Neubauprojekt:Kulturgut oder schöner Schein

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Gerichtsgutachter uneins über vom Abriss bedrohte Villa im Herzogpark

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Der lange Rechtsstreit um die Villa in der Kolbergerstraße 5 im Herzogpark steht kurz vor der Zielgeraden - jedenfalls in der ersten Instanz. Das Verwaltungsgericht München wird an diesem Dienstag bekannt geben, ob für den geplanten Abriss der alten Walmdachvilla, errichtet 1923, eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis notwendig ist. Der Immobilienentwickler Stefan Höglmaier von dem Münchner Unternehmen Euroboden will an dieser Stelle einen Neubau mit Eigentumswohnungen errichten. Das möchte eine Bürgerinitiative, der auch viele Nachbarn angehören, verhindern: Sie sieht unter dem Stichwort "Kulturgut Herzogpark" eine Debatte von grundsätzlicher Bedeutung.

Wie schon so oft war auch dieser Gerichtstermin am Montag von Diskussionen zur geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen und wissenschaftlichen Bedeutung des Gebäudes geprägt. Denkmal ja oder nein -Fachleute beider Parteien und der Sachverständige des Gerichts unterstrichen wieder und wieder ihre sehr unterschiedlichen Bewertungen.

Etwa das Landesamt für Denkmalschutz nennt die Villa einen "Prototyp" unter den Herzogpark-Villen. Denn der damalige Bauherr sei von der vorherrschenden Staffelbauordnung deutlich abgewichen, habe bewusst auf viel Baurecht verzichtet und so einen grünen Korridor zwischen Mauerkircherstraße und Herzogpark geschaffen. Allerdings, räumt das Amt ein, habe das Gebäude durch Umbauten Mitte der 80er Jahre erhebliche Einbußen erlitten. Die Vertreter der Stadt brachten deshalb gar Überlegungen ins Spiel, ob man Rückbauten anordnen könne. Das Landesamt hält das aber für wenig sinnvoll, wenn die alte Substanz, wie etwa originale Türstöcke, nicht mehr vorhanden sei: Die Erzeugung eines schönen Scheins durch den Nachbau früherer Merkmale gehöre nicht zu ihren Kernaufgaben. Auch das Gericht winkte ab: Nach Jahrzehnten sei ein Rückbau auch rechtlich kaum durchsetzbar.

Der vom Gericht bestellte Denkmalschutz-Sachverständige Helmut Behrens aus Kiel bekräftigte seine Ansicht, dass es sich bei der Villa um kein Denkmal handle - immerhin sei 1985/86 Bausubstanz im Wert von damals rund 800 000 Mark, also etwa 400 000 Euro ausgetauscht worden. Doch die Stadt beharrte auf die Bedeutung der Villa als "Einzug der modernen Architektur".

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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