Neonazi-Aufmarsch:"Es ist zum Kotzen"

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Die Polizei muss die Neonazis bei ihrem sechsten Aufmarsch gegen die Wehrmachtsausstellung schützen.

Christian Rost

Der 30. November wird ein heißer Samstag, darauf können sich die Münchner einstellen. Etwa 400 Neonazis marschieren aus Protest gegen die Wehrmachtsausstellung durch die Stadt. Es wird dies die sechste Demonstration der Rechten seit Beginn der Ausstellung im Stadtmuseum sein, und die Linke duldet das gewiss wieder nicht.

Wie vor vier Wochen, als rund 1000 rechtsextreme Männer (und auffällig viele) Frauen gegen die Ausstellung mobil machten, sich ihnen am Goetheplatz etwa 3000 Gegendemonstranten in den Weg stellten und sie schließlich zum Rückzug zwangen.

Diesmal müssen sich die demokratisch gesinnten Münchner allerdings darauf einstellen, im Falle einer Blockade zurückgedrängt zu werden - von der Polizei. Im Polizeipräsidium arbeiten die Strategen jedenfalls an Plänen, wie das Demonstrationsrecht der Neonazis durchgesetzt werden kann. "Es ist zum Kotzen", sagt ein Polizeibeamter, "aber nach der Gerichtsentscheidung, die die Demonstration für rechtens erklärt, sind uns die Hände gebunden."

Polizei muss Neonazis den Weg frei machen

Die Polizei müsse den Aufmarsch der Rechten nicht nur tolerieren, sondern auch garantieren. Es handelt sich dabei um keine Einzelmeinung im Präsidium. Dennoch: Die Polizei wird 30. November durchgreifen müssen. Auch bei der ersten Demo am 12. Oktober hatte die Einsatzleitung dies vor. Angesichts der Übermacht der Gegendemonstranten wurde eine Räumung aber letztlich nicht riskiert.

Diesmal werden wohl mehr Beamte im Einsatz sein, um die Gegendemonstranten zurückzudrängen. Ein Glück für die Stadt, dass der 30. November nicht nur erster großer Weihnachtseinkaufstag ist, sondern auch am Marienplatz und Sendlinger Tor Christkindlmärkte stattfinden. Deshalb wird ein Zug der Neonazis in die Innenstadt nicht zugelassen vom Kreisverwaltungsreferat (KVR).

Weil aber den Rechten laut Gericht ein Demonstrationszug mit hoher Öffentlichkeitswirkung zugestanden werden muss, laufen sie vermutlich andernorts in der Stadt auf. Nach SZ-Informationen soll die Route vom Hauptbahnhof via Goethe- oder Schillerstraße Richtung Theresienwiese verlaufen. Immerhin ein Stück weg vom geforderten Weg: Karolinenplatz, Sendlinger Tor zur Theresienwiese.

Gegendemonstration kontraproduktiv

Das "Bündnis gegen Nazi-Aufmärsche" hatte nach der ersten Demo Strafanzeige gegen KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle und Polizeivizepräsident und Einsatzleiter Jens Viering gestellt. Sie hätten beim Neonazi-Aufmarsch geduldet, dass rechtsradikale Transparente gezeigt wurden. Die Staatsanwaltschaft stellt dazu nun fest, es lägen keinerlei verfolgbaren Straftaten vor. Das Verfahren wurde eingestellt.

Hinsichtlich der nächsten Gegendemonstration, zu der es bereits Aufrufe gibt, kritisiert Polizeivizepräsident Viering: "Diese Aufrufe zum Rechtsbruch aus dem bürgerlichen Lager sind höchst kontraproduktiv." Sollten den Aufrufen allerdings wieder sehr viele Münchner folgen, könnte sich die Polizei während des Einsatzes aber wieder dafür entscheiden, die rechte Demonstration zu stoppen.

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