also kein markantes, alleinstehendes Gebäude, sondern eingebettet in das Ausgehviertel.

Bei den Experten geht die Angst um

So schön das klingt: In der Arbeitsgruppe von Kunstminister Ludwig Spaenle bereitet die plötzliche Euphorie über das Werksviertel vielen Sorgen. Außer Vertretern der Konzertsaalfreunde, des Bayerischen Rundfunks und der Lokalbaukommission gehören ihr auch Bayerns oberster Denkmalschützer Mathias Pfeil und neuerdings ein Abgesandter des Finanzministeriums an.

Eine Furcht der Experten: Werner Eckart will das Areal nicht verkaufen, sondern selbst entwickeln und vielleicht auch betreiben, womöglich über seine Firma Otec, die heute die Clubs dort managt. Das könne aber dazu führen, dass kein klassischer Konzertsaal, sondern ein rentablerer Multifunktionssaal entsteht. Es müsste ein komplexes Finanzierungsmodell zwischen privater und öffentlicher Hand geben - der Oberste Rechnungshof hatte zuletzt vor solchen Projekten gewarnt.

Welcher Standort wäre am besten?

Zudem würde die Arbeitsgruppe gerne erst das Büro des Stadtplaners Albert Speer klären lassen, welcher der vier verbliebenen Standorte städtebaulich am besten wäre. Gerade im Olympiapark könne eine bauliche Wunde geheilt werden. Das Areal gegenüber der BMW-Welt ist so etwas wie die Schmuddelecke des Parks. Eine neue Philharmonie könnte da helfen.

Das gelte auch für die Pakethalle an der Friedenheimerstraße. Die Post will dort irgendwann ausziehen - was wird dann aber aus dem riesigen Industriedenkmal? "Eine Squash- oder Kletterhalle halt", unken Kenner der Immobilienszene schon. Bei einem Konzerthaus am Finanzgarten warnen Naturschützer vor gefällten Bäumen, Städteplaner sehen aber die Chance, das Viertel von Odeonsplatz bis zum Englischen Garten besser und grüner zu gestalten.

Von solchen Planspielen und Prüfungen habe Seehofer aber genug, heißt es aus seinem Umfeld. Es soll jetzt vor allem schnell gehen, und so könnte sich das Kabinett schon am Dienstag endgültig auf das Werksviertel festlegen - ein bisschen zu schnell, fürchtet die Arbeitsgruppe. "Da wird wieder ein Ei geschält, ehe es gekocht ist", heißt es.

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