Neuaubing:Mit den Ohren erleben

Gymnasiasten erarbeiten Audioguide für die Baracke 5

13 Jahre alt ist Ivan, als er im Sommer 1943 aus der Ukraine nach Deutschland verschleppt wird. Seine Leidensgeschichte wird nun von einem elektronischen Museumsführer, einem sogenannten Audioguide, erzählt, den Schüler des Pasinger Karlsgymnasiums für das Areal des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers an der Ehrenbürgstraße 9 entwickelt haben. Die Adresse steht exemplarisch für die Qualen vieler Millionen Menschen, die von den Nazis aus besetzten Gebieten deportiert und zur Zwangsarbeit gezwungen wurden.

Mehr als 400 Lager für Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter gab es während des Zweiten Weltkrieges allein in München. Als Zeugnis erhalten geblieben sind lediglich acht Baracken in Neuaubing. Die denkmalgeschützte Baracke 5, Lern- und Erinnerungsort des NS-Dokumentationszentrums, befindet sich noch weitgehend im Originalzustand. Sie gehört zu den wenigen Zeitzeugnissen für Zwangsarbeit, einem der zentralen Unterdrückungsinstrumente des NS-Staates.

An der Ehrenbürgstraße waren zeitweise bis zu 600 Zwangsarbeiter untergebracht. Der Audiorundgang bringt die Geschichte des Ortes zu Gehör: Die Jugendlichen sind auf dem Gelände und in dessen Nachbarschaft auf Spurensuche gegangen, haben mit zeitgenössischen Dokumenten gearbeitet, Historiker befragt, Interviews mit ehemaligen Zwangsarbeitern ausgewertet und Gespräche mit den derzeitigen Nutzern des Geländes geführt. Unterstützung erhielten die Schüler dabei von der "Stiftung Zuhören", dem Bayerischen Rundfunk, dem städtischen Kulturreferat, dem NS-Dokumentationszentrum und dem Münchner Stadtarchiv.

Der Audioguide ist abrufbar über die Website www.ns-dokuzentrum-muenchen.de. Per E-Mail an bildung.nsdoku@muenchen.de können Führungen über das Gelände des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers verabredet werden.

© SZ vom 02.07.2016 / eda - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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