Einkaufen:Shopping-Elfen sind in Uganda unverzichtbar

Einkaufen: In der Münchner Fußgängerzone sind viele Frauen ganz ohne Berater und Taschenträger unterwegs.

In der Münchner Fußgängerzone sind viele Frauen ganz ohne Berater und Taschenträger unterwegs.

(Foto: Natalie Neomi Isser)

Die Frauen in Bayern scheinen beim Einkaufen dagegen ganz gut allein zurechtzukommen. Woran das liegt, probiert unsere Kolumnistin aus.

Kolumne von Lillian Ikulumet

Shopping ist keineswegs ein reines Vergnügen. Es ist eine Mission, die erfolgreich verlaufen kann, an der man aber auch kläglich scheitern kann. Wir Frauen wissen das - und um der Herausforderung gewachsen zu sein, nehmen wir uns deshalb gerne eine Shopping-Begleitung mit, wir in Uganda sagen dazu: Shopping-Elfen. So hat man immer eine Zweitmeinung, wenn man etwas kauft. Entweder eine schöne Bestätigung: "Oh ja, diese Bluse steht dir ganz ausgezeichnet"; oder eine deutliche Warnung: "Nichts für ungut, aber diese Hose macht einen Elefantenhintern."

Ehrlichkeit kann manchmal weh tun, aber besser gleich von Freunden, als später im Büro. Klar, Shopping-Elfen sind keine Garantie für eine erfolgreiche Mission (das sieht man an den Outfits, die sie teilweise in der TV-Sendung "Shopping-Queen" wählen). Und doch sinkt dadurch die Wahrscheinlichkeit, im Schuhgeschäft oder im Kleiderladen grobe Fehler zu begehen.

Wo ich herkomme, würde ich sogar noch weiter gehen: Dort ist eine findige Begleitung unverzichtbar, es sei denn, man hat Lust auf eine Albtraum-Tour. In Uganda würde es der Verkäufer immer darauf anlegen, dir die möglichst teuerste Ware anzudrehen, selbst wenn sie noch so wenig zum Kunden und seinen Bedürfnissen passt.

Die Leute machen das nicht aus reiner Boshaftigkeit, eher aus finanziellen Nöten. Wenn schon mal jemand Geld für neue Kleidung mitbringt, dann wollen die Verkäufer diese seltene Chance nutzen. Viele in Uganda bestellen deshalb im Internet, ich habe es so gehalten, stets mehrere Freundinnen um mich zu scharren, eine ganze Armada an Shopping-Elfen. Ohne wäre ich auf meinen analogen Shopping-Touren wohl ziemlich verloren gewesen.

In München hat die intensivste Shopping-Zeit des Jahres begonnen, und dort sieht man ganz andere Bilder: Viele Frauen stehen alleine vor den Spiegeln der Umkleidekabinen und steigen dann mit vollbepackten Taschen in den Bus - ganz ohne Berater und Taschenträger. Und trotzdem sind die Münchnerinnen weder verarmt, noch hat man den Eindruck, dass den Menschen in der Stadt ihre Kleidung nicht steht. Die Münchnerinnen, so scheint es zu sein, kommen beim Shoppen ganz gut alleine zurecht. Woran das wohl liegen mag?

Um das herauszufinden, habe ich den Selbstversuch im Stadtzentrum gemacht, ganz ohne Elfen. Als ich ein Kleid anprobierte, da kam auch schon eine Verkäuferin auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht ein anderes Kleid probieren möge. Bis hierher wäre es in Uganda kaum anders gewesen.

Zu meinem Erstaunen kam die Verkäuferin aber nicht mit einem Wucherangebot zurück sondern mit einem wesentlich günstigeren Kleid. Ich dachte erst, sie habe mir nicht zugetraut, das teurere Stück zu bezahlen. Als ich ihre Variante anhatte, erkannte ich aber ihre wahre Intention: Es passte mir einfach perfekt. Dass ich mir dadurch auch noch Geld sparte, war natürlich ein praktischer Nebeneffekt.

Erlebnisse wie diese lassen mich an das Gute im Menschen glauben, an die Nächstenliebe, gerade darum soll es ja in diesen Tagen gehen. Und egal ob mit Elfen oder ohne, wenn man in Bayern daheim ist, dann sollte man seinen Laptop zuklappen, eine Einkaufsliste schreiben, tief durchatmen und unter die Leute gehen.

Die wollen ihre Ware zwar loswerden, vielen kommt es aber auch darauf an, dass sie ihre Kunden zufrieden machen. Und wenn man mal einem Scharlatan begegnet, dann kann man sich an einen Marktstand retten und seinen Ärger mit Bratwurst und Glühwein hinunterspülen.

Übersetzung aus dem Englischen: Korbinian Eisenberger

Neue Heimat - Der andere Blick auf München
Vier Flüchtlinge, die in ihrer Heimat als Journalisten gearbeitet haben. Nach dem Porträt werden sie regelmäßig eine Kolumne schreiben. Fotografiert auf der Brücke im SZ-Hochhaus.

Die Autorin: Lillian Ikulumet, 36, stammt aus Uganda. Bis 2010 arbeitete sie dort für mehrere Zeitungen, ehe sie flüchtete. Seit fünf Jahren lebt Ikulumet in München.

Die Serie: Zusammen mit drei anderen Flüchtlingen schreibt Ikulumet für die SZ eine Kolumne darüber, wie es sich in Deutschland lebt und wie sie die Deutschen erlebt. Alle Folgen finden Sie auf dieser Seite...

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