Neue Idee des OB:Expertenrat soll Vision von München erarbeiten

Neue Idee des OB: Der Stelzenbau über dem Parkplatz des Dantebads: Anfangs sei er wegen der Idee für verrückt erklärt worden, sagt Reiter. Nun sei bewiesen, "dass es geht und dass man es auch schnell machen kann".

Der Stelzenbau über dem Parkplatz des Dantebads: Anfangs sei er wegen der Idee für verrückt erklärt worden, sagt Reiter. Nun sei bewiesen, "dass es geht und dass man es auch schnell machen kann".

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Stadt und ihre Probleme wachsen weit schneller als erwartet:
  • Wo sollen alle wohnen? Wie funktioniert der Verkehr?
  • Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) erhofft sich nun Lösungen von einem unabhängigen Expertengremium - vom Professor bis zum Metzgermeister.

Von Heiner Effern

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will einen Zukunftsrat einrichten, mit dem er angesichts des massiven Wachstums eine Vision für München entwickelt. "Wir müssen weit über das hinaus denken, was wir uns in München grad vorstellen können", sagt der OB.

Noch seien die Pläne für den eigenen Beraterstab ganz am Anfang, Namen wolle und könne er im Moment keine nennen. Doch sollten ihm Vertreter aus dem Handwerk, der Wissenschaft und der Forschung, des Handels, der Bildung und auch Bürger ohne bestimmtes Amt oder eine außergewöhnliche Qualifikation angehören. "Menschen aus der Gesellschaft, von denen ich glaube, dass wir etwas lernen können. Mir geht es darum, dass man vom Metzgermeister bis zum Universitätsprofessor versucht, sich einen breiten Input zu holen."

Wie wichtig eine übergeordnete Idee für die Zukunft der Stadt sein wird, leitet Reiter aus der jüngsten Wachstumsprognose für die Einwohnerzahl ab. Im Jahr 2035 rechnet Elisabeth Merk, die Chefin des Planungsreferats, mit 1,85 Millionen Münchnern. Er habe Merk schon eine Wette angeboten, dass sich die Prognosen in drei Jahren schon wieder als zu niedrig erweisen würden. "Ich sehe keine Grenze beim Zulauf nach München", sagt Reiter. Deshalb wolle er sich in der zweiten Hälfte seiner ersten Amtszeit intensiv Gedanken machen, wie die Stadt in 20 oder 30 Jahren aussehen kann und soll.

Das gilt insbesondere für zwei Hauptprobleme: Wohnen und Mobilität. Wobei Reiter die Zukunft des Verkehrs in der Stadt auch eng mit dem Umweltschutz verknüpfen will. "Stadt- und Verkehrsentwicklungsplan werden sich enger verzahnen müssen mit dem Thema Ökologie." Auch wenn die Autofahrer und Nahverkehrsnutzer im Zentrum so viele Baustellen wie zumindest sehr lange nicht mehr erleben werden, Reiter weiß, dass Klotzen alleine den drohenden Infarkt des Verkehrs nicht lösen wird. "Wir müssen unsere Schranken, die wir alle irgendwo ein bisschen haben, aufheben."

Autofahrer müssen jedoch damit rechnen, dass mit einem Zukunftskonzept 2030 auch neue Schranken aufgestellt werden. "Können wir da überhaupt noch Autos in die Innenstadt fahren lassen?", fragt sich Reiter. Und antwortet gleich selbst: Er könne sich das nur schwer vorstellen. "Das heißt wir müssen intensiver an das Thema Elektromobilität ran." Beeindruckt zeigt er sich vom autonomen Fahren, das er kürzlich selbst testete. Völlig neue Modelle der Verkehrslenkung seien möglich: "Autos, die von selbst fahren und wissen, da darf ich jetzt um zwölf Uhr mittags nicht vorbeifahren, weil da gerade der Kindergarten aus ist, da nehme ich eine andere Strecke."

Aber auch beim Bauen neuer Wohnungen will Reiter über das Gewohnte hinaus denken. Als Beispiel nennt er den Stelzenbau über dem Parkplatz des Dantebads. Anfangs sei er wegen der Idee für verrückt erklärt worden, nun sei bewiesen, "dass es geht und dass man es auch schnell machen kann". Dazu will Reiter gerade an den Universitäten nach Ideen fahnden, wie das Bauen der Zukunft aussehen könnte. Solche Themen solle sein Zukunftsrat erörtern, weg "vom Klein-Klein" des Alltags.

Dem Gremium könnte auch ein Zukunftsforscher angehören. Reiter hat dafür offenbar schon einen im Sinne, dessen Name er aber noch nicht nennen will - einen, "der sich mit Nachhaltigkeit in jeder Beziehung, nicht nur bei Gänseblümchen, befasst hat". Der neue Stab soll ehrenamtlich arbeiten, nicht als organisiertes Stadtratsgremium. Es werde ein Kreis sein, "in dem ich ganz offen und vertrauensvoll und vertraulich bespreche, wie ich mir die Zukunft vorstellen kann". Wann er zusammentritt, steht nicht fest. Der OB zeigt sich aber entschlossen, der Stadt eine Idee zu hinterlassen, wie sie die Zukunft bewältigen kann - "weit über meine Zeit hinaus."

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