Neue Abteilung:Genesung ohne Nebenwirkungen

Christian Kammerlander

Information und Betreuung sind wichtig: Ärzte der Altertraumatologie im Gespräch mit einer Patientin.

(Foto: Lukas Barth)

In der Alterstraumatologie des Universitätsklinikums Großhadern arbeiten Chirurgen und Fachärzte für Geriatrie eng zusammen

Von Victoria Michalczak

Linda Koch ist einer der klassischen Fälle. Die 86-jährige ist gestürzt und hat sich eine Hüftfraktur zugezogen. Nun sitzt sie in einem Rollstuhl im Aufenthaltsraum und schaut aus den großen Fenstern hinaus in die Sonne. In der neuen Abteilung für Alterstraumatologie in Großhadern fühlt sie sich nach ihrer Operation gut aufgehoben, wie sie sagt. Hier geht es nicht nur um ihre gebrochene Hüfte, die Ärztin Cornelia Löffel hatte daneben auch Linda Kochs Diabetes, die Herzrhythmus-Störungen und ihre Medikation im Blick, sie hat auch noch eine bis dahin unerkannte Lungenfunktionsstörung diagnostiziert.

Cornelia Löffel ist Fachärztin für Geriatrie. Im Universitätsklinikum Großhadern arbeitet sie aber bei den Chirurgen in der neuen Alterstraumatologie. Dort sollen ältere Menschen, die sich verletzt haben, gezielter versorgt werden. Cornelia Löffel gefällt dieses interdisziplinäre Arbeiten. Sie sagt, dass beide Seiten davon profitierten: "Ich habe jetzt mehr Ahnung von Unfallchirurgie und die Kollegen sind sensibler für internistische Erkrankungen". Die Traumatologie beschäftigt sich mit Knochenbrüchen aller Art. Die Unfall-Chirurgen haben es immer seltener mit jungen Patienten zu tun, etwa 70 Prozent der Patienten sind mittlerweile älter als 80 Jahre. Knochenbrüche passieren im Alter zunehmend häufiger. Dann werden die Knochen porös. Außerdem wachsen sie schwieriger zusammen oder brechen weiter durch. Solche Folgebrüche werden begünstigt durch Osteoporose, den altersbedingten Knochenschwund. In Großhadern wird darum eine spezielle Art von Schrauben zum Operieren verwendet, die verhindern soll, dass ältere Knochen Schaden nehmen. Eine speziell auf Osteoporose ausgebildete Krankenschwester untersucht alle Patienten und kümmert sich um die Nachsorge.

Patienten im fortgeschrittenen Alter müssen anders versorgt und behandelt werden als jüngere. Zum Beispiel nehmen sie häufig Medikamente gegen altersbedingte Erkrankungen ein, deren Wechselwirkungen mit anderen Wirkstoffen abgestimmt werden müssen. Auch dauert der Heilungsprozess nach Operationen länger, entsprechend auch der stationären Aufenthalt im Krankenhaus.

Operationen machen älteren Patienten oft auch schwer zu schaffen. Ihr Gesundheitszustand kann sich unabhängig von dem Bruch verschlechtern. Häufig leiden sie im Krankenhaus sogar am sogenannten "Delir", einer oft nur vorübergehenden Einschränkung des Bewusstseins. Sie reagieren verwirrt, verlieren die Orientierung und werden vergesslich. Ausgelöst wird das etwa durch den plötzlichen Wechsel der Wohnsituation, durch Schmerzen oder durch Stress, wie ihn die Angst vor einer Operation und Sorgen um die Gesundheit auslösen können. Manchmal dauern diese Symptome nach einem Krankenhausaufenthalt länger an. Geriatrie-Ärzte sind speziell dafür ausgebildet, die Symptome des Deliriums zu erkennen und gezielt zu behandeln. Außerdem hängen in der Alterstraumatologie in Großhadern zur gezielten Reorientierung der Patienten in jedem Zimmer Uhren und Kalender.

Die Begleiterkrankungen und auch die Medikation habe ihre Kollegin einfach besser im Auge als sie selbst, sagen die operierenden Chirurgen. Auf diese Weise könne Cornelia Löffel dann Diagnosen stellen, die sie selbst übersehen hätten. So wie etwa die Lungenunterfunktion der Patientin Koch. "Ohne die Geriatrie wäre das unentdeckt geblieben", sagt Löfflers Kollege Carl Neuerburg.

Linda Koch ist auf dem Wege der Besserung. Im Aufenthaltsraum erklären ihr die Mediziner noch einmal, was bei ihrer Operation geschehen ist. Sie erzählt dafür den Ärzten von früher. Von abenteuerlichen Ski-Urlauben, als sie in einer Lawine eingeschlossen war. Sie hat viel erlebt und ist eigentlich fit für ihr Alter. Der Sturz auf ihrer Terrasse hat sie zwar kurz aus der Bahn geworfen, aber das Delir der letzten Tage hat sie gut überstanden, sie kann schon wieder lachen.

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