Neuer Paulaner-Verwaltungssitz:Ärger am Bau des Zacherlbräus

Neuer Paulaner-Verwaltungssitz: Vergebliche Rettungsaktion: Karl Lukas hatte sich in einer Petition für den Erhalt der historischen Bauform des Zacherlbräus eingesetzt.

Vergebliche Rettungsaktion: Karl Lukas hatte sich in einer Petition für den Erhalt der historischen Bauform des Zacherlbräus eingesetzt.

(Foto: Catherina Hess)
  • Eine Petition verlangt, dass der Zacherlbräu an der Ohlmüllerstraße in seiner historischen Form wieder errichtet wird.
  • Paulaner jedoch plant auf dem Gelände ein modernes Verwaltungsgebäude.
  • Nun wirft der Landtag der Stadtverwaltung ein "Kommunikationsdesaster" vor.

Von Thomas Anlauf

Es ist eine ungewöhnliche Baustellenbesichtigung. Keiner der Teilnehmer hat einen Blick für das riesige Loch im Hintergrund, geschweige denn für die eingerüstete Fassade des historischen Zacherlbaus. Dabei gerät das, was hier an der Ohlmüllerstraße in der Unteren Au gerade entsteht, zum Politikum. Die Landtagsabgeordneten Michael Piazolo (Freie Wähler), Oliver Jörg (CSU), Robert Brannekämper (CSU) und Isabell Zacharias (SPD) werfen Münchens Stadtbaurätin Elisabeth Merk vor, dass sie die Haltung des Wissenschaftsausschusses im Bayerischen Landtag zum Thema Zacherlbräu als "Einzelmeinung" abtut. Merk stelle gar das Petitionsrecht des Landtags infrage.

Der Ausschuss im Landtag hatte über eine Petition des Münchners Harald Lukas zu befinden, der gefordert hatte, das historischen Zacherlbräu in seiner historischen Bauform mitsamt Walmdach wieder aufzubauen. Das Gebäude aus dem Jahr 1822 gehört zur Paulaner-Brauerei und soll künftig als Verwaltungssitz dienen.

Da das Gemäuer und das Dach im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und nur provisorisch wieder restauriert worden war, soll lediglich die denkmalgeschützte Fassade erhalten bleiben. Einen Architekturwettbewerb, bei dem auch Stadtbaurätin Merk in der Jury saß, gewann der Entwurf von Hierl Architekten, der ein modernes Verwaltungsgebäude mit Flachdach vorsieht. Die Pläne stießen bei Denkmalschützern und dem Bezirksausschuss auf heftige Kritik, allerdings vergebens. Und auch der Wissenschaftsausschuss im Landtag befand am 3. Dezember, dass die Forderung in Lukas' Petition "in vollem Umfang" berechtigt und auch durchführbar sei.

Offener Brief an Münchens Stadtbaurätin

Doch das Zacherlbräu war zu diesem Zeitpunkt bereits nur noch eine Ruine. Vor genau einem Jahr begann der Teilabriss des Gebäudes, im Herbst 2016 wäre das neue Verwaltungsgebäude bezugsfertig. Der straffe Zeitplan ist auch notwendig: Sobald Paulaner mit seiner Verwaltung von der Hochstraße in die Untere Au zieht, wird der bisherige Stammsitz abgerissen, auf dem Grundstück soll dann bis 2019 ein Teil eines neuen Stadtquartiers für bis zu 3500 Bewohner entstehen.

"Entscheidend war", schreiben nun die vier Vertreter des Wissenschaftsausschusses in einem offenen Brief an Merk, "dass entgegen der ursprünglichen Anlage des Verfahrens während dessen Lauf der Umgriff des Bebauungsplans geändert wurde, konkret: Die Flächen den Zacherlbräu betreffend wurden herausgenommen" und eine einfache Baugenehmigung erteilt. Zwar habe sich das Landesamt für Denkmalschutz im Preisgericht kritisch zu den Plänen äußern können, es hatte aber keinerlei Stimmrecht. So wurde lediglich "die zweifelhafte Aufstockung" des Zacherlbräus von den Denkmalschützern problematisiert.

Trotz der Petition von Lukas, die am 1. Juli 2014 im Landtag einging, veranlasste die Stadt keinen Baustopp für das Projekt an der Ohlmüllerstraße. "Wenn es eine Petition gibt, wird das entsprechende Bauvorhaben gestoppt", sagt die Landtagsabgeordnete Isabell Zacharias, die ebenfalls im Wissenschaftsausschuss sitzt. Doch die Petition sei "ignoriert worden". Es sei üblich, dass nach Annahme einer Petition im Landtag die betroffene Kommune einen Konsens suchen müsse, wie der Petition entsprochen werden kann. Zacharias erwartet nun "von der Stadt, dass sie massiv auf den Landtag zugeht".

Wie die Stadt auf die Petition reagierte

Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Jörg spricht in diesem Zusammenhang von einem "Kommunikationsdesaster" der Stadtverwaltung. Denn bislang habe es keinerlei offizielle Reaktion der Landeshauptstadt gegeben. Merk hatte hingegen am 23. Februar einen Brief an den Initiator der Petition geschrieben. Darin schreibt sie: "Bei diesen Juryentscheidungen handelt es sich um ein Gesamtvotum, sodass es aus meinem Verständnis heraus konträr wäre, im Nachhinein mit Einzelmeinungen dieses in einem umfangreichen Prozess und einer eingehenden Diskussion gefundene Gesamtergebnis wieder zu hinterfragen."

Als "höchst bedenklich" bezeichnen die vier Mitglieder des Wissenschaftsausschusses nun, wie Merk "eine einstimmig beschlossene Fachäußerung der politischen Vertretung von fast 13 Millionen Bürgerinnen und Bürgern unter dem Terminus ,Einzelmeinung' abqualifizieren. Dieser Vorgang ist einmalig." Merk reagierte am Donnerstagnachmittag "höchst irritiert und verwundert" über die Anschuldigungen der Landespolitiker. Es handle sich "um ein ganz großes Missverständnis".

Die "Einzelmeinungen", die sie in ihrem Brief anspricht, bezögen sich selbstverständlich "weder auf den Landtag, noch auf Herrn Lukas, sondern auf meine Person". Sie sei es nämlich, die sich seit Jahren in München in besonderem Maße für die Denkmalpflege einsetze. Sie bedaure es deshalb sehr, wenn es im Landtag nun so eine falsche Wahrnehmung des Sachverhalts gebe. Merk hatte übrigens im Preisgericht gegen den Siegerentwurf gestimmt. Sie hatte Bedenken zum Denkmalschutz.

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