Neue Hinweise zum Oktoberfest-Attentat:Skeptische Bundesanwälte

Denkmal Oktoberfest-Attentat

Das Denkmal am Haupteingang der Theresienwiese erinnert an die Opfer des Oktoberfest-Attentats.

(Foto: Nuri Almak/dpa)

Nur einen Tag nach dem Oktoberfest-Attentat von 1980 soll eine Zeugin Hinweise gefunden haben, die auf Hintermänner deuten. Die Bundesanwaltschaft will das jetzt "sorgfältig prüfen".

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe, und Robert Roßmann, Berlin

Die Bundesanwaltschaft will die neuen Hinweise zum Oktoberfestattentat von 1980 "sorgfältig prüfen und etwaigen Ermittlungsansätzen nachgehen". Das teilte ein Sprecher in Karlsruhe mit. Ob allerdings die Ermittlungen förmlich wieder aufgenommen werden, ist offen. Zwar hat die Behörde inzwischen den Antrag des Rechtsanwalts Werner Dietrich vorliegen. Er präsentiert eine neue Zeugin, die nach seiner Lesart die These vom Einzeltäter erschüttert. Eine Überprüfung dieser Angaben steht aber noch bevor.

Da solche Hinweise in der Vergangenheit häufig im Sande verlaufen sind und bereits umfangreich ermittelt wurde, scheint die Behörde eher skeptisch zu sein, ob die Zeugin nun die Wende bringen kann - 34 Jahre nach dem Attentat, bei dem am Haupteingang der Wiesn eine Bombe 13 Menschen getötet und 200 verletzt hat.

Das Bundesjustizministerium erklärte, der Generalbundesanwalt prüfe den Fall "völlig unabhängig nach Recht und Gesetz". Es will dabei keinerlei Einfluss auf ihn nehmen, ihn also auch nicht anweisen, die Ermittlungen wieder aufzunehmen - diese Option hatte die bayerische Landtags-SPD vergangene Woche ins Spiel gebracht.

Nach Dietrichs Darstellung soll eine Theologin ausgesagt haben, sie habe am Tag nach dem Anschlag einen Sprachkurs für Aussiedler gegeben. Dabei habe sie bei einem ihrer Schüler, einem Rechtsextremisten, zufällig einen Stapel lobender Nachrufe auf den Bombenleger Gundolf Köhler sowie zwei Pistolen entdeckt. Aus Dietrichs Sicht deutet dies zumindest auf die Mitwisserschaft weiterer Personen hin, da die Polizei zu diesem Zeitpunkt den Namen des bei dem Anschlag ums Leben gekommenen Attentäters noch gar nicht bekannt gegeben hatte.

Über 1700 Zeugen, 100 Sachverständigengutachten

Die Bundesanwaltschaft hatte die Ermittlungen am 23. November 1982 eingestellt, weil sich der Anfangsverdacht nicht erhärten ließ, an dem Anschlag seien mehrere Täter beteiligt gewesen. Die Ermittler hatten mehr als 1700 Zeugen vernommen und gut 100 Sachverständigengutachten anfertigen lassen. Dabei hatten sie auch das rechtsextremistische Umfeld Köhlers ausgeleuchtet, kamen am Ende jedoch zum Ergebnis, dieser habe die Bombe ohne fremde Hilfe gebaut und gezündet.

Aufgrund neuer Hinweise unternahm die Behörde 1984 einen weiteren Anlauf und befragte 27 Zeugen - ohne Ergebnis. Seither gab es immer wieder Versuche, Licht ins Dunkel zu bringen. 2009 und 2010 wurden Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit gesichtet sowie zwei einstige Stasioffiziere und ein früherer Rechtsextremist vernommen. Zuletzt gingen die Ermittler einem Hinweis auf eine "stay-behind"-Einheit eines Geheimdiensts nach, doch auch diese Spur führte ins Nichts. Die Bundesanwaltschaft habe sich dabei nie auf die Einzeltäterthese festgelegt, sagte ihr Sprecher, habe aber eben keinen Beweis für die Beteiligung mehrerer Personen gefunden.

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