Naturschutz:Ranger auf dem Radl sollen das Isartal retten

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Ein Mountainbiker ist auf einem der "Isar-Trails" im Isartal bei Pullach unterwegs. (Foto: Lukas Barth/dpa)
  • Zum Schutz des fragilen Ökosystems im Isartal sollen künftig hauptamtliche Gebietsbetreuer eingesetzt werden, die selbst auf dem Fahrrad sitzen.
  • Manche Routen sollen gesperrt, dafür aber neue Strecken für Geländefahrer ausgewiesen werden.
  • Mountainbiker zerstören mit ihren Stollenreifen unbeabsichtigt Wurzeln, überfahren geschützte Pflanzen oder Tiere und bringen durch Downhill-Fahrten den steilen Isarhang ins Rutschen.

Von Thomas Anlauf

Mountainbiker, die durchs Isartal ohne Rücksicht auf die Natur durchs Unterholz rasen, könnten schon bald Bekanntschaft mit einem radelnden Ranger machen. Zum Schutz des fragilen Ökosystems mit seinen seltenen Tier- und Pflanzenarten sollen nämlich künftig hauptamtliche Gebietsbetreuer eingesetzt werden. Sie sollen Sportler, die querfeldein unterwegs sind und sich nicht an ausgewiesene Trails oder Wege halten, aufklären und so dazu beitragen, dass dem 1660 Hektar großen Talabschnitt zwischen Tierpark und Schäftlarn seine bedrohte Artenvielfalt und seine seltenen Naturräume erhalten bleiben.

Nicht nur der Bund Naturschutz fordert mit Nachdruck Gebietsbetreuer für das 18 Kilometer lange Gebiet im Münchner Süden. Die Ranger sollen Teil eines Lenkungskonzepts für das obere Isartal sein, das seit Jahren entwickelt wird. Umweltschützer, aber vor allem die Stadt und der Landkreis München hatten 2012 eine "Resolution zum Schutz des oberen Isartals" verfasst, nachdem die Naturlandschaft zunehmend vor allem von Mountainbikern und Trailrunnern als Trainings-und Freizeitgelände genutzt wird, aber auch von Hundebesitzern gerne als Auslaufgebiet für ihre Hunde angesehen wird.

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Die Folge: Nicht nur die Wildtiere geraten zunehmend unter Stress, wenn an schönen Tagen bis zu 60 Mountainbiker pro Stunde abseits der Wege durch den Wald fahren. Sie zerstören mit den Stollenreifen unbeabsichtigt Wurzeln, überfahren geschützte Pflanzen oder Tiere und bringen durch Downhill-Fahrten den steilen Isarhang ins Rutschen. "Die Situation wird immer schlimmer", sagt Rudolf Nützel, Geschäftsführer der Kreisgruppe München des Bundes Naturschutz. Entscheidend sei, dass künftig "viele illegale Mountainbike-Trails verschwinden".

Dafür sollen aber neue Strecken für Geländefahrer ausgewiesen werden. Seit nunmehr drei Jahren erarbeitet ein großer Kreis mit bis zu 50 Akteuren aus Referaten, Behörden, Forstämtern, Natur- und Radverbänden sowie Grundbesitzern einen Plan, der Naturschutz und Naherholung in Einklang bringen soll. Bestimmte Zonen sollen künftig völlig unberührt bleiben, wilde Trails mit Felsblöcken oder Buschwerk unpassierbar gemacht werden.

Das Problem: 90 Prozent der Mountainbiker sind gar nicht in einem Verein

Andererseits wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Routen erarbeitet, die von Mountainbikern genutzt werden können. Die an den Sitzungen beteiligten Radsportverbände können nun ihre Mitglieder für das Thema sensibilisieren und den Sportlern klarmachen, nur auf ausgewiesenen Routen zu radeln und nachts das Gebiet ganz zu meiden, um keine Tiere aufzuschrecken. Das Problem ist allerdings: 90 Prozent der Mountainbiker sind gar nicht in einem Verein organisiert. "Wie erreiche ich die überhaupt?", fragt sich Umweltschützer Rudolf Nützel.

Das können neben Informationstafeln im Wald vor allem eben Gebietsbetreuer übernehmen. Nützel fordert mindestens zwei Vollzeitstellen für die Ranger, die es in Bayern seit 17 Jahren gibt. Sie werden vom Bayerischen Naturschutzfonds kofinanziert und sind derzeit in 37 schützenswerten Gebieten eingesetzt: in Oberbayern etwa an der Oberen Isar und im Karwendel, am Starnberger See, im Schutzgebiet am Ammersee und in den Isar-Loisach-Mooren. Der Kreistag soll demnächst darüber abstimmen, ob der Landkreis München die anteiligen Kosten für wenigstens einen Gebietsbetreuer übernimmt.

Auch der Münchner Stadtrat befasst sich noch in diesem Herbst mit dem Thema und soll eine zweite Stelle bewilligen. Bis zum Jahresende soll das Projekt "Natur-Erholung Isartal im Süden von München" abgeschlossen sein und die erarbeiteten Pläne sollen umgesetzt werden; eigentlich sollte es bereits zum 30. September so weit sein. Doch "die Thematik ist nicht so einfach, wie wir am Anfang dachten", sagt Michael Wagner, im Landratsamt zuständig für Naturschutz, Erholungsgebiete, Landwirtschaft und Forsten. Im vergangenen Jahr musste sogar noch ein Rechtsgutachten erstellt werden, weil etwa Haftungsfragen nicht abschließend geklärt werden konnten. Bislang stehen auch noch letzte Gespräche mit einigen Grundeigentümern an, durch deren Gebiet die künftigen Mountainbikestrecken verlaufen. Aber nun sei "ein Grundstein gelegt", den 18 Kilometer langen Talabschnitt zumindest streckenweise besser zu schützen.

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Für Umweltschützer Nützel hat dieser Prozess jedoch viel zu lange gedauert. Er habe bereits vor zehn Jahren dafür plädiert, das Isartal als Naturschutzgebiet auszuweisen. Damit wären auch Verbote besser umzusetzen und die Auflagen für das Gebiet strenger. Tatsächlich haben jüngste Untersuchungen der Regierung von Oberbayern ergeben, dass das Gebiet als Naturschutzgebiet geeignet wäre. Laut Michael Wagner vom Landratsamt wurde ein Ausweisungsverfahren aber zurückgestellt, bis klar ist, ob das nun erarbeitete Konzept überhaupt wirkt. Schließlich setzt das auf die Einsicht der Sportler - und auf die natürliche Autorität der radelnden Ranger.

© SZ vom 28.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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