Neue Heimat:Bis dass der Tod uns scheidet

Neue Heimat: In der Heimat von Lillian Ikulumet werden Babys überallhin mitgenommen. Illustration: Bernd Schifferdecker

In der Heimat von Lillian Ikulumet werden Babys überallhin mitgenommen. Illustration: Bernd Schifferdecker

Lillian Ikulumet findet das deutsche Steuersystem zwar lästig, aber eigentlich ziemlich vernünftig. In ihrer Heimat Uganda zahlt kaum jemand Steuern, dafür blüht die Korruption und der Staat hat kein Geld für seine Bürger

Kolumne von Lillian Ikulumet

Steuererklärungen zaubern einem in der Regel kein Lächeln ins Gesicht, eher ist das Gegenteil der Fall. Fast jeder bekommt einen Schock oder murrt zumindest, wenn er oder sie nachsieht, wie viel Steuern abgezogen wurden oder wie viel man zurückzahlen muss. Wenn man sich zum ersten Mal an einer deutschen Steuererklärung versucht, ist das, wie wenn man am Fuße eines mächtigen Berges steht und keinen Bergführer dabei hat. Ich habe es dennoch probiert, mit mäßigem Erfolg: Das Finanzamt meinte, dass ich da nochmal nacharbeiten müsse.

In Bayern gibt es keine Möglichkeit, Steuererklärungen zu entgehen. Ganz anders als in weiten Teilen Afrikas - etwa in Uganda, wo ich herkomme. Viele Unternehmen dort bevorzugen es, ihre Mitarbeiter bar zu bezahlen. Und wenn man selbständig ist, umgeht man die Steuer selbstverständlich. Das hat Vorteile - aber nicht nur, und das vergessen viele.

Wenn man 30 Jahre in Uganda gelebt hat, kommt einem das deutsche Steuersystem sehr gerecht vor. Selbst für den, der nicht mit den Formularen klarkommt. Der Steuerberater befreit einen dann aus der misslichen Lage - heißt es zumindest. Allerdings fragt man sich manchmal, was der einem alles so an Leistungen auf die Rechnung setzt - wenn man Pech hat, ist es fast so schlimm wie bei Ärzten oder Anwälten. Dann fühlt es sich an, als arbeite man ausschließlich fürs Finanzamt.

Aber was wäre die Alternative? In Uganda verliert der Staat Milliarden, weil die Menschen Zöllen ausweichen und Steuern hinterziehen als wäre es ein Sport - Kontrollen gibt es so gut wie keine. Und so kümmert sich niemand im Staat ernsthaft darum, Armut und Korruption zu bekämpfen oder ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern. Das ist die schlimme Folge, unter der das Land seit Jahrzehnten leidet. Viele Regierungen in Afrika verfolgen keine klare Steuerpolitik, und die meisten Menschen und Politiker denken nicht über Nachhaltigkeit und Zukunft nach.

Anders in München: Hier lebt und regiert man vorausschauender. Und zwei Dinge sind sicher: die Steuer und der Tod - er ist der einzige Weg, der Steuer zu entkommen.

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